Regierungserklärung zu Beginn der neuen Wahlperiode

29.06.2017
Rede

Landtagssitzung am 29. Juni 2017

Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident! Kaum jemand hätte vor einem halben Jahr geglaubt, dass ich diese letzten beiden Worte der Begrüßung an einen CDU-Ministerpräsidenten richten würde. Schon eine Regierung nach einer Wahlperiode wieder abzulösen, ist etwas Besonderes. Bei den vorangegangenen Landtagswahlen wurden zudem durchweg die bisherigen Amtsinhaber bestätigt. Nicht so bei
herzlichsten Glückwunsch der CDU-Landtagsfraktion ausrichten - nicht nur zur gestrigen Wahl, sondern auch zur heutigen Regierungserklärung.

(Beifall CDU und Oliver Kumbartzky [FDP])

Die Begeisterung darüber kennt in unseren Reihen keine Grenzen

(Zurufe und Heiterkeit SPD)

und erinnert mich immer wieder an das Jahr 2005 und die Wahl von Peter Harry Carstensen zum Ministerpräsidenten. Schon im Wahlkampf waren die Parallelen zu 2005 frappierend. In den Umfragen lagen wir damals wie auch dieses Jahr lange Zeit zurück. Immer wieder hieß es, der Spitzenkandidat sei im Land zu unbekannt. Aber je näher der Wahltag rückte, desto größer wurde der Zuspruch für die CDU und desto größer wurde auch die Wechselstimmung im Land. Genau wie Peter Harry Carstensen kämpfte auch Daniel Günther bis zum Schluss für unsere Inhalte, gewann das wichtige Fernsehduell, und am Wahlsonntag hatten wir schließlich die Nase vorn.
Ein Regierungswechsel unter Führung der CDU war dennoch damals wie heute keineswegs sofort ausgemachte Sache.

(Christopher Vogt [FDP]: Da haben andere mehr zugelegt!)

Die Art und Weise aber, wie CDU, Grüne und FDP in den vergangenen Wochen weitgehend unaufgeregt, immer an der Sache und dem Wohl des Landes orientiert und mit wachsendem Vertrauen zueinander gefunden haben, macht jetzt die Freude über den Regierungswechsel umso größer.
Ich kann ja verstehen, Herr Dr. Stegner, dass Sie darüber sauer sind, von den Bürgerinnen und Bürgern in Schleswig-Holstein abgewählt worden zu sein. Wenn man aber als SPD mit dem Slogan „Gerechtigkeit für alle“ in den Wahlkampf zieht, obwohl man in den letzten 30 Jahren 28 Jahre lang selbst regiert hat, dann darf man sich auch nicht wundern, wenn die Wählerinnen und Wähler merken, dass die SPD keine Antworten mehr auf die Herausforderungen in unserem Land gehabt hat.

(Beifall CDU und FDP)

Sowohl die personelle Situation in der SPD als auch der Stil und der Inhalt in Ihrer heutigen Antwort auf die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten machen deutlich, dass die SPD stehengeblieben ist. Sie haben sich im letzten Jahrzehnt nicht weiterentwickelt, und deshalb sitzen Sie jetzt vollkommen zu Recht wieder auf den Oppositionsbänken.

(Beifall CDU und FDP)

In der Debatte zur Regierungserklärung von Peter Harry Carstensen im Jahr 2009 haben Sie, Herr Dr. Stegner, Ihre Rede mit den Worten begonnen:
„Dies ist nach zwei Jahrzehnten die erste Rede eines sozialdemokratischen Oppositionsführers als Antwort auf die Regierungserklärung eines konservativen Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein.“

Heute ist Peter Harry Carstensen immer noch unser heimlicher Landesvater, Daniel Günther ist Ministerpräsident, und Sie sind wieder Oppositionsführer. Dieses Kunststück zum zweiten Mal zu wiederholen, macht Ihnen so schnell auch keiner nach.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Das Erste und das Einzige, was Sie als Landesvorsitzender der SPD nach dieser Wahlniederlage getan haben, war, Herrn Albig die alleinige Schuld für die Wahlniederlage zuzuschieben und sich selbst wieder zum Fraktionsvorsitzenden wählen zu lassen.

