Finanzielle Handlungsspielräume sichern: Altschuldentilgungsfonds für Land und Kommunen

23.08.2013

Rede in der Landtagssitzung am 23.08.2013

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die inhaltlichen Unterschiede zwischen dem Antrag der Regierungsfraktion einerseits und dem Antrag der CDU-Fraktion andererseits haben wir in der Landtagsdebatte im April dieses Jahres bereits gut herausgearbeitet. SPD, Grüne und SSW wollen mit dem Soli zukünftig Zinsen bezahlen. Die CDU dagegen schlägt vor, die frei werdenden Solidarpaktmittel zu nutzen, um die Altschulden zu tilgen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Die Synopse des Finanzministeriums - Umdruck 18/1502 - macht diesen fundamentalen Unterschied noch einmal ganz klar deutlich. Es ist eine glatte Irreführung der Öffentlichkeit, wenn im Antrag der Regierungsfraktionen von einem Altschuldentilgungsfonds gesprochen wird.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Kein einziger Euro aus dem Solidaritätszuschlag würde nach Ihrem Vorschlag in die Tilgung von Altschulden fließen. Der Herr Ministerpräsident wird in den „Kieler Nachrichten“ - Onlinedienst vom 18. Juni 2013 - so wiedergegeben, dass es aus seiner Sicht sinnvoll sei, den Solidaritätszuschlag über 2019 hinaus zu verlängern und für den Abbau der Altschulden umzuwidmen. Nur, Herr Albig, diese Aussage passt zu dem Antrag der Regierungsfraktionen genauso wenig wie der erst gestern beschlossene Entschließungsantrag zum Thema Steuererhöhungen.

Gestern haben Sie beschlossen:
„Der Landtag stellt fest, dass die Akzeptanz für diese Maßnahmen“

- also für Steuererhöhungen -
„davon abhängt, dass die Menschen sicher sein können, dass die dadurch erzielten Einnahmen auch tatsächlich nur und ausschließlich für die Senkung der Verschuldung und für Investitionen … genutzt werden.“

Gerade einmal 24 Stunden nach diesem Beschluss wollen Sie heute beschließen, dass der Solidaritätszuschlag für Zinszahlungen verwandt wird. Ihre Logik! Die Menschen können auf Rot-Grün- Blau eben gerade nicht vertrauen. Ihr Altschuldentilgungsfonds ist eine Mogelpackung. Dabei geht es nicht darum, die Altschulden zu tilgen, sondern nur darum, Spielraum für zusätzliche Ausgaben zu gewinnen.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Das verbindende Element in dieser Debatte bestand darin, dass CDU, SPD, Grüne und SSW gemeinsam der Auffassung sind, dass ein Altschuldentilgungsfonds hilfreich wäre, um die Finanzprobleme unseres Landes dauerhaft zu lösen. Deshalb haben wir uns im Kreis der finanzpolitischen Sprecher zusammengesetzt und versucht, eine Lösung zu finden, wie wir aus diesen beiden unterschiedlichen Ansätzen einen gemeinsamen Antrag formulieren können, Herr Kollege Winter. Sie werde es nicht glauben, meine Damen und Herren: Wir waren erfolgreich. Es ist uns gelungen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Bis Herr Stegner kam!)

Das hat mich an die damalige Diskussion über die Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung erinnert. Auch damals haben wir uns im Kreis der finanzpolitischen Sprecher zusammengesetzt und eine gemeinsame Lösung erarbeitet, die anschließend im Parlament beschlossen wurde. Jetzt kam es beinahe wieder zu einem historischen Moment. Ein Beschluss des Landtags für einen Altschuldentilgungsfonds wird aber nur dann eine bundespolitische Bedeutung entwickeln, wenn dieser Beschluss mit möglichst großer breiter parlamentarischer Mehrheit gefasst wird.

Entsprechend begeistert waren auch Sie, Frau Finanzministerin Heinold, als Sie von dieser Übereinkunft im Kreis der finanzpolitischen Sprecher erfuhren. Auch die Fraktionen haben zugestimmt. Die CDU-Fraktion hat zugestimmt. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat zugestimmt. Die Abgeordneten des SSW haben zugestimmt. - Die Fraktion der SPD hat abgelehnt. Genauer gesagt hat Herr Dr. Stegner abgelehnt. Warum?

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Warst du dabei?)

