Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes

18.06.2010

Redeauszug aus der Landtagssitzung vom Freitag, 18. Juni 2010

Tobias Koch [CDU]:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute in zweiter Lesung über eine Änderung des Sparkassengesetzes beraten, dann geschieht dies nach intensiven Diskussionen, die ihren Ursprung bereits in der letzten Wahlperiode haben. In der Zwischenzeit sind in unserer Sparkassenlandschaft nicht unerhebliche Entwicklungen eingetreten, die bei der ersten Debatte im Jahr 2007 noch nicht absehbar waren, nunmehr aber eine Änderung des Sparkassengesetzes umso mehr notwendig machen.
Durch die Finanzmarktkrise sind die Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung von Kreditinstituten besonders deutlich geworden. Als logische Konsequenz hieraus sind spätestens im Rahmen von Basel III verschärfte Eigenkapitalanforderungen für alle Banken und somit auch für unsere Sparkassen zu erwarten. Eine Heraufsetzung der Mindestkernkapitalquote von 4 % auf 8 % ist dabei im Bereich des Möglichen.

(Ulrich Schippels [DIE LINKE]: Konjunktiv!)
Für die Sparkassen in Schleswig-Holstein kommt erschwerend hinzu, dass sie von der Entwicklung bei der HSH Nordbank im Rahmen ihres Minderheitsanteils betroffen sind.
Die „Financial Times Deutschland“ berichtet mit Datum von 9. Juni 2010, dass der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein inzwischen die letzten Reserven einsetzen musste, um seine Mitgliedssparkassen vor weiteren Abschreibungen auf die Anteile an der HSH Nordbank zu bewahren.
Auch wenn eine unmittelbare Gefährdung einzelner Sparkasse damit nicht verbunden sein dürfte, so wird doch deutlich, dass jede weitere Beeinträchtigung - zum Beispiel durch das laufende EU-Verfahren bezüglich des Aktienkurses bei der Kapitalerhöhung 2009 - auf die Sparkassen durchschlagen wird, da der Verband bereits jetzt an die Grenzen des Machbaren gegangen ist.
Damit aber nicht genug der Probleme - auch hausgemachte Fehler lasten schwer auf unseren Sparkassen und haben die beiden größten Sparkassen unseres Landes zu Stützungsfällen werden lassen. Allein für die Rettung der Nord-Ostsee-Sparkasse wird nach Presseberichten mittlerweile von einem Kapitalbedarf in Höhe von 150 Millionen € ausgegangen. Wie wir feststellen müssen, ist selbst der bundesweite Haftungsverbund aller Sparkassen nicht mehr willens, diese Belastung allein zu tragen. Stattdessen wird eine Beteiligung der Träger in zweistelliger Millionenhöhe eingefordert, obwohl eine Haftung der Träger nach geltendem Sparkassengesetz ausgeschlossen ist.
Durch die Stützungsmaßnahme und die anschließend notwendige Wiederauffüllung des Stützungsfonds sind aber auch alle übrigen Sparkassen in Schleswig-Holstein betroffen. Dabei geht es für einzelne Sparkassen ebenfalls um zweistellige Millionenbeträge.
Wer diese äußeren Umstände ignoriert und daraus keinen Handlungsbedarf ableitet, sondern wie die Opposition vollmundig verkündet, das Beste in dieser Situation sei es, nichts zu tun, der ist entweder blind oder grob fahrlässig.
(Beifall bei CDU und FDP)
Wer so handelt, trägt auf jeden Fall Mitschuld an jeder weiteren Schieflage einer schleswig-holsteinischen Sparkasse, die mit den neuen Möglichkeiten dieses Gesetzes hätte verhindert werden können.