(Widerspruch SPD)

Herr Stegner, Sie kleben doch an Ihrem Sessel.

(Birte Pauls [SPD]: Das ist wie bei Ihnen! Mann, Mann!)

Das ist das Problem der SPD, und deswegen ist es gut, dass CDU, Grüne und FDP jetzt gemeinsam in Schleswig-Holstein regieren.

(Zurufe)

Wir haben nämlich aus früheren Wahlniederlagen gelernt.

(Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])

Schon nach dem Verlust unserer Regierungsmacht im Jahr 2012 haben wir, ebenso wie die FDP, diese Niederlage damals anstandslos akzeptiert,

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

obwohl eine Fortsetzung der Regierung auch damals schon unter Einbeziehung der Grünen rechnerisch möglich gewesen wäre. Es ist genau dieser Respekt vor dem Wählervotum, auf den sich jetzt auch das neue Jamaika-Bündnis gründet.
Außerdem haben wir als CDU uns inhaltlich und personell weiterentwickelt. Wir haben uns fitgemacht, um wieder Regierungsverantwortung in Schleswig-Holstein übernehmen zu können. Mit Stolz schaue ich auf die neu gewählte CDU-Landtagsfraktion: Mehr als ein Drittel der Abgeordneten ist erstmals in diesem Hause vertreten. Damit entfallen auf die CDU-Fraktion mehr Parlamentsneulinge als auf jede andere Fraktion.

(Zuruf Thomas Hölck [SPD])

Mit den Kollegen Loose, Kilian und Plambeck sind darunter gleich drei Kollegen im Alter Anfang 30. Mit Daniel Günther stellen wir den jüngsten Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein - in Deutschland.

(Martin Habersaat [SPD]: In Schleswig-Holstein auch!)

- Das stimmt.
Inhaltlich haben wir schon in der letzten Wahlperiode immer wieder klare programmatische Alternativen zur Küstenkoalition aufgezeigt. Im Wahlkampf haben wir deutlich gemacht, an welchen Stellen die Küstenkoalition die Probleme unseres Landes nicht bewältigen konnte. Dafür haben wir eigene Lösungen präsentiert, mit denen wir das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler für unsere Arbeit gewonnen haben.
Zu Beginn der Sondierungsgespräche war Jamaika vielleicht noch keine Liebesheirat. Es ist aus unserer Sicht aber immer weit mehr gewesen als ein reines Zweckbündnis. Spätestens mit dem erfolgreichen Abschluss des Koalitionsvertrages ist Jamaika jetzt für uns eine echte Herzensangelegenheit, denn hier haben wir ein wirkliches Zukunftsmodell für unser Land entwickelt. Bei den Koalitionsverhandlungen war es in der letzten großen Verhandlungsrunde Robert Habeck, der das aus meiner Sicht am treffendsten formulierte, als er sagte: Wir haben mit Überraschung festgestellt, dass die Schnittmengen weitaus größer sind als anfangs gedacht. Wir haben überall dort, wo es keine Schnittmengen gab, konstruktiv und sachorientiert nach Lösungen gesucht.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Schönes Zitat! - Lachen SPD)

