Mehr Qualität in Kindertageseinrichtungen schaffen und Kommunen bei der Finanzierung unterstützen

10.03.2016

Debattenbeitrag in der Landtagssitzung am 10. März 2016

Tobias Koch [CDU]:
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und SSW! Ich habe bei der Kollegin Erdmann nicht nur mitgerechnet, ich habe parallel auch noch einmal in die Haushaltsunterlagen hineingeschaut. Ich stelle fest: Beim Betriebskostenzuschuss des Landes für die Kitas standen 2012 70 Millionen €, und es stehen auch 2016 70 Millionen € - Betriebskostenzuschuss für Kitas! Wir müssen hier sprachlich sauber bleiben.

(Serpil Midyatli [SPD]: Über drei!)
- Ja, ich spreche von Kindern über drei Jahre.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- Ja, ich versuche, das gerade auseinanderzudividieren. Im Bereich Kitas für Drei- bis Sechsjährige hat sich überhaupt nichts geändert. Alles, was Sie in diesem Jahr obendrauf gepackt haben, ist das Geld vom Bund, das durch den Wegfall des Betreuungsgeldes dazugekommen ist. Abgesehen davon haben wir seit vier Jahren einen konstanten Betrag. Das kennen die Kommunen schon. Das war unter Rot-Grün vorher auch schon zehn Jahre der Fall, bis das im Jahr 2012 auf 70 Millionen € erhöht haben.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Plus das Geld vom Bund für das Betreuungsgeld!)

- Da packen Sie das jetzt obendrauf, was vom Bund kommt, genau, keine eigene Leistung.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Kollege, Sie gestatten eine Bemerkung der Abgeordneten Erdmann, wie ich Ihrer Geste entnehme?

Tobias Koch [CDU]:
Eine Frage würde ich auch gestatten, aber eine Bemerkung ist auch in Ordnung.

Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Koch, Ihnen ist schon aufgefallen - das habe ich auch vorhin gesagt -, dass die Erhöhung des Fachkraft-Kind-Schlüssels um 11 Millionen € 2016 komplett in den U3-Bereich fließt?

- Frau Kollegin Erdmann, ich habe gerade versucht, das sauber auseinanderzudividieren.
- Das sind Betriebskosten für den U-3-Bereich. Wo ist das Problem?

(Zurufe)

- Man muss die Tabellen sinnerfassend lesen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

- Ja, das habe ich gerade getan. Ich versuche, die Bereiche Ü 3 und U 3 auseinanderzudividieren und

Ihr Zahlenfeuerwerk, das beeindruckend war, ein bisschen zu relativieren und zu versachlichen.

(Lachen Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der große Anstieg, den Sie uns hier vorgerechnet haben, ergibt sich aus dem Bereich der unter Dreijährigen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Das habe ich gesagt!)

Das bestreitet auch niemand. Da sind die gemeinsamen Bundes- und Landesmittel von 33 Millionen auf 51 Millionen € gestiegen. Das ist das, was die Kollegin Rathje-Hoffmann vorgerechnet hat. Dann haben Sie in der Tat aus eigenen Landesmitteln weitere 63 Millionen € obendrauf gelegt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Wunderbar, das bestreitet ja auch keiner.

(Lars Harms [SSW]: Sie müssen auch einmal sagen, dass das gut ist!)

- Das ist gut, Herr Kollege Harms.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das heißt ja nur: Im Ü-3-Bereich sind wir nach wie vor bei den 70 Millionen € Betriebskostenzuschuss, zusätzlich mit dem Betreuungsgeld etwas aufgestockt.

(Ministerin Kristin Alheit: Ja also!)

- Ja, das ist so. - Jetzt wollen Sie in dem Bereich für die unter Dreijährigen, in dem Sie viel gemacht haben, einen 100-€-Gutschein einführen. Ihr KitaGeld ist ja ein Krippengeld, es soll für die unter Dreijährigen gelten. Sie sagen, damit werde den Eltern geholfen.
Damit wird den Eltern aber gar nicht geholfen, denn was passiert? Auch im Bereich der unter Dreijährigen sind die Kommunen gezwungen, den Elternanteil immer weiter zu erhöhen. Sie gleichen doch über „linke Tasche, rechte Tasche“ das aus, was die Gemeinden jedes Jahr erhöhen müssen.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Am Ende kommt bei den Eltern gar nichts an, es bleibt von den 100 € bei den Eltern am Ende gar nichts übrig, weil Sie die Kommunen nicht ausreichend finanzieren.

