Kein Fadenabriss beim Windenergieausbau

23.01.2019

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

nach diesem klassischen Oppositionsauftritt jetzt zurück zur Sache.

Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Auch wenn dies ein aktuelle Stunde ist, müssen wir kurz zurück in das Jahr 2010:

Damals hat die Landesregierung von CDU und FDP den neuen Landesentwicklungsplan verabschiedet. Zwei Jahre später im Jahr 2012 trat dann auch die Teilfortschreibung der Regionalpläne zur Ausweisung von Windenergie-Eignungsflächen in Kraft.

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP hat die Landesregierung damals darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Beteiligungsverfahrens mehr als 2.000 Stellungnahmen eingegangen seien, die es auszuwerten gelte. Diese Zahl macht – aus heutiger Sicht - deutlich, dass die Akzeptanz für Windenergieflächen vor zehn Jahren noch deutlich höher war als heute, wo wir es mit der doppelten und dreifachen Anzahl an Einwänden zu tun haben.

Und dennoch hat es auch schon damals eines mehrjährigen Planungsvorlaufes bedurft, um die Regionalpläne fortzuschreiben.

Die deutlich größere Akzeptanz in der Bevölkerung dürfte übrigens daran gelegen haben, dass bei dem damaligen Entwurf der Landesregierung auf Bürgerentscheide und die Voten der Gemeindevertretungen Rücksicht genommen worden ist. Genau das aber hat das Oberverwaltungsgericht im Januar 2015 bedauerlicherweise für unwirksam erklärt.

Es war die Küstenkoalition aus SPD, Grünen und SSW die daraufhin im Juni 2015 erstmals ein zweijähriges Moratorium für den Windkraftausbau beschlossen hat, um einen drohenden Wildwuchs ohne gültige Regionalplanung zu verhindern.

Als CDU-Fraktion haben wir das damals nicht kritisiert, sondern im Gegenteil:

Wir haben der Moratoriums-Verlängerung zugestimmt und sind sogar Mitantragsteller geworden.

Die zweijährige Dauer des Moratoriums war dabei sehr, sehr sportlich bemessen. Man konnte von Anfang an nicht wirklich davon ausgehen, dass unter den erschwerten Auflagen des Gerichts die Neuaufstellung der Regionalpläne nicht länger dauern sollte, als deren Fortschreibung zwischen 2010 und 2012.

Das haben auch die damaligen Regierungsfraktionen gemerkt und deshalb mit Gesetzentwurf von Anfang 2017 das Moratorium um ein Jahr verlängert.

Obwohl wir uns zu diesem Zeitpunkt mitten im Landtagswahlkampf befanden, haben wir das als Opposition erneut nicht kritisiert, sondern haben einstimmig zugestimmt. Auch so kann man sich verhalten, meine Damen und Herren.

In den zwei Jahren zwischen erstem Moratorium und Regierungswechsel hat die Vorgängerregierung einen neuen 1. Entwurf erstellt und diesen öffentlich ausgelegt. Die daraufhin eingegangenen 6.400 Stellungnahmen konnten bis zum Regierungswechsel bei weitem nicht abgearbeitet werden. 

Ich sage das hier vollkommen wertneutral, ohne jeglichen Vorwurf, dass das damals zu lange gedauert hätte oder dass die hohe Zahl von Stellungnahmen irgendetwas über die Qualität dieses 1. Entwurfes aussagen würde.

Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass wir es hier mit einer hochkomplexen Planung zu tun haben, die nicht so schnell realisiert werden kann, wie man es sich vielleicht wünschen würde.

In den bislang anderthalb Jahren Jamaika-Regierungszeit hat die Landesregierung jetzt die Bearbeitung der 6.400 Stellungnahmen abgeschlossen, auf dieser Basis einen neuen 2. Entwurf erstellt und diesen öffentlich ausgelegt.

Dieser 2. Entwurf hat somit – trotz der zwischenzeitlich mit dem Koalitionsvertrag veränderten politischen Vorgaben – ein halbes Jahr weniger gebraucht als der 1. Entwurf der Küstenkoalition.

Trotzdem war der Zeitraum des Moratoriums bis Ende September 2018 nicht ausreichend, weshalb das Moratorium im vergangenen Jahr bis zum 5. Juni 2019 verlängert wurde - diesmal allerdings gegen die Stimmen der Opposition aus SPD, SSW und AfD.

Ja, möglicherweise wäre der 2. Entwurf ohne zwischenzeitliche politische Veränderungen ein paar Monate früher fertig geworden. Aber selbst dann hätte das einstimmig beschlossene Moratorium bis Ende September 2018 nicht ausgereicht, um das Verfahren vollständig abzuschließen.

Und deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, die Ablehnung durch SPD und SSW war unredlich, denn dieser Verlängerung hätte es auch unter der Küstenkoalition bedurft.

Schon im letzten Jahr war das also reines Oppositionsgehabe, womit sich SPD und SSW deutlich von CDU, FDP und Piraten unterscheiden, die auch als Opposition bereit waren, Verantwortung zu übernehmen.

An dieser Stelle muss sich die SPD übrigens einmal entscheiden, was sie hier eigentlich kritisieren will: Die längere Verfahrensdauer oder das angeblich gebrochene Wahlversprechen.