Deshalb sage ich hier für die CDU-Landtagsfraktion ganz deutlich: Wir wollen diese Koalition zu einem Erfolgsmodell machen. Wir haben den festen Willen, als Koalition vertrauensvoll, lösungsorientiert und fair zusammenzuarbeiten. Wir möchten am Ende dieser Wahlperiode auf eine erfolgreiche Regierungszeit zurückblicken können und uns dann mit einer exzellenten Bilanz erneut dem Wählervotum stellen.
Die Entschlossenheit, mit der wir als CDU diese Koalition angehen, ist nicht zuletzt durch leidvolle Erfahrungen und eigene Fehler in den letzten Jahren maßgeblich geprägt. Wir mussten in der Großen Koalition von 2005 bis 2009 schmerzlich feststellen, dass uns unser Koalitionspartner - zumindest in der Person ihres Vorsitzenden - weiterhin als Hauptgegner betrachtete und aus der Regierung heraus Opposition betrieb. So kann eine Zusammenarbeit nicht funktionieren.
Wir selbst haben am Ende der schwarz-gelben Regierungszeit 2012 den schweren Fehler begangen, nicht entschlossen für die Wiederwahl dieses Bündnisses zu kämpfen. Statt auf eine Fortsetzung der erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Freien Demokraten zu setzen, haben wir uns, getrieben durch Umfragewerte, viel zu voreilig nach neuen Koalitionspartnern umgesehen. Auch diesen Fehler werden wir nicht so schnell wiederholen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es ist schön, das von Ihnen einmal zu hören! - Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

- Deswegen habe ich es gesagt, Herr Kollege Kubicki.
Deshalb ist Jamaika kein zeitlich begrenztes Projekt für die nächsten fünf Jahre, sondern es hat aus unserer Sicht darüber hinaus das Potenzial für eine längerfristige Zusammenarbeit, die in der zunehmend zersplitterten Parteienlandschaft in Deutschland für Stabilität sorgen kann.

(Beifall CDU)

Bei früheren Wahlen war es häufig NordrheinWestfalen, das mit seiner Regierungsbildung die spätere Koalition auf Bundesebene vorweggenommen hat. Wer weiß, ob nicht dieses Mal SchleswigHolstein der Trendsetter ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Auf jeden Fall eines von beiden!)

Passend dazu hieß es im Kommentar der „Lübecker Nachrichten“ aus der vergangenen Woche:
„Der Moment, in dem der Schulz-Hype endete, lässt sich ziemlich genau datieren: 7. Mai 2017, 18 Uhr. Es ist die Minute, in der die Niederlage bei der schon sicher gewonnen geglaubten Landtagswahl in SchleswigHolstein bekannt wurde.“
Genau das ist Ihre Verantwortung, Herr Dr. Stegner.

Für den Erfolg von Jamaika werden aber bei all diesen positiven Faktoren und Rahmenbedingungen am Ende die Inhalte entscheidend sein. Nur, wenn sich alle drei Partner in der Regierungspolitik wiederfinden, werden wir am Ende mit dieser Koalition zufrieden sein. Nur, wenn es gelingt, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben auch tatsächlich zu realisieren, werden wir uns berechtigt um eine Fortsetzung des Regierungsauftrags bemühen können.

(Martin Habersaat [SPD]: Also wird geprüft!)

Für die CDU-Fraktion will ich mich deshalb darauf konzentrieren, vor allem die Aspekte aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zu unterstreichen, die für uns als CDU besonders wichtig sind. Ich gehe davon aus, dass meine Kollegen von Grünen und FDP das genauso handhaben werden.

(Christopher Vogt [FDP]: Mal gucken!)

Ganz bewusst will ich dabei mit dem Punkt beginnen, den Monika Heinold vollkommen zu Recht als Herzstück von Jamaika bezeichnet hat, nämlich den Kita-Bereich, also die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Finanziell gesehen handelt es sich dabei mit einem Volumen von 170 Millionen € um das größte Einzelvorhaben im gesamten Koalitionsvertrag.
Wir werden die Platzkapazitäten in den Kindertageseinrichtungen weiter ausbauen. Wir wollen familienfreundliche Öffnungszeiten mit Ganztagsangeboten, Übernachtungsmöglichkeiten und Betreuung während der Schulferien. Wir wollen die Qualität der frühkindlichen Bildung verbessern, indem wir den Personalschlüssel bei den Erziehern anheben. Wir werden die Finanzierung von Kitas und Krippen grundlegend neu regeln, um für geringere Elternbeiträge zu sorgen und die Kommunen durch eine Erhöhung des Landeszuschusses zu den Betriebskosten finanziell zu entlasten.