(Beifall CDU - Zuruf Ministerin Kristin Alheit)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Frau Ministerin, ich bitte Sie, sich an die vereinbarten Regeln zu halten und auf Ihren Redebeitrag zu warten, zu dem Sie gleich aufgerufen werden. Das würde uns allen hier helfen. - Jetzt frage ich Herrn Koch, ob er eine Bemerkung der Kollegin Simone Lange zulässt?

Tobias Koch [CDU]:
Auch das sehr gern.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Frau Lange, dann haben Sie jetzt das Wort.

Simone Lange [SPD]: Ich möchte noch einmal zusammenfassend fragen, ob Ihnen bewusst ist, dass wir im Bereich Ü 3 eine Betreuungsquote von 96 % bis 98 % haben und dass wir deshalb enorme Anstrengungen im U-3-Bereich vornehmen, weil wir dort eine Betreuungsquote von 35 % erreichen wollten, was Sie nicht geschafft haben. Der Anspruch, eine 35-prozentige Betreuungsquote zu erreichen, hat auch schon in Ihrer Regierungszeit bestanden. Deshalb ist es richtig, hier anzusetzen. Ihnen ist auch bewusst, dass der Elternbeitrag zwischen U 3 und Ü 3 extrem differiert und die Belastungen bei den unter Dreijährigen um ein Vielfaches höher liegen als im Bereich der über Dreijährigen. Deshalb ist es im Rahmen der Chancengleichheit - das ist der politische Ansatz, bei dem wir uns unterscheiden - richtig im U3-Bereich stark zu investieren.

Tobias Koch [CDU]:
Frau Kollegin Lange, ist Ihnen bewusst, wenn wir eine Versorgungsquote von fast 100 % im Ü-3-Bereich haben, wenn die Kosten in dem Bereich immer weiter steigen, zum Beispiel durch Tariferhöhungen, und der Betriebskostenzuschuss des Landes konstant bleibt, dass dann ein immer größerer Betrag von den Kommunen für die fast 100-prozentige Versorgung aufgebracht werden muss, entweder von der Kommune oder durch höhere Beiträge der Eltern, ohne dass das Land an der Stelle etwas tut?
Zweite Anmerkung: Muss ich Ihre Frage so verstehen, dass das Kita-Geld von 100 € ein umgekehrtes
Betreuungsgeld sein soll, eine Anreizprämie, um möglichst alle Kinder in die Krippe zu bringen? Ist das Ihr politisches Ziel?

(Vereinzelter Beifall CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Koch, ich nehme an, dass Sie eine weitere Entgegnung der Kollegin Lange nicht nur erbeten haben, sondern auch zulassen.

Tobias Koch [CDU]:
Ja.

Simone Lange [SPD]: Nein, das politische Ziel ist eine Chancengleichheit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Frau Kollegin Lange, diese Chancengleichheit würden wir erreichen, wenn wir die Kommunen so ausstatten, dass sie diese Angebote zu akzeptablen Elternbeiträgen machen können.

(Beifall CDU)

Wir brauchen nicht das Spiel „linke Tasche, rechte Tasche“, indem Sie bei den Eltern gut aussehen, weil Sie die Wohltaten verkünden, und die Gemeinden die Bösen sind, weil sie die Elternbeiträge erhöhen müssen. Das ist das Spiel, das Sie mit den Kommunen spielen wollen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Das ist doch lächerlich! - Unruhe)

Ich nenne Ihnen einen dritten Bereich, bei dem die Kommunen vollkommen auf sich allein gestellt sind: Von den Eltern, deren Kinder in U 3 und Ü 3 betreut worden sind, erwarten alle vollkommen zu Recht auch anschließend in der Grundschulzeit eine Nachmittagsbetreuung, eine Hortbetreuung.
Und auch das leisten die Kommunen und die Eltern ganz allein. Und was macht das Land an der Stelle? - Auch nichts! Wir haben ja einen ganz großen Bedarf aufseiten der Kommunen. Und darum geht es. Mit einer Linke-Tasche-rechte-Tasche-Politik ist doch überhaupt nichts gewonnen. Wir brauchen mehr finanzielle Unterstützung für die Kommunen in dem gesamten Bereich Ü 3, U 3 und Krippenausbau. Das ist genau unsere Forderung. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)