Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrages zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2014

11.07.2014

Rede in der Landtagssitzung am 11. Juli 2014

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Je größer die Risse in der „Küstennebelkoalition“, desto enger rückt die Opposition zusammen.

(Lachen SPD)

- Na ja. - Ein gemeinsamer Haushaltsantrag von allen drei Oppositionsfraktionen für mehr Lehrerstellen ist kein alltägliches Ereignis. Sie machen es uns in der Tat aber auch einfach, denn Sie begnügen sich damit, weniger Lehrerstellen abzubauen, als es ein fünf Jahre alter Plan aus der Finanz- und Wirtschaftskrise vorsieht. Viel tiefer kann man die Messlatte für gutes Regieren aber auch wirklich nicht legen.

(Beifall CDU und FDP)

Ganz abenteuerlich wird es aber, wenn man sich wirklich einmal die Frage des Kollegen Garg stellt: Wie sind Sie eigentlich auf 228 Stellen gekommen? Man kann es sich bildlich richtig vorstellen. Da haben die Koalitionäre in der Koalitionsrunde zusammengesessen, konfrontiert mit der Oppositionsforderung nach einem Nachtragshaushalt,

(Lachen SPD und SSW)

und lag der Deckungsvorschlag von 4,75 Millionen € der Finanzministerin auf dem Tisch. Dann haben Sie den Taschenrechner gezückt und nachgerechnet: 4,75 Millionen € durch 20.000 € pro Lehrerstelle für fünf Monate macht 228. Das war Ihre Rechenlogik.

(Beifall CDU)

Da gab es keine bildungspolitischen Inhalte, da gab es keine Bedarfsanalyse, allein der Taschenrechner hat bei Ihnen bestimmt, wie viele Stellen Sie schaffen wollen.

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Herr Abgeordneter Koch, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Rasmus Andresen?

Tobias Koch [CDU]:
Sehr gern. Ich hätte sonst eh Probleme mit meiner Redezeit bekommen.

Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Vielen Dank. Da helfe ich Ihnen doch gern. Die Finanzministerin hat Ihnen auch schon zwei Minuten mehr zur Verfügung gegeben. Vielleicht nehmen Sie das dann mit in Ihre Bewertung der Arbeit. Zunächst wollte ich einmal feststellen, dass Sie gerade davon gesprochen haben, dass Sie 400 mehr Stellen schaffen. Da uns Ihr Fraktionsvorsitzender vorgeworfen hat, dass es nicht um mehr Stellen geht, sondern nur um etwas weniger Abbau, würde ich Sie bitten, das vielleicht in Ihrem Redebeitrag genau so zu verwenden. Ansonsten kann Ihnen Herr Callsen den Unterschied vielleicht noch einmal erklären. Ich habe aber eine Frage. Sie haben letzten Monat in der Plenartagung beantragt, dass die Mittel - was ich als Hochschulpolitiker erst einmal gar nicht unsympathisch finde -, die wir durch die BAföG-Millionen jetzt mehr zur Verfügung haben, zu 50 % für die Unterrichtsversorgung für die Schulen und zu 50 % für die Hochschulen eingesetzt werden sollen. Unsere Koalition hat beschlossen, fast alles in die Unterrichtsversorgung zu geben und nicht 50/50 aufzuteilen. Würden Sie mir recht geben, dass, wenn man statt 50 % deutlich mehr, nämlich 90 % oder so etwas, in die Unterrichtsversorgung steckt, es deutlich mehr ist als das, was der CDU-Antrag vorgesehen hat, nämlich nur 50 % der Mittel für die Unterrichtsversorgung einzusetzen?

(Beifall SPD)

- Herr Kollege, das Problem ist, Sie machen das nicht.

(Serpil Midyatli [SPD]: Wer sagt das?)

