Konkrete Maßnahmen statt Scheinlösungen

06.03.2019

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

vor knapp drei Wochen haben wir an dieser Stelle, hier im Plenum des Landtages, über die Schülerdemonstrationen „Fridays for Future“ diskutiert.

Die Jamaika-Koalitionsfraktionen haben unmittelbar im Anschluss daran, nämlich noch am Nachmittag desselben Tages, das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern gesucht – wohlgemerkt außerhalb der Schulzeit!

Nun ist mir nicht bekannt, ob die SPD-Fraktion ähnliche Gespräche geführt hat.

An dem damaligen Freitag jedenfalls haben die Schülerinnen und Schüler dem Gespräch mit CDU, Grünen und FDP den Vorzug gegeben, gegenüber einer zeitgleichen Einladung des Kieler Oberbürgermeisters Ulf Kämpfer.

Und ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, das Gespräch war ausgesprochen erkenntnisreich.

Wenn man sich bis dahin vielleicht fragen konnte, was die Schülerinnen und Schüler eigentlich genau mit ihren Demonstrationen erreichen wollen, so ist folgendes klar geworden: Sie erwarten konkrete Handlungen der Politik, um das 1,5 Grad Ziel der Pariser UN-Klimakonferenz von 2015 einzuhalten.

Dafür muss man sich vor Augen halten, dass mit diesem Gipfel das zuvor propagierte 2-Grad-Ziel erheblich verschärft worden ist. In der Abschlusserklärung hieß es dazu nämlich: „Die globale Erwärmung soll auf deutlich unter 2 Grad, möglichst auf nur 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden.“

Um dieses Ziel zu erreichen müssten die Treibhausgasemissionen weltweit bis spätestens 2060 auf Null gesenkt werden. Sollte es anschließend nicht gelingen, einen Teil des zuvor emittierten Kohlenstoffdioxids der Atmosphäre wieder zu entziehen, müsste die Reduktion auf Null sogar bereits bis zum Jahr 2040 abgeschlossen sein.

Nun hat Schleswig-Holstein im Februar 2017 ein eigenes Energiewende- und Klimaschutzgesetz beschlossen. Der Pariser Klimagipfel lag zu diesem Zeitpunkt über ein Jahr zurück.

Und genau da setzt die Kritik der Schülerinnen und Schüler an. Das schleswig-holsteinische Klimaschutzgesetz von 2017 zielt nämlich unverändert darauf ab, den Temperaturanstieg auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen, so als ob es die Pariser Klimakonferenz mit dem 1,5 Grad Ziel überhaupt nicht gegeben hätte.

Meine von mir sehr geschätzte Kollegin Eka von Kalben hat in der Parlamentsdebatte vor drei Wochen deshalb hier sehr freimütig bekannt, dass die Schülerinnen und Schüler vor dem Landeshaus auch gegen die Grünen demonstrieren würden.

Meine Damen und Herren von der SPD, das gilt genauso aber auch für Sie. Die Schülerinnen und Schüler demonstrieren heute, weil die SPD-geführte Landesregierung mit ihrem Klimaschutzgesetz der letzten Wahlperiode die Erwartungen der jungen Generation nicht erfüllt hat.

Deshalb ist es schon ein sehr durchsichtiger Versuch, wenn die SPD jetzt in der Opposition versucht, die Grünen klimapolitisch noch zu überholen. Hätten sie doch lieber in eigener Regierungsverantwortung gehandelt, liebe Genossinnen und Genossen, dann bräuchten sie jetzt nicht solche Anträge zu stellen!

Aber was genau schlägt die SPD denn jetzt eigentlich konkret vor?

Die SPD schlägt vor, unsere Landesverfassung, die aus über 6.000 Wörtern besteht, um ganze drei Worte zu ergänzen, die da heißen „insbesondere das Klima“.

Nun ist es nicht so, dass das Klima in unserer Landesverfassung bislang keine Berücksichtigung gefunden hätte. In Artikel 11 ist bereits vorgeschrieben, dass die natürlichen Grundlagen des Lebens unter besonderem Schutz stehen. Dazu gehört ohne Frage auch das Klima auf unserer Erde.

Wahrscheinlich möchte die SPD aber all denjenigen klar machen, die sich für den Schutz unseres Grundwassers engagieren, oder für weniger Plastikmüll in den Weltmeeren kämpfen, dass ihre Anliegen weniger wichtig sind, als unser Klima zu schützen.

Oder wie muss ich ansonsten diesen Vorschlag der SPD interpretieren?

Ich kann mir aber schon richtig vorstellen, wie Ralf Stegner und Serpil Midyatli anschließend Hand in Hand vor die nächste „Fridays for Future“ Kundgebung treten und den Demonstranten zurufen: „Ihr könnte alle nach Hause gehen, die SPD hat die Welt gerettet, das Klima ist jetzt per Landesverfassung geschützt.“

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, das ist das genaue Gegenteil von dem was die Schülerinnen und Schüler erwarten. Ihnen geht es nicht um Aktionismus und Scheinlösungen, sondern ihnen geht es um das praktische Handeln der Politik.

Einfach das Wort „Klima“ in die Landesverfassung hineinzuschreiben, obwohl die natürlichen Lebensgrundlagen dort ohnehin schon besonders geschützt sind, das ist nichts anderes als eine Alibilösung, die keine konkreten Entscheidungen nach sich zieht.