(Beifall Katja Rathje-Hoffmann [CDU])

Das alles war jetzt kein Auszug aus dem Koalitionsvertrag, sondern es handelte sich um Forderungen aus dem CDU-Wahlprogramm. Genau diese Ziele sind jetzt aber Bestandteil des vereinbarten Koalitionsvertrages. Deshalb sage ich: Das Herzstück von Jamaika, nämlich der Kita-Bereich, ist ein CDU-Projekt. Das Schöne daran ist aber, dass es genauso ein Projekt von Grünen und FDP ist, weil wir hier von Anfang an die größte Schnittmenge von allen inhaltlichen Fragen hatten.
Zur Wahrheit gehört jedoch hinzu, dass wir die einzige Partei waren, die auch schon im Wahlkampf den Mut hatte, den Wählerinnen und Wählern klar zu sagen, dass bei einer solchen Neuordnung der Kita-Finanzierung das gerade neu eingeführte 100-€-Kita-Geld zwangsweise wieder abgeschafft wird, weil es ein absoluter Fremdkörper in der KitaFinanzierung ist. Auch das haben wir jetzt gemeinsam im Koalitionsvertrag von Jamaika so vereinbart.
Wenn es dann Sozialminister Dr. Heiner Garg gemeinsam mit Kommunen, Trägern und Eltern gelingt, die Neuordnung der Kita-Finanzierung so zu gestalten, dass die Eltern landesweit für die gleiche Leistung den gleichen Preis bezahlen müssen, dann ist das gut für die Eltern in Schleswig-Holstein. Viel Erfolg dabei.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ist die Kommentarlage im Land eindeutig: Hier hätten sich CDU und FDP im Koalitionsvertrag durchgesetzt, heißt es. Tatsächlich finden sich all unsere Forderungen aus dem Wahlprogramm in diesem Kapitel des Koalitionsvertrags wieder. Wir werden den Abbau des Sanierungsstaus beschleunigen, die Investitionen erhöhen und dabei die Mittel zur Sanierung der Landesstraßen auf 90 Millionen € steigern. Genau diese Zahl stand im CDU-Wahlprogramm und steht jetzt im Koalitionsvertrag. Zur Sanierung der Kommunalstraßen werden ab dem Jahr 2018 wieder 65 % der GVFG-Mittel beziehungsweise der Entflechtungsmittel eingesetzt und zukünftig sogar mit jährlich 2 % dynamisiert.
Sämtliche Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplanes werden in Schleswig-Holstein umgesetzt. Das beinhaltet den vierspurigen Ausbau der B 404 zur A 21 und den Ausbau der B 5 sowohl zwischen Itzehoe und Brunsbüttel als auch im weiteren Verlauf an der Westküste.
Die A 20 kommt, und es wird überall dort, wo Planungen für eine Trasse rechtskräftig werden, umgehend mit dem Bau begonnen werden.

(Beifall CDU)

Der Bau der festen Fehmarnbelt-Querung wird nicht infrage gestellt, sondern wir werden die neuen Möglichkeiten, die sich aus diesem europäischen Verkehrsprojekt für unser Bundesland ergeben, nutzen und dabei gleichzeitig die negativen Auswirkungen aus der Hinterlandanbindung so gering wie möglich halten. Aus eigener Erfahrung bin ich mir sicher, dass der tägliche Arbeitsweg des Verkehrsministers Dr. Bernd Buchholz von Ahrensburg nach Kiel auf der B 404 mit kilometerlangen Baustellen, die nur im Schneckentempo vorankommen, die beste Motivation sein wird, um diese Verkehrsprojekte anzugehen.

(Beifall CDU - Zuruf CDU: Sehr gut!)