- Unsere 50 % sind in der Tat 400 Lehrerstellen. 400 mal 50.000 macht 20 Millionen €. Das ist die Hälfte der BAföG-Einsparungen. Diese Summe können wir jetzt zur Verfügung stellen. Sie machen mit 728 Stellen Versprechungen für die Zukunft. Das hilft den Schulen vor Ort jetzt aber nicht, weil Sie tatsächlich weiter Stellen abbauen. Sie bauen zum August 2014 Lehrerstellen ab.

(Lars Winter [SPD]: Aber wesentlich weniger!)

Das ist auch die Antwort auf Ihre erste Frage. Herr Kollege Andresen, ich war noch nicht fertig mit meiner Antwort. Wir gleichen den Abbau komplett aus. Wir bauen keine einzige Stelle ab. Sie bauen nach wie vor in diesem Jahr 137 Stellen ab. Das ist der Unterschied unserer beider Positionen.

(Beifall CDU)

Sie hätten alle Spielräume der Welt gehabt. Ich verweise auf die Kleine Anfrage, die die Landesregierung mit der Drucksache 18/2056 beantwortet hat. Schauen Sie dort einmal hinein, wenn diese auch für Sie zugänglich ist. Dann werden Sie erkennen, dass Sie selbst bei Ihrem Deckungsvorschlag, den Sie herangezogen haben, einen deutlich größeren Spielraum haben als 4,75 Millionen €. Wenn Sie die Regierung gefragt hätten und wenn Monika Heinold Ihnen das erzählt hätte, dann wüssten Sie: Von den 6,4 Millionen € für Verwaltungsgebäude in Kiel wird in diesem Jahr kein einziger Euro ausgegeben. Allein aus dieser einen Haushaltsstelle hätten Sie schon 6,4 Millionen € heranziehen können. Wir haben uns erlaubt, ein paar weitere Haushaltsstellen abzufragen, bei denen wir bei allen schon im Dezember 2013 gesagt haben: Dort wurde
im Haushalt zu viel eingestellt. Die Landesregierung lässt jetzt erkennen: Die Ausgaben werden in diesem Jahr um 120 Millionen € geringer ausfallen als im Haushalt eingestellt.

(Zuruf Ministerin Monika Heinold)

- Natürlich. Frau Ministerin, das zeigt, wir hätten einen deutlich größeren Spielraum gehabt. Sie hätten die 728 Stellen sofort schaffen können. Sie wollen nur nicht. Sie enthalten den Koalitionsfraktionen diesen Spielraum offensichtlich vor. Der Spielraum wäre da gewesen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Ganz bitter ist es für die Verkehrspolitiker. Hier werden jetzt von Ihnen investive Mittel in Gehälter umgewandelt. Das geschieht in einem Bereich, in dem wir alle gemeinsam immer klagen, es werde zu wenig investiert, die Investitionsquote sinke. Hier senken Sie die Investitionsquote noch weiter ab, statt die Chance zu nutzen und zu sagen: Wir können noch in diesem zweiten Halbjahr in die Landesstraßen investieren, wir können die Straßen winterfest machen, wir haben den finanziellen Spielraum, die Möglichkeiten sind da. Man muss nicht erst auf das nächste Jahr warten, man kann auch jetzt handeln. Das Geld dafür ist da.

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zwar um, aber Sie könnten noch eine Frage unseres Geburtstagskindes, der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Frau Eka von Kalben, beantworten.

Tobias Koch [CDU]:
Es ist mir eine Freude.

Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann geht es Ihnen im Grunde genommen nicht um mehr Stellen insgesamt, sondern um einen anderen Zeitpunkt. Sie sagen, wir sollten jetzt auch strukturell alle Mittel ausgeben, weil wir die Möglichkeiten haben. Wir sagen das nicht. Auch Sie kommen aus dem Hamburger Randgebiet. Auch Sie werden sicherlich viel Kontakt zu Ihren Schulen haben. Können Sie bestätigen, dass es gerade im Hamburger Randgebiet zurzeit an vielen Schulen freie Stellen gibt, aber keine Fachkräfte? Dies gilt insbesondere für die MINT-Fächer. Es gibt zu wenige Fachkräfte, um diese Stellen zu besetzen. Vielleicht wäre es daher gut, wenn man die Stellenbesetzung streckt?

