Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Karenzzeit für Ministerinnen und Minister

09.10.2014

Debattenbeitrag in Landtagssitzung am 09.10.2014

Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Wochenende hat sich auch der Ministerpräsident zu der eben diskutierten Frage geäußert, nämlich in einem Interview in der „Welt am

Sonntag“, aus dem ich jetzt gern zitieren möchte. Das Zitat beginnt mit folgenden Worten: „Angelehnt an Wettbewerbsklauseln in der Wirtschaft“. Soweit, so gut. Denn es geht ja keineswegs um ein generelles Berufsverbot. Wenn wir über Karenzzeiten diskutieren, geht es um die Fälle der Interessenkollision.

(Beifall PIRATEN)

Nicht alle Beispiele, die heute in den Raum geworfen wurden, treffen dafür zu. Ein Gesundheitsminister, der anschließend wieder als Arzt tätig wird - wo ist da die Interessenkollision?

(Beifall PIRATEN)

Aber wenn ein Gesundheitsminister anschließend in einen Klinikkonzern in Schleswig-Holstein einsteigt, der von demselben Gesundheitsminister vorher dienstlich überwacht wurde und der Zuschüsse von diesem Gesundheitsminister bekommen hat, dann ist da schon eine Kollision festzustellen.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Es geht also um ein sehr eng begrenztes Feld von Interessenkollisionen. An der Stelle würde ich dem Ministerpräsidenten uneingeschränkt recht geben:
Kein generelles Berufsverbot.
Dann sagt Herr Albig weiter: „halte ich eine Ruhezeit von zwei Jahren für erstrebenswert.“ Darüber kann man politisch diskutieren. Ob ein Jahr, zwei Jahre oder drei Jahre - das ist jetzt an dieser Stelle nicht mein Thema. Darauf will ich nicht weiter eingehen. Dann wird es aber spannend. Im nächsten Satz heißt es:
„Wenn wir diese Regel einführen, dann müssen wir aber auch dafür sorgen, dass die Betroffenen finanziell nicht in ein Loch fallen.“
Nun haben wir in Schleswig-Holstein ein Übergangsgeld,
das für zwei Jahre gezahlt wird, Herr Kubicki, nämlich wenn man vorher zwei Jahre im Amt gewesen ist. Für jeden Monat im Amt gibt es einen Monat Übergangsgeld. Also bekommt der ausscheidende Minister nach zwei Jahren auch zwei Jahre lang Übergangsgeld, allerdings ab dem vierten Monat nur noch zur Hälfte des Ministergehalts.

(Zuruf SPD: Ah!)

- Ja. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass für den Ministerpräsidenten offensichtlich ein halbes Ministergehalt ein Fallen in ein finanzielles Loch darstellt. So wurde es vom Ministerpräsidenten formuliert. Schön, dass Sie sich zu Wort melden, Herr Stegner, denn ich wollte genau Ihre Meinung dazu erfragen, wie weit es eigentlich von der gesellschaftlichen Realität entfernt ist, wenn man ein halbes Ministergehalt als Fall in ein finanzielles Loch bezeichnet.

(Beifall PIRATEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wie peinlich ist das denn?)

Herr Stegner, ich gestatte die Zwischenfrage gern.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Stegner, bitte!

(Unruhe)

Das Wort hat der Abgeordnete Stegner.
Dr. Ralf Stegner [SPD]: Lieber Herr Kollege Koch, eigentlich dachte ich, dass sie intellektuell dazu fähig wären, hier auf solche Formen von billigstem Populismus zu verzichten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Denn ganz ehrlich: Damit, dem Ministerpräsidenten an solch einer Stelle die Worte im Munde herumzudrehen, um noch ein kleines bisschen Oppositionskritik unterzubringen, begeben Sie sich doch in die Gesellschaft von Herrn Dr. Breyer. Vielleicht können Sie es doch auch ein bisschen besser. Ich finde das kann man mit einem solchen Interview nicht machen.

Tobias Koch [CDU]:
Herr Kollege Dr. Stegner, wir haben eine geltende Übergangsregelung, die vorsieht, dass es ab dem vierten Monat ein halbes Gehalt gibt. Sie sieht eine Dauer von zwei Jahren vor. Der Ministerpräsident sagt: Zwei Jahre Karenzzeit, aber man darf nicht in ein finanzielles Loch fallen. Das heißt doch, halbes Gehalt ist ein finanzielles Loch. Die Logik finde ich schon sehr eingängig.

(Wortmeldung Wolfgang Kubicki [FDP])

- Lassen Sie mich in meiner Rede fortfahren.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Kollege - -

Tobias Koch [CDU]:
Nein, ich möchte gern in meiner Rede fortfahren. Danke schön.

Im weiteren Interview heißt es dann - lassen Sie mich kurz ausführen, Sie können dann anschließend
-,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, ich melde mich zu einem Dreiminutenbeitrag!)

wenn wir die Karenzzeit einführen, wäre es vielleicht konsequent, das Gehalt über die gesamte Karenzzeit weiterzuzahlen. Das bedeutet volles Gehalt für die Karenzzeit. Wie absurd ist das denn?

(Beifall PIRATEN)

Derjenige Minister, der also einen Interessenkonflikt eingeht, indem er sich genau den Job aussucht, bei dem ein Interessenkonflikt besteht, bekommt für zwei Jahre sein volles Gehalt. Der Minister, der nach seiner Entlassung zwei Jahre vergeblich nach einem neuen Job sucht, bis er einen vollkommen unverfänglichen Job gefunden hat, der bekommt nur halbes Gehalt. Daran merkt man, dass dieser Vorschlag genauso unausgegoren ist wie viele andere Vorschläge des Ministerpräsidenten.

(Beifall PIRATEN und Volker Dornquast [CDU])

Deshalb möchte ich appellieren, Herr Kollege Kubicki: Lassen Sie uns erst einmal darüber gründlich Gedanken machen, in welchen Fällen wir die Karenzzeit brauchen, weil Interessenkonflikte bestehen. Ich denke, das ist hier viel zu breit in den Raum gestellt worden. Es geht um ein sehr begrenztes Feld. Lassen Sie uns das erst einmal definieren, bevor wir uns in einem nächsten Schritt darüber Gedanken machen, wie hoch das Übergangsgeld in diesen Fällen sein muss.

(Beifall Volker Dornquast [CDU] und Klaus Jensen [CDU] - Martin Habersaat [SPD]: Frenetischer Jubel aus der eigenen Fraktion!)