Der Koalitionsvertrag ist aber dank der Grünen nicht nur auf den Straßenverkehr begrenzt. Angefangen bei der Ausweitung von Fahrradschnellwegen über die Förderung der Elektromobilität und dem HVV-Beitritt des Kreises Steinburg

(Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

werden wir auch mehr Mittel für den Schienenpersonennahverkehr bereitstellen, indem wir das Sondervermögen MOIN.SH um jährlich 10 Millionen € aufstocken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Darüber hinaus werden wir den Ausbau der AKNLinie A 1 zur S 21 und den Bau der S 4 nach Ahrensburg vorantreiben. All das sind keine Zugeständnisse an die Grünen, sondern wirkliche Verbesserungen des Koalitionsvertrages, für deren überwiegende Einbringung ich den Grünen sehr dankbar bin.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer modernen und in die Zukunft gerichteten Verkehrsinfrastruktur gehören all diese Bausteine ganz unbedingt mit dazu. Nicht zuletzt gilt: Je besser Fahrradwege und ÖPNV ausgebaut sind, desto weniger Staus und desto weniger Verkehrschaos auf den Straßen.
Im Schulbereich haben wir als CDU im Wahlkampf „Mehr Zeit für Bildung“ plakatiert. Wir haben uns als einzige Partei für eine flächendeckende Rückkehr zu G 9 ausgesprochen. Gerade diese Position hat uns im Wahlkampf viel Zuspruch in der Bevölkerung eingebracht. Deswegen findet sie sich jetzt auch genauso im Koalitionsvertrag wieder.

(Martin Habersaat [SPD]: Genauso?)

Ab dem Schuljahr 2019/2020 werden alle Gymnasien flächendeckend zu G 9 zurückkehren und, beginnend mit den Jahrgängen 5 und 6, die Umstellung vornehmen. Die Hürden für einen Verbleib bei G 8 sind bei einer erforderlichen Dreiviertelmehrheit in der Schulkonferenz so hoch gelegt, dass al
lein ein Votum der Schüler zugunsten von G 9 ausreicht, um dies zu bekommen.

(Martin Habersaat [SPD]: Das haben Sie genauso gesagt!)

Wenn sich einzelne Schulen dennoch für G 8 entscheiden, dann vermutlich am ehesten in den Städten oder in den Regionen, in denen in erreichbarer Entfernung mehrere Gymnasien zur Auswahl stehen. In diesen Fällen macht ein paralleles G-8-Angebot auch wirklich Sinn.
Das Bildungskapitel ist aber nicht nur wegen G 9, sondern insgesamt für die CDU sehr zufriedenstellend ausgefallen. Bildungsministerin Karin Prien darf in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von originären CDU-Forderungen umsetzen. Gemeinsam werden wir als Koalition für 100 % Unterrichtsversorgung an den Schulen sorgen und dafür mehr Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen einsetzen, als dies nach der bisherigen Planung der Fall war. An den Grundschulen wird es ab der 3. Klasse wieder standartmäßig Notenzeugnisse geben, die um ein Kompetenzraster ergänzt werden. Grundschüler werden wieder verpflichtend eine Schreibschrift erlernen. Wir kehren zurück zur schriftlichen Schulartempfehlung für den Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule. Klassenwiederholungen werden als pädagogische Maßnahme wieder möglich. Und: An der CAU werden zukünftig wieder Gymnasiallehrer ausgebildet.
Zur Stärkung der inneren Sicherheit haben wir uns darauf verständigt, bis zum Ende der Legislaturperiode 500 zusätzliche Stellen für die Polizei zu schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir die Ausbildungskapazitäten entsprechend erhöhen.
Ebenso wird es im Bereich der Justizministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack mehr zusätzliche Stellen geben, denn für innere Sicherheit sind Polizei, Gerichte und Staatsanwaltschaften gleichermaßen von Bedeutung.
Um die Arbeit von Justiz und Polizei attraktiver zu gestalten, werden wir ein verlässliches Beförderungssystem etablieren, die Besoldungsstrukturen überarbeiten und die Erschwerniszulage für Dienste zu ungünstigen Zeiten schrittweise erhöhen. Darüber hinaus werden wir die Ausstattung der Sicherheitsbehörden verbessern. Der geplante Einsatz von Body-Cams bei der Polizei wird fortgesetzt. Die Landespolizei wird flächendeckend mit digitalen mobilen Endgeräten ausgestattet. All dies trägt die klare Handschrift der CDU im Koalitionsvertrag.