- Frau Kollegin von Kalben, ich bemühe mich angesichts Ihres heutigen Geburtstags um eine explizit freundliche Antwort. Ich kann in der Tat bestätigen, dass es an vielen Schulen im Hamburger Randgebiet zu Stellenstreichungen kommt, obwohl die Schülerzahlen ansteigen. Mit 228 Stellen werden Sie nicht all das kompensieren können. Bei 1.000 Schulen im Land werden die 228 Stellen nicht ausreichen, um den vorgesehenen Abbau auszugleichen. Deshalb wäre es notwendig gewesen, mehr als die 228 Stellen zum jetzigen Zeitpunkt zu schaffen. Ich gebe Ihnen recht, das ist der Unterschied. Wir wollen zum jetzigen Zeitpunkt mehr Stellen, und zwar sofort, weil der Bedarf jetzt da ist und weil jetzt die Probleme an den Schulen da sind. So einfach ist das.

(Beifall CDU)

- Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie noch einmal auf das Thema Stellen eingegangen sind, aber auf meine Frage, wie man diese Stellen mit Menschen besetzt, habe ich keine Antwort bekommen. Vielleicht können wir uns dazu zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal austauschen.

Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Koch, Sie können gern auf diese Anmerkung antworten. Bitte geben Sie jedoch nur eine Antwort, Sie haben Ihre Redezeit bereits überzogen.

Tobias Koch [CDU]:
Frau Kollegin von Kalben, Sie schalten zurzeit Anzeigen für 228 Stellen.

(Zurufe SPD)

- Die Landesregierung schaltet Anzeigen für 228 Stellen. Was machen Sie, wenn Sie 300 geeignete Bewerber finden? Dann müssen Sie Bewerber abweisen. Es wäre viel klüger, von vornherein mehr Stellen zur Verfügung zu stellen und dann zu schauen, wie viele gute Bewerber man findet, als von vornherein zu sagen: Wir deckeln die Anzahl auf 228 Stellen, mehr Stellen wollen wir jetzt nicht. Das wäre eine kluge Politik.

(Beifall CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Meine Damen und Herren, die Ministerin hat knapp 5 Minuten gesprochen. Diese Zeit steht Ihnen nach unseren Vereinbarungen pro Fraktion jetzt selbstverständlich auch zur Verfügung. Ich sehe, dass Herr Abgeordneter Koch von der CDU-Fraktion als Erster davon Gebrauch machen möchte. Wir stellen die Uhr auf 4 Minuten ein und sind dann ein bisschen großzügig. - Herr Abgeordneter Koch, Sie haben das Wort.

Tobias Koch [CDU]:
Frau Ministerin, der Vorwurf war ja nicht, dass Sie uns Zahlen verheimlicht haben. Denn unsere Kleine Anfrage haben Sie ja beantwortet. Der Vorwurf war, dass Sie den Koalitionsfraktionen zu deren Koalitionsverhandlungen ja auch schon hätten sagen können, dass es nicht nur 4,75 Millionen € Deckungsvorschlag sind, sondern dass Sie die kompletten 6,4 Millionen € bei den Verwaltungsgebäuden in Kiel nicht verbauen werden und die kompletten 6,4 Millionen € als Deckung zur Verfügung standen. Unser Vorschlag sagt auch nicht, wir wollen die 90 Millionen € Puffer angreifen, wir wollen irgendwie mehr Geld ausgeben. Nein, wir wollen im Rahmen des Haushalts das Geld von einer Stelle zur anderen Stelle umschichten, um den Schulen jetzt zu helfen, mit den gleichen Mitteln, die Sie eingestellt haben, die Sie aber an vielen
Stellen nicht ausgeben werden. Wir wollen jetzt Probleme lösen und nicht erst in ein paar Jahren. Das wäre kluge Politik.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung?

Tobias Koch [CDU]:
Nein.