Redeauszug aus der Landtagssitzung vom Mittwoch, 08. September 2010
Gemeinsame Beratung
a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer
b) Erste Lesung des Entwurfs eines Haushaltsgesetzes zum Haushaltsplan 2011/2012
c) Erste Lesung des Entwurfs eines Haushaltsbegleitgesetzes zum Haushaltsplan 2011/2012
d) Zukunft finanzieren - Steuereinnahmen steiger
e) Finanzplan des Landes Schleswig-Holstein 2010 bis 2014
Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte nicht erwartet, hier heute direkt nach dem Oppositionsführer zu sprechen. Aber wer ahnt auch schon, dass Herr Stegner jetzt alle Redebeiträge der SPD selber hält.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Mit der heutigen Lesung des Haushaltsgesetzes stehen wir erst am Anfang der parlamentarischen Beratungen zum Doppelhaushalt 2011/2012. Doch bevor diese Beratungen überhaupt begonnen haben, hat die Kollegin Heinold als finanzpolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einmal schnell zum Taschenrechner gegriffen, kurz nachgerechnet und anschließend ein vernichtendes Urteil über die Regierungsvorlage gefällt, welche sie dann auch umgehend der Presse in die Feder diktiert hat.
(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hilft manchmal!)
- Manchmal, aber in diesem Fall mit Sicherheit nicht, wie Sie sehen werden.
Das Urteil der Kollegin Heinold lautet: Die Landesregierung verschweige den Ernst der Lage. Finanzminister Wiegard rechne sich reich, und dem Papier mangele es schlicht an Transparenz.
(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
- So ist es nachzulesen in der Presseerklärung und in der anschließenden Berichterstattung in den „Kieler Nachrichten“. Wenn Sie da falsch zitiert sein sollten, Frau Kollegin Heinold, dann nehme ich das zurück, aber so ist es nachzulesen, in den „Kieler Nachrichten“. Ich habe das Zitat dabei, ich könnte es Ihnen noch einmal vortragen. Das ist sogar in Anführungsstriche gesetzt, Frau Kollegin.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
„Wiegard rechnet sich die Zahlen schön“.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reich! Das ist ein Unterschied zu „schön“! – weitere Zurufe)
- In der Überschrift heißt es auch „schön“. Gut. Den Punkt mag ich Ihnen noch zugestehen, ob „reich“ oder „schön“, der Punkt geht an Sie. Mir reicht es, wenn ich bei den restlichen Punkten heute recht behalte.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Heiterkeit)
Meine Damen und Herren, auf Seite 1 des Finanzplans wird die Entwicklung der Verschuldung des Landes seit dem Jahr 1990 aufgezeigt, und zwar nicht nur des offiziellen Landeshaushaltes, sondern inklusive aller Schattenhaushalte bei der Liegenschaftsgesellschaft, bei der Beteiligungsgesellschaft und bei der Krankenhausfinanzierung - alles Schattenhaushalte, die zur rot-grünen Regierungszeit geschaffen worden sind.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür haben wir Sie gelobt!)
Das nenne ich ein Höchstmaß an Transparenz, wenn Ihre Schattenhaushalte hier transparent dargestellt werden.
(Beifall bei CDU und FDP)
Seite 6 des Finanzplans führt uns vor Augen, dass zu rot-grüner Regierungszeit die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein im Rahmen der Gewährträgerhaftung mit sagenhaften 168 Milliarden € für die HSH Nordbank gerade gestanden haben. Der schleswig-holsteinische Anteil daran entsprach mehr als dem Zehnfachen des kompletten Landeshaushaltes zu rot-grüner Regierungszeit. Auch das ist ein Höchstmaß an Transparenz. Ich kann diese Aufzählung jetzt beliebig weiter fortsetzen.
Auf Seite 12 ist gut zu sehen, wie zu rot-grüner Regierungszeit Investitionen gekürzt und stattdessen konsumtive Ausgaben erhöht wurden. Die Seiten 13 und 14 zeigen, wie es durch die Steuersenkungspolitik der rot-grünen Bundesregierung dazu kam, dass trotz eines kontinuierlichen Wirtschaftswachstums die Steuereinnahmen in Schleswig-Holstein seit 1998 stetig gefallen sind und im Jahr 2004 über 300 Millionen € niedriger lagen als sechs Jahre zuvor.
(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])
An dieser Transparenz war der Kollegin Heinold offenbar nicht gelegen. Wir zumindest können feststellen, dass dieser vorgelegte Finanzplan ein Höchstmaß an Transparenz schafft.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist alles von uns gelobt worden!)
