Strukturelles Defizit abbauen für Altschuldenfonds werben

15.05.2014

Rede in der Landtagssitzung am 15. Mai 2014

Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Im Jahr 2010 haben wir die Schuldenbremse in unsere Landesverfassung aufgenommen.“ - Mit diesem Satz habe ich im Februar 2014 meine Rede begonnen, als die CDU-Fraktion ihren Antrag zur Tilgung von Altschulden in den Landtag eingebracht hat.
Die heute zur Abstimmung stehende Ausschussempfehlung zu diesem CDU-Antrag hat zwar zugegebenermaßen nicht die gleiche historische Bedeutung wie die damalige Verfassungsänderung, aber sie ist dennoch ein weiterer Meilenstein für die Haushalts- und Finanzpolitik in Schleswig-Holstein. Zum ersten Mal überhaupt beschließt der Landtag, dass die aufgelaufenen Schulden des Landes zurückgezahlt werden sollen, und zwar nicht irgendwann in der Zukunft, sondern im Anschluss an den Abbau des strukturellen Defizits und damit spätestens ab dem Jahr 2020.
Mit dem Antrag vereinbaren wir außerdem, dass die Altschulden vollständig zurückgezahlt werden sollen und dass zu diesem Zweck ein Tilgungsplan aufzustellen ist. Selbstverständlich appellieren wir weiterhin an den Bund, diese Zielsetzung mit der Einrichtung eines Altschuldentilgungsfonds zu unterstützen.
Wir bekennen uns dazu, die Schuldentilgung nach Abschluss der Bund-Länder-Finanzkommissionsberatungen rechtlich zu verankern. Der heutige Beschluss geht damit inhaltlich über die Vereinbarung der Schuldenbremse hinaus und stellt damit die Grundlage für alle zukünftigen haushaltspolitischen Entscheidungen des Landes Schleswig-Holstein dar. Wir tun dies, ebenso wie bei der Vereinbarung der Schuldenbremse, im breiten politischen Konsens. Der Ausschussvorsitzende wies gerade darauf hin. Mein Dank gilt deshalb allen Fraktionen dieses Hauses, zunächst den beiden Oppositionsfraktionen von FDP und PIRATEN, denen es zuerst gelungen ist, hier einen gemeinsamen Antrag zu formulieren, genauso aber auch den Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und SSW,

(Zuruf Lars Harms [SSW])

- lieber Lars Harms - dass es am Ende gelungen ist, wirklich einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zustande zu bekommen.
Wenn hier einmal eine Oppositionsinitiative zum Erfolg führt, dann steht das der Regierungsmehrheit auch gut zu Gesicht. Deshalb sage ich hier ganz deutlich: Herzlichen Dank an alle Fraktionen für diese konstruktive Zusammenarbeit.

(Beifall)

An dieser Stelle enden dann aber leider auch schon die Gemeinsamkeiten. Dem Antrag der Regierungsfraktionen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen können wir als CDU-Fraktion nicht zustimmen, zumindest nicht im zweiten Punkt Ihres Beschlusstextes. Die Forderung nach einer Einbeziehung der Länderparlamente in die einzusetzende Bund-Länder-Finanzkommission im ersten Punkt Ihres Antrags wird auch von uns geteilt. Im zweiten Punkt Ihres Antrags stellen Sie allerdings die Forderung auf, dass diese Bund-Länder-Finanzkommission zum Ziel haben soll, die Voraussetzungen für die Einhaltung der Schuldenbremse in den Ländern zu schaffen.

(Heiterkeit Dr. Heiner Garg [FDP])

Diese Formulierung muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wenn es das arme Schleswig-Holstein als eines der fünf Länder, die extra Konsolidierungshilfe bekommen, schafft, die Schuldenbremse einzuhalten, dann sollten es die anderen, finanziell bessergestellten Länder erst recht hinbekommen, und zwar ohne, dass wir dafür extra neue Voraussetzungen in der Bund-Länder-Kommission vereinbaren müssen.
Alle Länder haben dafür zehn Jahre Zeit und müssen es genauso allein hinbekommen, wie Schleswig-Holstein es bisher geschafft hat. Deshalb ist diese Forderung im Antrag der Regierungsfraktionen nicht im Interesse unseres Landes. Sie dient einzig und allein dem Interesse von Ländern, wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder Bremen, die unter rot-grünen Regierungen munter weiter Schulden machen und bei denen noch überhaupt nicht abzusehen ist, wie sie die Schuldenbremse jemals einhalten wollen.
Es kann aber nicht unsere Aufgabe sein, für die Versäumnisse dieser Länder jetzt nach Hilfe durch den Bund zu rufen. Unser Interesse muss es sein, dass der Bund allen Ländern bei der Tilgung der Altschulden hilft. Die Einhaltung der Schuldenbremse hingegen müssen auch rot-grün-regierte Länder gefälligst allein hinbekommen.
Was den FDP-Antrag zur Verwendung der Mittel des Länderfinanzausgleichs ausschließlich für Investitionen anbelangt, so scheint mir diese Forderung doch sehr mit heißer Nadel gestrickt und auch nicht ganz richtig durchdacht zu sein.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

Schleswig-Holstein hat im vergangenen Jahr - ich rechne Ihnen das gern noch einmal vor, Herr Kollege - 158 Millionen € aus dem Länderfinanzausgleich erhalten. Trotz der niedrigsten Investitionsquote aller Zeiten hat das Land aber im letzten Jahr rund 700 Millionen € investiert.
Was will uns der FDP-Antrag nun sagen? - Sollen die Investitionen auf das Niveau des Länderfinanzausgleichs abgesenkt werden? - Wohl kaum.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ach, Herr Koch, das ist doch albern! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das heißt doch zusätzlich! - Christopher Vogt [FDP]: Zügeln Sie sich, Herr Koch!)

- Zusätzlich, das habe ich mir auch gedacht. - Offensichtlich sollen die Mittel zusätzlich investiert werden. Dann stellt sich aber die Frage: Zusätzlich wozu? Weder in der Landesverfassung, noch im Haushaltsgesetz, noch in der Landeshaushaltsordnung gibt es bislang eine Vorschrift, die regelt, wieviel das Land überhaupt investieren soll. Würde der Antrag der FDP also beschlossen werden, wäre die Forderung bereits eingehalten, wenn die Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zuzüglich 1 € investiert würden.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Tobias Koch [CDU]:
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Danke für Ihre Geduld. Eine Beschlussfassung des FDPAntrags liefe ins Leere. Das von uns gemeinsam verfolgte Ziel von mehr Investitionen würde nicht erreicht werden. Ich beantrage, den Antrag der Regierungsfraktionen ebenso wie den Antrag der FDP-Fraktion an den Finanzausschuss zu überweisen und bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zur Altschuldentilgung.
- Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und PIRATEN)