Redeauszug aus der Landtagssitzung vom Freitag 20. November 2009
Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Freude habe ich zur Kenntnis genommen, dass sich die SPD-Fraktion auch nach der Landtagswahl zu einer Schuldenbremse in unserer Landesverfassung bekennt.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wir machen das so, wir ändern das bei der HSH Nordbank! - Weitere Zurufe)
Aber um es mit Goethes Faust zu sagen: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."
Schließlich war es doch die SPD, die noch im Sommer dieses Jahres eine gemeinsame Verfassungsänderung der Großen Koalition abgelehnt hat_ Dabei wäre gerade die Große Koalition dafür prädestiniert gewesen, genauso wie es die Große Koalition in Berlin mit der Föderalismusreform vorgemacht hatte, In der September-Tagung des Landtags war es erneut die SPD, die dem Gesetzentwurf des Landtagespräsidenten, des Abgeordneten Kayenburg, zur Einführung einer Schuldenbremse in die Landesverfassung ihre Zustimmung verweigerte, sodass trotz der Stimmen von CDU, FDP und Grünen die erforderliche Zweidrittelmehrheit verfehlt wurde. Ich wäre deshalb auch heute noch bereit, eine Kiste Rotwein darauf zu verwetten, dass die SPD in Schleswig-Holstein am Ende einer wirksamen Schuldenbremse für unser Land nicht zustimmen wird.
(Zurufe der Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD] und Monika Heinold [BiJNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
* Aber ich lasse mich da gern eines besseren belehren.
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Die Kiste Wein steht im Protokoll!)
- Ja, die steht im Protokoll, und wenn Sie die Wette annehmen, schlage ich sofort ein.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn ich mich in diesem Punkt irren würde. Aber um es noch einmal mit den Worten aus Goethes Faust zu sagen:
„Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehen!"
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Warum macht ihr es dann nicht? Immer nur reden! - Weitere Zurufe von der SPD - Glocke des Präsidenten)
Die Schuldenbremse ist geltende Rechtslage. Gemäß Artikel 109 GG sind die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Nach Maßgabe des Artikels 143 d dürfen die Länder im Zeitraum 2011 bis 2019 von dieser Vorgabe abweichen. Die Haushalte der Länder sind dabei so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe aus Artikel 109 erfüllt wird.
Das ist nicht nur eine rechtliche Vorgabe des Grundgesetzes, sondern für uns Christdemokraten ist diese Begrenzung der Staatsverschuldung zuallererst eine moralische Verpflichtung.
(Beifall der Abgeordneten Heike Franzen [CDU] und Hans Hinrich Neve [CDU])
Eine immer weiter steigende Staatsverschuldung nimmt unseren Kindern und Enkeln jeglichen Entscheidungsspielraum, da sie von den Zinslasten schlichtweg erdrückt werden.
Darüber hinaus hat uns die Finanzmarktkrise drastisch vor Augen geführt, was passiert, wenn eine Kreditblase in sich zusammenfällt. Wenn Gleiches mit der immer weiter aufgeblähten Staatsverschuldung geschehen sollte, dann besteht der einzige Unterschied darin, dass es dann niemanden mehr gibt, der einen Rettungsschirm aufspannen kann.
(Beifall des Abgeordneten Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nicht zuletzt deshalb hat uns der Vorstand der Bundesbank beim Besuch des Finanzausschusses im Juli dieses Jahres die große Bedeutung der Schuldenbremse für das Vertrauen der Märkte deutlich gemacht.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP haben wir uns deshalb klar zu den Zielen bekannt, ab dem Jahr 2020 den Landeshaushalt grundsätzlich ohne neue Schulden aufzustellen und bis dahin den Konsolidierungspfad einzuhalten. Eine entsprechende Änderung der Landesverfassung wollen wir bis Mitte nächsten Jahres vornehmen.
Im Koalitionsvertrag können Sie auch nachlesen, dass wir vereinbart haben, die vom Landtag beschlossene und in Vorbereitung befindliche Klage nur dann weiterzuverfolgen, wenn diese Verfassungsänderung beschlossen wird. Alle Fraktionen, die Bedenken gegen den Eingriff des Bundes in die Haushaltshoheit des Landes haben, sind deshalb jetzt dazu aufgerufen, für eine verfassungsrechtliche Klarstellung in unserer eigenen Landesverfassung zu sorgen, damit die Klage aufrechterhalten bleibt.