Wer sich dann die Projektionen des Finanzplans für den Zeitraum ab 2020 anschaut, der wird auch dort eine äußerst besorgniserregende Entwicklung ablesen können. Darauf ist heute Morgen schon eingegangen worden. Die Zinsausgaben des Landes, ebenso wie Personalkosten inklusive Pensionszahlungen, schnellen empor. 600 Millionen € mehr an Zinslasten und fast 700 Millionen € mehr an Personalkosten. Angesichts dieser Dramatik kann wahrlich keine Rede davon sein, dass hier der Ernst der Lage verschwiegen und sich der Finanzminister diese Zahlen schön rechnen würde. Das kann man nun wahrlich nicht sagen. Der Vorwurf ist hier vollkommen haltlos.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weiter!)
Erschwerend kommt hinzu - das ist heute Morgen deutlich gemacht worden -, dass die dargestellte Entwicklung einer politischen Beeinflussung weitgehend entzogen ist. Es sind unvermeidbare Belastungen aus der Vergangenheit, die hier hochzurechnen sind auf die Zukunft, an denen sich aber wenig ändern lässt, wenn die Zahl der Versorgungsempfänger allein in den nächsten zehn Jahren um 10.000 Personen zunimmt.
Meine Damen und Herren, an welcher Stelle rechnet sich der Finanzminister die Darstellung seiner Zahlen schön? Wenn man der Einschätzung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN folgt, dann tut er dies bei den kalkulierten Steuereinnahmen. Ich will gern versuchen, da ein wenig für Aufhellung zu sorgen. Der für das Jahr 2020 berechnete Wert von rund 9 Milliarden € ergibt sich, wenn man die Steuereinnahmen im Falle einer konjunkturellen Normallage zuzüglich Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisung und KFZ-Steuer-Kompensation mit einer jährlichen Rate von 2,5 % fortschreibt. Diese Wachstumsrate liegt unterhalb des langfristigen Durchschnitts der Wachstumsrate in Höhe von 2,7 % -das ist der Seite 33 zu entnehmen. Sie wird selbst von den Grünen als realistisch angesehen. 2,5 %, sagt Frau Heinold, das ist in Ordnung, das ist realistisch.
Wenn Frau Heinold ihren Taschenrechner bemüht, kommt sie dennoch zu einem ganz anderen Ergebnis. Woran liegt das nun? Das liegt daran, dass Frau Heinold für ihre Berechnungen einzig und allein auf die Tabelle der Seite 43 abstellt und dort auch nur eine einzige Zeile nimmt, nämlich die erste Zeile der Steuereinnahmen. Aufgrund dieser isolierten Betrachtung kommt sie dann zu ihrer Schlussfolgerung. Auf diese eine einzige Zeile bauen Sie Ihre gesamte Argumentation auf, die Sie der Landesregierung vorhalten.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist die Zeile denn falsch? - Wolfgang Kubicki [FDP]: Nicht ausreichend!)
- Nein, aber Ihre Berechnungen und Schlussfolgerungen sind falsch, Frau Kollegin Heinold.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Steigerung von 4,1 % werden Sie wohl nicht bestreiten!)
- Das ist falsch. Sie übersehen dabei nämlich gleich drei Dinge auf einmal, Frau Kollegin. Drei Dinge auf einmal, das gibt es offensichtlich nicht nur beim Überraschungsei, sondern offensichtlich auch bei Ihrer Haushaltsanalyse.
Erstens stellen Sie bei Ihrer Berechnung allein auf die reinen Steuereinnahmen ab, auf die erste Zeile.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht ja drin!)
Im Finanzplan steht, dass sich die Wachstumsrate von 2,5 % auf die Gesamtsumme der Steuereinnahmen inklusive Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen und Kfz-Steuerkompensation bezieht. Das heißt, Sie müssen zu der von Ihnen verwendeten ersten Zeile weitere 320 Millionen € Kfz-Kompensation aus der dritten Zeile - Sonstige Erträge - hinzurechnen, und Sie müssen aus der vierten Zeile 220 Millionen € Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungsweisungen hinzurechnen, um die Gesamtsteuereinnahmen zu erfassen und auf dieser Basis die Steigerungsrate zu berechnen.
(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Weitere Zurufe)
Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese:
Herr Abgeordneter Koch, einen Moment. - Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Koch.