Für leistungsfähige und selbstständige Kommunen steht Innenminister Hans-Joachim Grote in Person. Die durch die Verfassungsklage von CDU, FDP und PIRATEN erzwungene Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs werden wir in dieser Wahlperiode umsetzen. Wir werden Städte, Kreise und Gemeinden bedarfsgerecht finanziell ausstatten, damit sie ihren Aufgaben beim kommunalen Straßenbau, bei Kinderbetreuung und Schulsanierung nachkommen können. Zwangsfusionen von Gemeinden wird es mit uns hingegen nicht geben, ebenso wenig wie ein Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Bürger.
Für die Bewertung eines Koalitionsvertrags kommt es eben auch darauf an, was sich als Text nicht im Koalitionsvertrag wiederfindet. Das gilt auch für den Umwelt- und Agrarbereich. Auch hier bemisst sich unser Verhandlungserfolg nicht unwesentlich an den Punkten, die keinen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben.
Die Landwirtschaft ist die tragende Säule im ländlichen Raum. CDU, Grüne und FDP bekennen sich deshalb ausdrücklich zum landwirtschaftlichen Gunststandort Schleswig-Holstein. Wir wissen, welche wichtige Aufgabe und Verantwortung die Landwirte in unserem Land übernehmen. Sie müssen für sich und ihre Familien den Lebensunterhalt erwirtschaften, die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung sicherstellen und gleichzeitig zunehmend ökologischen Aspekten gerecht werden. Genau aus diesem Grund haben wir uns darauf verständigt, den Arten- und Gewässerschutz auf freiwilliger Basis zu fördern, anstatt gesetzliche Maßnahmen vorzuschreiben. Wenn Landwirte bereit sind, die Bewirtschaftung ihrer Flächen auf spezifische Maßnahmen des Natur- und Gewässerschutzes auszurichten, dann werden sie dafür einen ausreichenden finanziellen Ausgleich erhalten.
Wir wollen Landwirte aber auch von Bürokratie entlasten, indem wir Kontrollen und Dokumentationen vereinfachen, vereinheitlichen und effizienter gestalten. Damit haben wir im Agrar- und Umweltbereich eine Politik mit Augenmaß vereinbart, die wir gemeinsam mit Minister Dr. Robert Habeck so umsetzen werden.
Zu guter Letzt zeigt gerade die Einigung bei den Abständen zu den Windkraftanlagen, wie aus Gemeinsamkeiten, aber auch aus unterschiedlichen Positionen heraus Lösungen entstehen können, die das Land voranbringen und in denen sich alle Koalitionspartner wiederfinden können. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Energiewende voranzutreiben. Dabei werden wir noch mehr Rücksicht auf die Belange der Bürgerinnen und Bürger nehmen.
Auf Basis der Stellungnahme von Kommunen, Trägern öffentlicher Belange und Öffentlichkeit werden wir die Regionalplanung Wind grundsätzlich überarbeiten. Dort, wo viel Wind weht und wo die Akzeptanz der Bevölkerung für Windenergie am größten ist, werden wir zusätzliche RepoweringFlächen ausweisen.

(Beifall CDU und FDP)

Damit schaffen wir landesweit die Spielräume für größere Abstände von Windkraftanlagen zu Siedlungen.

(Werner Kalinka [CDU]: Sehr gut!)