Und selbst für diese eher dürftige Idee kann die SPD das Urheberrecht noch nicht einmal für sich selbst in Anspruch nehmen. Nein, das hat die schleswig-holsteinische SPD nämlich einfach bei der bayerischen CSU abgekupfert.

Ja man glaubt es kaum, ausgerecht die Bayern nimmt sich unsere SPD hier zum Vorbild. Dabei hätte ich gedacht, dass Ralf Stegner schon aus Prinzip jeden Vorschlag ablehnen würde, bei dem auch nur ansatzweise die Namen Seehofer, Dobrindt oder Söder vorkommen.

An dieser Stelle aber einfach abgeschrieben, denn CSU und Freie Wähler haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Klimaschutz zum Staatsziel in der bayerischen Landesverfassung zu machen.

Nun ist der politische Ideenklau zwar Gang und Gäbe, spannend ist aber die Reaktion der bayerischen Sozialdemokraten auf diesen Vorschlag: Man werde einer solchen Verfassungsänderung nicht zustimmen, erklärte jüngst SPD-Fraktionsvorsitzender Horst Arnold.

Man vermisse die konkrete Wirkung einer solchen Verfassungsänderung, die nicht mit Zahlen und Terminen unterlegt sei, lautete die Kritik der bayerischen Genossen.

Im gleichen Sinne argumentieren übrigens auch die bayerischen Grünen. Ihnen gehe es um konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz. Eine Verfassungsänderung sei dagegen nur eine reine Worthülse, so der Vorsitzende der Grünen Landtagsfraktion, Ludwig Hartmann.

Schöner hätte ich das auch nicht formulieren können.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns deshalb hier kein politisches Schattenboxen veranstalten. Ich hätte wirklich gedacht, dass wir im Energiewendeland Schleswig-Holstein längst viel weiter sind.

In dieser Wahlperiode haben wir auf Antrag der Jamaika-Fraktionen bereits über ein halbes Dutzend konkrete Anträge hier im Landtag beschlossen:

Zur Sektorenkopplung und Energiespeicherung, zu Power-to-X-Lösungen, zur Elektromobilität, zur Wasserstofftechnologie und zu regenerativen Energien in der Landwirtschaft.

Da frag ich mich doch, weshalb die SPD nicht allen diesen Anträgen zugestimmt hat?

Darauf aufbauend ist die Landesregierung mit mehreren Initiativen auf Bundesebene aktiv geworden, sei es um die Ausbauziele der Windenergie auf See anzuheben oder um die Energie-Abgaben zukunftsweisend neu zu regeln und dabei eine CO² Besteuerung einzuführen.

Letzteres leider und erstaunlicherweise gegen den Widerstand der SPD. Dabei macht die Landesregierung nichts anderes als den einstimmigen Landtagsbeschluss aus dem Dezember 2017 umzusetzen, mit dem sich der Landtag für eine CO² Bepreisung ausgesprochen hatte.

Das war einer der wenigen Anträgen, dem die SPD hier im Landtag zugestimmt hatte und genau dafür kritisieren sie jetzt die Landesregierung?

Wer hier als SPD eine Verfassungsänderung einbringt, der sollte sein eigenes Handeln auch an diesem Maßstab ausrichten. Alles andere ist maximal unglaubwürdig.

Meine Damen und Herren, ganz aktuell geht es um zwei entscheidende Projekte für das Gelingen der Energiewende: Zum einen der Einsatz von grünem Strom zur Erzeugung von Wasserstoff, um daraus Energieträger für den Verkehrs- und Wärmesektor zu gewinnen. Um Technologien wie diese im industriellen Maßstab zu erproben, hat das Bundeswirtschaftsministerium Anfang Februar die „Reallabore der Energiewende“ ausgeschrieben. 100 Millionen Euro stehen dafür jährlich bis 2022 als Fördermittel bereit.

In Schleswig-Holstein bewirbt sich die Raffinerie Heide zusammen mit der Entwicklungsagentur Heide und weiteren Partnern aus der Region um den Zuschlag für ein solches Reallabor.

Zum anderen geht es um das Thema Energiespeicherung. Um erneuerbare Energien stärker nutzen zu können, braucht es Speicherlösungen, die die Abhängigkeit der Stromerzeugung von Wind und Sonne ausgleichen.

Im Falle der Ansiedlung einer Forschungsfabrik für Batteriespeicher beim Frauenhofer-Institut in Itzehoe winken hierfür sogar Fördergelder von 500 Millionen Euro.

Es ist deshalb keine Frage, dass sich unsere Landesregierung für beide Vorhaben in Berlin stark macht.

Auch als CDU-Landtagsfraktion tun wir unser Möglichstes, um diese beiden Projekte nach Schleswig-Holstein zu holen. Dafür haben wir an diesem Montag bei unserem Förderforum zum Thema Wasserstoff bei Energiestaats-sekretär Feicht geworben und das besprechen wir direkt mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier, wenn er in zwei Wochen zur Klausurtagung der CDU-Landtagsfraktion nach Schleswig-Holstein kommt.

Meine Damen und Herren, das alles sind Beispiele für konkrete politische Handlungen. Lassen Sie uns unsere Kraft und Energie darauf verwenden, diese Projekte gemeinsam nach vorne zu bringen. Mit einer Verfassungsänderung, die nur auf dem Papier steht, ist dagegen niemanden geholfen!