Anderenfalls - um das auch ganz deutlich zu sagen - werden wir mit unserer Mehrheit als Regierungsfraktion die Klage zurücknehmen, da wir nicht riskieren werden, dass Schleswig-Holstein am Ende ohne Schuldenbremse dasteht - weder in der Landesverfassung aufgrund einer unter Umständen fehlenden Zweidrittelmehrheit in diesem Hause noch im Grundgesetz aufgrund einer möglicherweise erfolgreichen Klage.
Eine Regelung auf Landesebene brauchen wir im Übrigen auch deshalb, um die Ausnahmeregelungen, die uns das Grundgesetz lässt, überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Die Berücksichtigung einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung ebenso wie von Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen ist nur bei entsprechenden landesrechtlichen Regelungen zulässig. Ansonsten gilt ab 2020 das strikte Neuverschuldungsverbot des Grundgesetzes.
Dem Antrag der SPD-Fraktion stellen wir heute einen eigenen Antrag der Regierungsfraktionen gegenüber.
(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In dem nichts drin steht!)
Der erste Punkt des SPD-Antrags ist bereits durch den Bericht der Landesregierung erledigt. Wie wir gemerkt haben, richtete er sich aber auch an den falschen Adressaten, denn nicht die Landesregierung klagt gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz, sondern der Landtag selbst, wie dieses Haus im September beschlossen hat. Das sollte die SPD eigentlich wissen, denn sie hat diese Beschlussfassung selbst herbeigeführt.
Auf den dritten Punkt des SPD-Antrags haben wir in unserem Antrag deshalb verzichtet, weil wir es im Hinblick auf die erforderliche Zweidrietelmehr für zielführender halten, anstelle eines Regiemngsentwurfs einen gemeinsamen Gesetzentwurf der Fraktionen auf den Weg zu bringen. Wir sind deshalb bereits dabei, den Text einer solchen Verfassungsänderung zwischen den Fraktionen von CDU und FDP abzustimmen und werden in Kürze - das sage ich hiermit zu - auch auf die anderen Fraktionen zukommen.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
- Vielen Dank, Frau Kollegin Heinold.
In der zeitlichen Abfolge sind wir uns dabei vollkommen einig. Auch nach unserer Vorstellung sollte ein solcher Gesetzentwurf spätestens in der Januar-Tagung in erster Lesung beraten werden, damit nach der anschließenden ausführlichen Ausschussberatung die zweite Lesung spätestens im Juni 2010 erfolgen kann.
Mit dem zweiten Punkt des SPD-Antrages stimmen wir grundsätzlich überein. Wir brauchen einen Plan für die Haushaltskonsolidierung bis 2020. Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, eine entsprechende Projektion der Einnahme- und Ausgabeentwicklung zeitnah vorzulegen.
Die mittelfristige Finanzplanung ist dabei aus zweierlei Gründen nur bedingt hilfreich. Zum Einen umfasst sie lediglich einen Fünfjahreszeitraum, wir aber müssen bis zum Jahr 2020 schauen. Zum Anderen liefert erst die Mai-Steuerschätzung des nächsten Jahres aktuelle Daten über die prognostizierte Steuerentwicklung der kommenden Jahre. Die jetzt vorliegende November-Steuerschätzung konkretisiert lediglich die Prognose für das laufende und für das kommende Haushaltsjahr. Auch die Auswirkungen möglicher Änderungen der Steuergesetzgebung sind in der November-Steuerschätzung bekanntlich noch nicht berücksichtigt.
Unser Antrag sieht deshalb vor, dass auf Grundlage der Mai-Steuerschätzung 2010 der langfristige Abbaupfad zum Abbauen einer Schuldenbremse definiert wird und darauf aufbauend die mittelfristige Finanzplanung vorgelegt wird. Ich bitte deshalb um Zustimmung zum Antrag von CDU und FDP.
(Beifall bei CDU und FDP)
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