Unabhängig von dieser Prüfung sorgen wir mit der Einführung eines zusätzlichen Kriteriums der fünffachen Höhe dafür, dass große Anlagen nur noch mit mindestens 1.000 m Abstand zu Siedlungen errichtet werden können. Allein mit dieser Änderung haben wir mit Jamaika mehr für die Menschen im Land erreicht, als die alte Landesregierung mit ihrem starren Festhalten an Abständen von 400 m beziehungsweise 800 m jemals bereit war, zuzugestehen.

(Beifall CDU - Widerspruch SPD)

Meine Damen und Herren, neben den erwähnten Punkten konnten wir viele weitere CDU-Forderungen im Koalitionsvertrag umsetzen. Ich will auf die Abschaffung der Pflicht zu Straßenausbaubeiträgen ebenso verweisen wie auf die vereinbarte Kündigung des Glücksspielstaatsvertrags. Wir werden mit der Schaffung eines Fonds für Barrierefreiheit eine Forderung umsetzen, die wir als CDU in den letzten fünf Jahren in jedem unserer Haushaltsanträge immer wieder vergeblich eingebracht haben. Beim Tariftreue- und Vergabegesetz werden wir auf vergabefremde Kriterien verzichten. Das Landesmindestlohngesetz läuft 2019 aus. Für die Sanierung kommunaler Sportstätten werden wir die Landesmittel im Durchschnitt auf über 4 Millionen € pro Jahr erhöhen.
Das alles haben wir miteinander vereinbart und dabei nicht zuletzt dank Finanzministerin Monika Heinold immer auch auf die Finanzierbarkeit dieses Koalitionsvertrags geachtet. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass sich die strukturellen Mehrausgaben, die damit ohne Frage verbunden sind, im Rahmen der Finanzplanung der kommenden Jahre tatsächlich realisieren lassen.

(Jörg Nobis [AfD]: Konkret!)

Anfallende Jahresüberschüsse werden wir zuerst und vorrangig nutzen, um zusätzliche Investitionen von über 500 Millionen € umzusetzen. Wir werden dabei keine neuen Schulden machen, sondern im Gegenteil Schulden abbauen. Für die vorhandenen Altschulden des Landes werden wir einen festen Tilgungsplan erarbeiten, mit dessen Hilfe wir nach dem Auslaufen der Schuldenbremse im Jahr 2020 planmäßig mit der Tilgung unserer Altschulden beginnen.
Sie sehen, meine Damen und Herren, wir haben uns für die nächsten fünf Jahre viel vorgenommen. Gemeinsam werden wir das mit CDU, Grünen und FDP auch schaffen.
Ich will zum Abschluss auf das zurückkommen, was ich zu Beginn meiner Rede mit der Erinnerung an die Wahl von Peter Harry Carstensen zum Ministerpräsidenten im Jahr 2005 beschrieben habe. Auch damals hat niemand ahnen können, was für ein klasse Ministerpräsident aus Peter Harry Carstensen werden würde.

(Lachen SPD)

Daniel Günther hat nicht nur mit dem Wahlsieg selbst, sondern vor allem mit der Art und Weise, wie er anschließend damit umgegangen ist, bislang alles absolut richtig gemacht hat. In den Koalitionsverhandlungen hat er seine erste Feuerprobe mit Bravour bestanden und dabei genau die Vermittlerqualitäten, aber auch die Standfestigkeit an den Tag gelegt, die es für einen erstklassigen Ministerpräsidenten braucht.
Die CDU-Fraktion ist deshalb fest davon überzeugt, dass wir und Schleswig-Holstein von Ihnen, Herr Ministerpräsident, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch viel Gutes zu erwarten haben. Wir freuen uns auf die gemeinsame Regierungszeit mit Grünen und FDP, mit Daniel Günther als Ministerpräsidenten und auf die Zusammenarbeit mit dem gesamten Kabinett. - Glück auf!

(Anhaltender Beifall CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP)