HSH Nordbank AG - Erhöhung des Garantievolumens

25.04.2013

Rede in der Landtagssitzung am 25.04.2013

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Versetzen wir uns noch einmal zurück in das Jahr 2009: Ähnliche Situation wie heute, auch damals ging es um die Übernahme von Garantien für die HSH Nordbank, und die Oppositionsfraktionen von FDP, Grünen und SSW stimmten geschlossen dagegen.

(Christopher Vogt [FDP]: Zu Recht!)

Im Interview mit Finanzministerin Monika Heinold in den „Kieler Nachrichten“ vom 27. Oktober 2012 fragt die Zeitung deshalb zu Recht: „Wieso haben Sie Ihre Meinung geändert, Frau Ministerin?“, und Monika Heinold erläutert daraufhin, sie habe sich 2009 gegen die Stützungsmaßnahmen entschieden, weil sie von der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells nicht überzeugt gewesen sei. Heute gelte es aber, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen und nach vorne zu schauen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist interessant!)

Wenn die Ministerin heute die Realitäten anerkennt und dazu in der Regierungsvorlage auf die bestehenden 32 Milliarden € an Gewährträgerhaftung verweist, dann hat sie 2009 vor genau diesen Realitäten die Augen verschlossen. Damals lag die Gewährträgerhaftung doppelt so hoch und betrug noch 64 Milliarden €. Die stammten übrigens noch aus rot-grüner Regierungszeit und hatten in der Spitze utopische 160 Milliarden € erreicht. Es waren diese Gewährträgerhaftungen, die 2009 keine andere Entscheidung als die Rettung der Bank zuließen. Wenn die Ministerin 2009 von der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells nicht überzeugt war,

(Christopher Vogt [FDP]: Alternativlos!)

müsste sie heute sogar ernsthafte Zweifel daran haben. Denn das Geschäftsmodell ist heute das gleiche wie das, das 2009 als Konsequenz aus der Krise entwickelt wurde.

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der einzige Unterschied besteht darin, dass dieses Geschäftsmodell zwischenzeitlich durch Auflagen der EU-Kommission in seinem Umfang und in seinen Betätigungsfeldern erheblich eingeschränkt worden ist. Die Bank hat daraufhin sowohl 2011 als auch 2012 erneut Verluste ausgewiesen. Es ist deswegen keineswegs absehbar, ob diese zusammengeschrumpfte Bank dauerhaft überlebensfähig ist. Vor allem ist nicht absehbar, ob die Bank zukünftig in der Lage sein wird, nennenswerte Überschüsse zu erwirtschaften, um daraus unsere Garantieprovision bedienen zu können. Vor diesem Hintergrund wirbt die Ministerin jetzt um die Zustimmung der Opposition für eine erneute Aufstockung der Garantie. Ich sage Ihnen, Frau Ministerin: Das Mindeste, was Sie dafür tun sollten, ist, gegenüber dem Landtag und der Öffentlichkeit einzugestehen, dass Sie im Jahre 2009 Ihrer Verantwortung in der damaligen Opposition nicht gerecht geworden sind.

(Widerspruch Ministerin Monika Heinold)

Sie haben damals die Rettung der HSH Nordbank verweigert. Das gilt gleichermaßen auch für die Kolleginnen und Kollegen des SSW. Sie werden sicherlich gleich argumentieren, dass Sie damals andere Alternativen bevorzugt hätten, zum Beispiel eine kontrollierte Abwicklung - die vehementeste Verfechterin war damals Monika Heinold - oder eine Beteiligung des SoFFin, lieber Kollege Lars Harms.

(Lars Harms [SSW]: So ist es!)

- Danke für die Bestätigung. - Da werden Sie jetzt durch Ihr eigenes Regierungshandeln eines Besseren belehrt.
Genauso wenig wie Sie heute eine kontrollierte Abwicklung der Bank vorschlagen, war das auch 2009 kein gangbarer Weg, denn eine solche Entscheidung zu einer kontrollierten Abwicklung würde jedes Mal innerhalb kürzester Zeit zu einer unkontrollierbaren Abwicklung der Bank führen. Das hat Ihnen damals schon der Präsident der Bankenaufsicht nachdrücklich ins Stammbuch geschrieben. Eine unkontrollierte Abwicklung - das hat die Ministerin gerade noch ausgeführt - würde den Landeshaushalt mit Milliardenkosten belasten. Eine kontrollierte Abwicklung war deshalb weder damals noch heute ein realistisches Szenario; ein entsprechender politischer Beschluss war damals nicht zu fassen.