Beides gleichzeitig zu kritisieren passt einfach nicht zusammen. Wenn sich überhaupt eine Verlängerung des Verfahrens ergeben hat, dann gerade dadurch, dass wir unser Wahlversprechen einhalten und die Abstände zur Wohnbebauung mit dem 2. Entwurf vergrößert haben.

Meine Damen und Herren, zu diesem 2. Entwurf sind jetzt erneut 5.200 Stellungnahmen eingegangen. Das hängt ohne Frage damit zusammen, dass rund 20 Prozent der Flächen gegenüber dem 1. Entwurf ausgetauscht worden sind.

Das ist die Konsequenz der veränderten Kriterien, um zu größeren Abständen zur Wohnbebauung zu gelangen. Genau deshalb kann von einem gebrochenen Wahlversprechen auch überhaupt keine Rede sein kann.

Wenn die SPD jetzt erneut den Ursprungsentwurf aus der Küstenkoalition propagiert, dann ignorieren sie die 6.400 Stellungnahmen, die gegen diesen Entwurf eingegangen sind.

Es ist das gute Recht von Bürgerinnen und Bürgern Einwände gegen die Windenergie einzureichen.

Und zu Recht müssen wir alle Einwände sorgsam und fair bearbeiten, um den für Schleswig-Holstein besten Kompromiss zu erzielen.

Jamaika macht Politik für ganz Schleswig-Holstein! Mit dem starren Festhalten an den alten Abstandsregelungen machen Sie Politik gegen die Menschen in Schleswig-Holstein. Genau deshalb sind Sie jetzt auch in der Opposition und wir in der Regierung.

Vollkommen falsch ist außerdem die Behauptung, die Verlängerung des Moratoriums würde zu einem Stillstand des Windkraftausbaus in Schleswig-Holstein führen.

Das war zu Zeiten der Küstenkoalition nicht so und das ist auch unter Jamaika nicht der Fall. Seit Inkrafttreten des Moratoriums wurden 427 Ausnahmengenehmigungen erteilt, davon 44 im vergangenen Jahr. Es gibt also keinen Fadenabriss beim Windenergieausbau!

Das genau ist ja der Vorteil eines Moratoriums: Parallel dazu können weiterhin Ausnahme-genehmigungen erteilt werden. Darüber waren wir uns in der Vergangenheit alle einig! Und deshalb es jetzt auch richtig, das Moratorium bis Ende 2020 zu verlängern. Die 5.200 Stellungnahmen müssen bearbeitet werden. Mit dem daraus resultierenden 3. Entwurf werden wir dann hoffentlich wieder gültiges Planungsrecht erlangen.

Aber auch während dieser Zeit werden weitere Ausnahmegenehmigungen erteilt. Es sind ja 20 Prozent der Flächen neu hinzugekommen, so dass sich damit auch die Möglichkeit für neue Ausnahmengenehmigungen verbessert hat. Der Windenergieausbau wird deshalb auch in 2019 und 2020 in Schleswig-Holstein weiter voranschreiten.

An dieser Stelle noch ein paar Sätze zur angeblichen Gefährdung der Windenergie-branche: Immer wieder wird damit argumentiert, dass hunderte Anträge durch die lange Planungsdauer nicht genehmigt würden und somit Investitionen in Milliardenhöhe auf Eis lägen.

Dazu hatte Minister Grote eigentlich schon in der Landtagsdebatte im Februar 2018 alles Notwenige gesagt. Er hatte nämlich darauf hingewiesen, dass rund 400 dieser Anträge überhaupt nicht genehmigungsfähig seien, weil sie gar nicht in den Vorranggebieten liegen würden!

Diese Anträge hätten somit auch von SPD-Landesregierung niemals genehmigt werden können, auch dann nicht, wenn sie den 1. Entwurf unverändert in Kraft gesetzt hätte.

Deshalb ist es vollkommen absurd, immer wieder mit diesen Zahlen zu jonglieren und so tun, als ob durch Jamaika irgendetwas blockiert würde.

Zu guter Letzt hat der Kollege Stegner mit seinen fundierten juristischen Kenntnissen dann noch die Gefahr eines „unverantwortlichen Rechtsrisikos“ aufgrund der erneuten Moratoriums-Verlängerung ausgemacht.

Das kennen wir schon aus dem letzten Jahr. Auch damals hat die Opposition die Gefahr von Rechtsrisiken an die Wand gemalt – wie man das als Opposition halt so macht.

Zwischenzeitlich ist diese Verlängerung gerichtlich anerkannt worden. Das war auch zu erwarten. Das war auch zu erwarten, denn die Verlängerung auf 4 Jahre war an der Gültigkeitsdauer für eine Veränderungssperre im Gemeinde-planungsrecht orientiert. Nicht jedes Rechtsrisiko, das eine Opposition hier heraufbeschwört, muss also auch eintreten.

Das gilt auf für die erneute Verlängerung über vier Jahre hinaus: Wenn einer Gemeinde vier Jahre Veränderungssperre für die Anpassung eines Bebauungsplanes zugestanden werden, dann erscheint es sehr wohl plausibel und gut zu rechtfertigen, dass es bei einer Planung für das ganz Land eines längeren Zeitraums als vier Jahre bedarf.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend lässt sich feststellen:

·         Die Kritik der Opposition ist unberechtigt.

·         Das Wahlversprechen von größeren Abständen wird eingehalten.

·         Der Windkraftausbau geht auch während des Moratoriums weiter.