Der Kollege Winter hat gestern im Finanzausschuss in aller Offenheit erläutert, warum das so ist.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Da war ich auch dabei!)

- Dann werden Sie es gehört haben. Er hat uns erläutert, warum Sie abgelehnt haben, weil nämlich die SPD Vereinbarungen mit der SPD in Bremen, mit der SPD in Berlin und mit der SPD in Nordrhein-Westfalen getroffen hat. Diese Vereinbarungen würden diesem gemeinsamen Antrag entgegenstehen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Alles Vorzeigeländer!)

Sie lassen einen parteiübergreifenden Konsens zum Wohle unseres Landes aus rein parteitaktischem Kalkül scheitern.

(Beifall CDU)

Herr Ministerpräsident, Sie lächeln so freundlich. Jetzt sind Sie gefragt!

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Winter?

Tobias Koch [CDU]:
Jetzt im Augenblick nicht. - Herr Ministerpräsident, jetzt sind Sie gefragt. Es gibt in diesem Parlament eine Mehrheit für einen fraktionsübergreifenden Antrag, die aus CDU, Grünen, SSW und den Fachpolitikern der SPD besteht. Herr Albig, setzen Sie sich an dieser Stelle ein einziges Mal gegen den SPD-Fraktionsvorsitzenden durch!

(Beifall CDU)

Sorgen Sie dafür, dass die Abstimmung in der Koalition freigegeben wird und dass nicht Herr Stegner allein darüber entscheidet, welche Politik in Schleswig-Holstein betrieben wird.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie sind ein richtiger Komiker!)

Ich beantrage im Namen der CDU-Fraktion eine namentliche Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion.

(Beifall CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Zu einem Dreiminutenbeitrag hat nun Herr Kollege
Tobias Koch von der CDU-Fraktion das Wort.

Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich in der April-Debatte darauf hinwies, dass der Altschuldentilgungsfonds keine Erfindung von Rot-Grün-Blau ist, sondern von Peter Harry Carstensen bereits in die Föderalismuskommission eingebracht worden war, haben Sie sich darüber noch köstlich amüsiert. Heute berufen Sie selbst sich darauf.

Zufälligerweise habe ich das Schreiben dabei, das Peter Harry Carstens damals an die Föderalismuskommission richtete. Darin können Sie es nachlesen: Der Fonds sollte im Volumen von 28 Milliarden € für Zins und Tilgung aufkommen. Die Länder sollten dafür das einbringen, was sie bisher an Zinsen gezahlt haben: 23,5 Milliarden €.
Aus den Solidarpaktmitteln sollte die Tilgung bestritten werden. Herr Kollege Winter, die Tilgung! - Das können Sie aus der Anlage zu dem Schreiben explizit ablesen.
Das, was Peter Harry Carstensen und Uwe Döhring damals gemeinsam vorgeschlagen hatten, ist genau das, was die CDU-Fraktion beantragt hat, nämlich Tilgung mit den Solidarpaktmitteln, nicht aber - wie in Ihrer Mogelpackung - Zinszahlungen. Wir bringen heute in Form eines Antrags das ein, was wir, die finanzpolitischen Sprecher von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW fraktionsübergreifend vereinbart haben. Jeder, der bedauert, dass es heute keinen fraktionsübergreifenden Antrag gibt, ist aufgefordert, unserem Antrag zuzustimmen, Herr Kollege Winter.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wenn Sie eine bundesweite Mehrheit für einen Altschuldentilgungsfonds organisieren wollen, dann hilft es doch nichts, wenn Sie die Unterstützung der größten Schuldenmacher dieser Republik organisieren. Sie müssen doch die Unterstützung des Bundes und der Länder, die etwas einbringen sollen, organisieren. Es reicht nicht aus, auf Bremen, Berlin und Nordrhein-Westfalen zu setzen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Wir unterbreiten Ihnen hier einen Vorschlag, bei dessen Annahme wir bundespolitisch eine Chance hätten, für Schleswig-Holstein etwas zu tun. Diese Chance konterkarieren Sie aus rein parteitaktischem Kalkül, Herr Dr. Stegner. Das ist das Problem. Wir bringen den Vorschlag ein, den Peter Harry Carstensen und Uwe Döhring damals ausgearbeitet haben: Tilgung aus Solidarpaktmitteln! Altschulden tilgen und keine Zinsen zahlen! Dem sollten Sie zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und PIRATEN)