Präsident Klaus Schlie:
Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Tobias Koch [CDU]:
Das tue ich sehr gern.

Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich möchte die Ministerin jetzt nicht verteidigen. Aber ich sehe schon, dass sie schon mit dem Problem, das sie 2009 gar nicht erst entstehen lassen wollte, nun fertig werden muss.

(Zustimmung Ministerin Monika Heinold)

Aber meine Frage, Herr Kollege Koch, geht in eine völlig andere Richtung. Ist die Abwicklung der WestLB unkontrolliert oder kontrolliert gelaufen? Wie stehen Sie dazu? Denn Sie haben eben gesagt, es sei nicht möglich, eine Bank kontrolliert abzuwickeln. - Herr Kollege Kubicki, lassen Sie mich zu Ihrem Eingangsstatement noch einige Bemerkungen machen. Denn wenn der Eindruck entsteht, die jetzige Finanzministerin müsste hier den Dreck wegräumen, den ihr andere vor die Füße gekippt haben, so ist er falsch. Denn die rot-grüne Landesregierung hat damals bis 2005 alle Entscheidungen zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft getroffen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: So einfach kann man sich die Welt machen!)

- Ja, so einfach war es auch, Herr Kollege. Sie waren im Übrigen daran maßgeblich beteiligt. Auf die 160 Milliarden € Gewährträgerhaftung habe ich hingewiesen, ebenso auf die internationale Ausrichtung. Alle Entscheidungen wurden bis 2005 von Rot-Grün getroffen. Die jetzige Ministerin räumt das weg, was ihr die rot-grüne Landesregierung bis 2005 hinterlassen hat.

(Beifall CDU - Widerspruch SPD)

Nun zu Ihrer Frage, Herr Kollege Kubicki: Die Abwicklung der WestLB mit der gegründeten Bad Bank ist sicherlich keine Wunschvorstellung die wir für Schleswig-Holstein ins Auge fassen sollten. Das war ein ganz schwieriger Prozess mit sehr großen Verwerfungen und mit bestehenden enormen Risiken sowohl für die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen als auch für den Landeshaushalt. Das kann kein Muster für Schleswig-Holstein sein. Das sollten wir nicht anstreben.

Präsident Klaus Schlie:
Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie eine weitere Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Andresen?

Tobias Koch [CDU]:
Auch das sehr gern.
Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielen Dank, Herr Kollege.

- Ist Ihnen bewusst, dass in den Abschlussberichten, die sowohl die Mehrheit als auch Oppositionsfraktionen mitgetragen haben, in Bezug auf den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank in der

letzten Legislaturperiode Folgendes deutlich geworden ist: Viele Entscheidungen, die zur Lage der Bank geführt haben, sind in den Jahren 2007 und 2008 getroffen worden? Können Sie mir vielleicht mitteilen, ob Ihre Partei in dieser Zeit regiert hat oder nicht? - Herr Kollege Andresen, im Unterschied zu Ihnen habe ich dem Untersuchungsausschuss angehört. Ich kann mich sehr genau daran erinnern, dass wir im Abschlussbericht festgestellt haben, dass die Wurzeln der Probleme in den Vorjahren lagen. Sie waren in den Entscheidungen bis 2005 angelegt.

(Lachen SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist doch so was von absurd! - Weitere Zurufe)

Sicherlich hat es auch in den Folgejahren als Konsequenz aus den bis 2005 getroffenen Entscheidungen keine ganz einfachen Entscheidungen gegeben, aber man muss immer schauen, wo die ursächliche Verantwortung liegt. Genauso weist die Finanzministerin jetzt darauf hin, sie müsse sich nun mit den Entscheidungen der Vorgängerregierung auseinandersetzen. Das war auch in den Jahren 2005 bis 2009 der Fall.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Präsident Klaus Schlie: Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Kollegen Andresen?