(Zurufe von der SPD)
Als CDU-Fraktion wollen wir die Eigenkapitalausstattung unserer Sparkassen deshalb stärken, damit sie im Wettbewerb bestehen können, damit sie die heimische Wirtschaft ausreichend mit Krediten versorgen und damit sie auch zukünftig ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag gerecht werden.
Mit unserer Gesetzesinitiative schaffen wir dazu die Möglichkeit von Minderheitsbeteiligungen innerhalb der Sparkassenfamilie und ihrer Träger. Damit fließt zwar kein neues Eigenkapital in das System, aber unsere schleswig-holsteinischen Sparkassen haben zukünftig die Möglichkeit, innerhalb des Systems zusätzliches Eigenkapital von anderen Sparkassen mit einer besseren Eigenkapitalausstattung zu erhalten. Das dient den Interessen unseres Bundeslandes.
(Beifall bei CDU und FDP)
Die vorliegende Gesetzesinitiative haben wir sehr sorgfältig beraten.
(Ulrich Schippels [DIE LINKE]: Ha, ha!)
In schriftlicher und mündlicher Anhörung, Herr Kollege Schippels, wurden juristische Sachverständige, Vertreter von Kammern und Verbänden, einzelne Sparkassen sowie der Sparkassen- und Giroverband in die Gesetzesberatung einbezogen. Gestatten Sie mir den Hinweis in Hinblick auf den nächsten Tagesordnungspunkt: Ich glaube, wir haben wirklich ein mustergültiges Verfahren praktiziert. Es ist bedauerlich, dass die Opposition nach dem Motto verfährt: „Augen zu und durch“, keine Anregungen aus den Anhörungen zur Kenntnis nimmt und stur bei ihrer ablehnenden Haltung bleibt.
(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben die Anhörungsergebnisse, Frau Kollegin Heinold, sehr gründlich ausgewertet und auch abgewogen.
(Zuruf des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])
Wir haben das gründlich ausgewertet und abgewogen. Darüber hinaus haben wir als CDU-Fraktion zahlreiche weitere Gespräche mit dem Sparkassen- und Giroverband geführt bis in die letzten Tage hinein.
(Zuruf des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])
Lassen Sie mich an dieser Stelle daran erinnern, dass wir bereits vor Einbringung des Gesetzentwurfs die maximale Höhe der Minderheitsbeteiligung von ursprünglich 49,9 % auf 25,1 % reduziert haben.
(Ulrich Schippels [DIE LINKE]: Oh!)
Darüber hinaus haben wir schon damals die Höchstzahl der beteiligten Vertreter im Verwaltungsrat auf drei begrenzt, um die Mehrheit des kommunalen Trägers im Verwaltungsrat sicherzustellen.
(Beifall bei CDU und FDP)
Außerdem haben wir dafür Sorge getragen, dass die Pflicht zur gemeinnützigen Verwendung von Ausschüttungen der Sparkasse an den Träger auch künftig erhalten bleibt.
Mit dem von CDU und FDP eingebrachten Änderungsantrag haben wir die Hinweise aus dem juristischen Teil der Anhörung aufgegriffen. Dabei wurde deutlich gemacht, dass Artikel 345 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Eigentumszuordnung in private oder öffentliche Trägerschaft der ausschließlichen Entscheidung der einzelnen Mitgliedstaaten überlässt.
Indem wir den Kreis der zulässigen Beteiligten auf den öffentlichen Sektor eingrenzen, vermeiden wir jeglichen Konflikt mit der Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb der Europäischen Union. Zu diesem Zweck haben wir mit unserem Änderungsantrag die Kriterien für den öffentlichen Sektor noch einmal verschärft, um jede Möglichkeit einer Privatisierung auszuschließen.
(Zuruf: Jede Möglichkeit?)
Und selbst für den Fall, dass der Europäische Gerichtshof bei der Einordnung eines zukünftigen Beteiligten zu einer anderen Rechtsauffassung gelangen sollte, ist mit der eingebauten Rückabwicklungsklausel dafür Vorsorge getroffen.
Um sicherzustellen, dass gerade auch diese Klausel allen materiellen Anforderungen genügt, bedarf der abzuschließende öffentlich-rechtliche Vertrag außerdem nunmehr der Genehmigung durch das Innenministerium.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Kombination dieser Änderungen stellen wir die Europarechtskonformität des Gesetzes sicher. Auch der Ministerpräsident kann heute mit gutem Gewissen zustimmen und die von ihm gegebene Zusage einhalten.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ja nun gerade nicht!)
Eine wichtige inhaltliche Änderung bezieht sich auf den Fall, dass die Aufnahme eines Beteiligten nicht auf dem Wege der Einlage von zusätzlichem Stammkapital, sondern durch die Übertragung von Anteilen am Stammkapital erfolgt. Für diesen Fall ist nunmehr vorgeschrieben, dass in Höhe des vereinbarten Wertausgleichs für die Dauer von mindestens zehn Jahren eine stille Einlage bei der Sparkasse zu begründen ist. Damit ist sichergestellt, dass die Einbeziehung eines Beteiligten auf jeden Fall mit einer Stärkung der Eigenkapitalbasis der Sparkasse einhergeht, entweder in Form einer Aufstockung des Stammkapitals oder in Form einer zusätzlichen stillen Einlage.
Die gefundene Regelung mag vielleicht nicht der Optimalvorstellung der Sparkassen entsprechen. Aber, meine Damen und Herren, erst die ganze Zeit zu kritisieren, das Gesetz könne unter Umständen dazu führen, dass das Kapital nicht der Sparkasse, sondern dem Kreishaushalt zugutekommen würde, und anschließend den von uns gefundenen Kompromiss damit abzulehnen, dass wir den Sparkassen Kapital aufdrängen würden, ohne dass hierfür vonseiten der Sparkassen ein Bedarf bestünde, das ist schon eine sehr eigenwillige Umkehrung der bisherigen Argumentation.
(Beifall bei CDU und FDP)
Ausdrücklich ausgeschlossen haben wir eine Anordnung des Innenministeriums, mit der Einträge aus Haushaltsgründen zur Bildung und Übertragung von Stammkapital angewiesen werden. Damit auch zukünftig die Gewinne der Sparkasse zur Stärkung ihres Eigenkapitals genutzt werden, schreibt das Gesetz vor, dass mindestens ein Drittel des Jahresüberschusses in die Rücklagen eingestellt werden muss. Ausschüttungen aus dem verbleibenden Teil des Jahresüberschusses können nur insoweit vorgenommen werden, als dass sie nicht ebenfalls für eine Stärkung der Rücklagen benötigt werden.
Meine Damen und Herren, alle diese beschriebenen Änderungen sind keine Nachbesserungen, es sind Verbesserungen, die nicht zuletzt aus zahlreichen Gesprächen mit dem Sparkassen- und Giroverband resultieren.
(Wolfgang Baasch [SPD]: Warum haben Sie das dann geändert?)
Mein Dank gilt deshalb allen Kolleginnen und Kollegen, die daran in den vergangenen Wochen und Monaten mitgewirkt haben. Ebenso möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die uns während dieser Zeit mit Hinweisen und Anregungen, aber auch mit sachlicher Kritik begleitet haben.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU)
Lassen Sie uns mit der heutigen Verabschiedung der Gesetzesnovelle dafür sorgen, dass unsere Sparkassen auch in Zukunft über ausreichend Eigenkapital verfügen und damit ihren Kreditgeschäften zur Förderung der heimischen Wirtschaft uneingeschränkt nachgehen können. Es geht darum, unsere öffentlich-rechtlichen Sparkassen zu stärken, damit sie als regional selbstständige Institute erhalten bleiben.
(Beifall bei CDU und FDP)