Tobias Koch [CDU]:
Wenn es dem Kollegen Andresen hilft, sehr gern.
Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Würden Sie mir zustimmen, Herr Kollege, dass die Ursache für die Lage der Bank viele Väter und Mütter hatte, dass aber ein ständiger Blick in die Vergangenheit und ein ständiges Hin und Her bei den Vorwürfen der Bank jetzt nicht weiterhilft? Sollte man nicht vielleicht in die Zukunft schauen?

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Ich habe das immer eingestanden.
Präsident Klaus Schlie: Der Abgeordnete Koch, kann diese Frage, wenn er mag, beantworten.

Tobias Koch [CDU]:
Ich glaube, dass der Nachsatz entscheidend war. Er hat die Fehler eingestanden. Das hätte durchaus noch etwas deutlicher kommen können.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie denn keine Fehler gemacht?)

- Auch wir haben in unserem Abschlussbericht - bitte nehmen Sie ihn zur Kenntnis - schwierige Entscheidungen in den Folgejahren eingeräumt.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht doch!)

Auch bei uns ist nicht alles richtig gemacht worden. Das haben wir damals gesagt; das sagen wir auch heute. Das lenkt den Blick aber nicht davon ab hinzuschauen, wo die eigentlichen Ursachen liegen. Das sollten Sie genauso wenig verschleiern, wie wir es tun.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Was war die weitere Alternative damals? Das war die Beteiligung des SoFFin. Sie wurde seinerzeit auch leidenschaftlich von der Opposition diskutiert.
Damit verhält es sich genauso wie mit der privaten Beteiligung von Investoren heute. Damals wie heute kommt die Regierung zu dem Urteil, eine solche Beteiligung gereiche dem Land zum wirtschaftlichen Nachteil. Deshalb wird diese Alternative ausgeschlossen. Im Übrigen war eine Beteiligungsmöglichkeit des SoFFin im Frühjahr 2009 auch rechtlich überhaupt nicht mehr gegeben, wie uns der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück im Untersuchungsausschuss bestätigt hat.
Mit anderen Worten: Die jetzige Regierung ist in der gleichen Situation wie 2009 die Große Koalition.
Sie kommt zu dem gleichen Ergebnis, nämlich zusätzliche Garantien für die HSH Nordbank auszusprechen.
Das Verfahren ist damals genauso wie heute gleichermaßen transparent. Die Vorlage der Landesregierung war damals noch umfangreicher als heute. Alternativen sind auch damals geprüft worden. Sie wurden - genauso wie heute - von der Landesregierung verworfen. Dennoch haben damals die Oppositionsfraktionen die Bank mit einem klaren Nein über die Wupper gehen lassen wollen. Sie wollten alle Risiken in Kauf nehmen. Das war Ihre Fahrlässigkeit im Jahr 2009.

Bei uns gab es jedoch einen gravierenden Unterschied, den ich Ihnen jetzt deutlich machen möchte. Wir von der Union haben damals die Konsequenzen aus der Finanzkrise gezogen. Im Frühjahr 2009 haben wir die Bank gerettet, und im Sommer 2009 haben wir eine beschleunigte Konsolidierung des Landeshaushaltes eingeleitet. In den Folgejahren hat uns die Opposition wiederholt bescheinigt, bei der Reduzierung von strukturellem Defizit und beim Abbau der Neuverschuldung schneller voranzugehen, als dies notwendig gewesen sei. Das war von Ihnen als Kritik gemeint, ist aber die beste Bestätigung dafür, dass wir im Hinblick auf die absehbaren Risiken die richtigen Schlussfolgerungen gezogen haben. Das war unsere Vorsorge für zukünftige Risiken.

(Beifall Rainer Wiegard [CDU])

2009 lag die Wahrscheinlichkeit für die Inanspruchnahme der Garantie unter 40 %. Man konnte darauf hoffen, die erworbenen Aktien der HSH Nordbank nach Bewältigung der Krise vielleicht sogar mit Gewinn verkaufen zu können.
Heute gibt es eine ganz andere Situation. Die Inanspruchnahme der Garantie in Milliardenhöhe steht mit Sicherheit fest. Ich will dem Kollegen Kubicki recht geben: Die jetzige Prognose der Bank von 1,3 Milliarden € weist eine Scheingenauigkeit aus. Niemand kann diese Prognose bis 2015 mit Zuverlässigkeit belegen. Das kann noch sehr viel mehr werden. Per 31. Dezember 2012 werden in der Bilanz 2,8 Milliarden € ausgewiesen - und nicht 1,3 Milliarden €. Auch dieser Betrag wird sich noch weiter erhöhen.
Beim hsh finanzfonds steht das Eigenkapital mittlerweile als Negativposten auf der falschen Seite der Bilanz. - So weit die völlig veränderten Rahmenbedingungen von heute im Unterschied zum Jahr 2009. Was macht nun die Landesregierung? Wie reagiert sie auf diese immer konkreter werdenden Gefahren für den Landeshauhalt? Überhaupt nicht!

(Widerspruch Ministerin Monika Heinold)

Sie setzen auf das Prinzip Hoffnung. Sie kalkulieren
und hoffen, dass alle Belastungen durch die Zahlungen der Bank für die Garantieprovision ausgeglichen werden, sofern die Bank dazu finanziell in der Lage ist.
Bei der Haushaltskonsolidierung machen Sie gerade so viel, wie zwingend erforderlich ist, um die Schuldenbremse einzuhalten. Sie drehen die beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen wieder zurück, und Sie schaffen es noch nicht einmal, die Personalreduzierung wie geplant umzusetzen. Dazu muss ich nicht meine eigenen Reden immer wieder wiederholen, Herr Kollege Andresen, dazu kann ich auf den Landesrechnungshofspräsidenten verweisen, der genau dies in der letzten Woche festgestellt hat.

(Landesrechnungshofspräsident Dr. Aloys Altmann: Ja!)

Nach weniger als einem Jahr Regierungszeit liegen Sie beim Stellenabbau schon mit drei Dutzend Stellen zurück. Dazu könnte man sagen: 30 Stellen mehr oder weniger - das sind ja Peanuts! Ihr Abbau würde uns angesichts der Milliardenrisiken bei der HSH Nordbank auch nicht retten. Aber das entspricht dem Geist und der fehlenden Entschlossenheit dieser Landesregierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Union erkennen wir die grundsätzliche Notwendigkeit für eine erneute Garantieaufstockung an, um die Überlebensfähigkeit der Bank zu sichern, um die Kernkapitalquote zu stärken und um auf diese Weise den Abbau der Gewährträgerhaftung bis zum
Jahre 2015 zu ermöglichen.
Von diesem Platz aus habe ich deshalb den Regierungsfraktionen schon mehrfach Gespräche über
die Garantieaufstockung und die sich daraus ergebenen Konsequenzen für unseren Landeshaushalt
angeboten. Bis heute wurden diese Gesprächsangebote von SPD, Grünen und SSW nicht wahrgenommen. Sie führen keinen Dialog mit der Opposition, sondern Sie entscheiden lieber mit Ihrer Einstimmenmehrheit.

Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Wir als Union sind verantwortungsbewusst. Wir betreiben keine Fundamentalopposition, wir sind aber auch nicht naiv oder sogar dämlich und stehen Ihnen beim Problem der HSH Nordbank zur Seite, um anschließend tatenlos zuzusehen, wie Sie beim Landeshaushalt Ihren Stiefel durchziehen und keine Vorsorge für erkennbare Risiken betreiben. Entweder verständigen wir uns auf ein schlüssiges Gesamtkonzept, oder es wird keine Zustimmung der CDU-Fraktion zu einer Garantieaufstockung geben. Sie haben jetzt die Chance, der Ball liegt in Ihrem Spielfeld. Wir haben dazu in den nächsten Wochen im Rahmen der Ausschussberatungen Zeit.
Ich biete noch einmal an, interfraktionelle Gespräche über ein solches schlüssiges Gesamtkonzept zu führen. Wir werden dies in den nächsten Wochen klären müssen. Entscheiden tun wir dann hoffentlich schon im Mai. Ich halte es für bedenklich, wenn wir erst im Juni zu einer Abstimmung kämen und wenn die Landesregierung bereits im Voraus ein Notifizierungsverfahren einleiten müsste. Wir sollten das zügig klären. Unser Angebot steht. Es liegt bei Ihnen, was Sie daraus machen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)