Tobias Koch [CDU]:
Frau Heinold, das war der erste von drei Fehlern. Meine Rede ist noch nicht zu Ende. Wir stellen fest: nicht die Gesamtheit der Steuereinnahmen. Sie haben rein die Steuereinnahmen, die dem Land direkt zufließen, ohne Länderfinanzausgleich, ohne Bundesergänzungszuweisung und ohne Kfz-Kompensation berechnet.
Der zweite Fehler, den Sie bei Ihrer Berechnung machen, ist, dass Sie auf die erwarteten Steuereinnahmen des Jahres 2010 als Ausgangsbasis abstellen und diese mit den Steuereinnahmen des Jahres 2020 bei konjunktureller Normallage vergleichen und dann die prozentuale Entwicklung ausrechnen. Da begehen Sie aber einen systematischen Fehler. Wir haben nämlich im Jahr 2010 weiß Gott keine konjunkturelle Normallage. Die Schuldenbremse geht aber von einer konjunkturellen Normallage aus. Das heißt, Sie müssen die Berechnungsbasis, mit der Sie die Berechnung beginnen, um diesen ermittelten Konjunktureffekt von 500 Millionen € bereinigen.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)
Sonst können Sie anschließend nicht mit Durchschnittsprozentsätzen weiterrechnen.
Wir haben also folgende Situation: Wir haben die 5,55 Milliarden €, die Sie genommen haben. Hinzu kommen 540 Millionen € Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen und Kfz-Kompensation. Dann sind wir bei 6.090.000 €. Hinzu kommt der Konjunktureffekt in Höhe von 500 Millionen €. Dann sind wir genau bei den 6.590.000 €, die Sie in der Grafik auf Seite 31 als Ausgangsbasis finden. 6.590.000 €.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Dieser Ausgangswert - das ist die richtige Bemessungsgrundlage - wird mit einer jährlichen Wachstumsrate von 2,5 % bis zum Jahr 2020 fortgeschrieben. - Alles mit dem Taschenrechner nachzurechnen.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
6,589 mal 1,02510 ergibt 8,5 Milliarden € im Jahr 2020. 8,5 Milliarden €.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Können Sie das nachvollziehen, oder soll er das noch einmal erklären?)
Das war der zweite Fehler, die Nichtberücksichtigung des Konjunktureffektes.
Aufgrund dieser beiden Berechnungsfehler, die Sie in Ihrer Berechnung vornehmen, kommen Sie zu dem vollkommen abwegigen Ergebnis, dass Steuererhöhungen in Höhe von 1,2 Milliarden € nicht einkalkuliert wären.
Das Problem ist nicht, dass wir eine Haushaltslüge präsentieren.
(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben doch Sie gesagt!)
Das Problem ist einfach: Sie haben immer wieder, monatelang, eine neue Zehn-Jahres-Finanzplanung gefordert. Jetzt, wo eine solche Planung erstmals vorliegt, kommen Sie mit der neuen Systematik noch nicht zurecht. Das ist nicht so dramatisch. Das kann man sich alles erklären lassen. Aufgrund der spontanen ersten eigenen Analyse hier einen derartigen Vorwurf zu erheben, fand ich heute Morgen schon sehr bedauerlich.
Denn es sind nicht 1,2 Milliarden € Steuererhöhungen. Wenn man auch hier genau nachliest und sich nicht nur die Tabelle anschaut, sondern auch den ergänzenden Text, finden Sie auf Seite 31 den Hinweis, dass die Regierung davon ausgeht, dass ab dem Jahr 2013 - letzter Absatz, Modell B - die vorgenommene Absenkung der Steuerbasis aus den Jahren 2008 und 2009 wieder aufgeholt wird. Wie aus der Tabelle auf Seite 27 hervorgeht, handelt es sich hierbei für Schleswig-Holstein um rund 400 Millionen €. Das sind die 400 Millionen €, die - wir waren bei 8,5 Milliarden € angelangt - noch zu den 8,9 Milliarden € fehlen, die im Jahr 2020 hier stehen.
Wir brauchen strukturelle Veränderungen von rund 400 Millionen €, mit denen die Entlastungen aus den Jahren 2008/2009 wieder aufgeholt werden. Wenn es in den beiden letzten Jahren möglich war, Steuererleichterungen in dieser Größenordnung zu gewähren, um damit der Wirtschaftskrise entgegenzuwirken und Wachstumsimpulse zu setzen, ist es sicherlich angemessen und plausibel, nach dem erwarteten Ende der Krise in gleichem Umfang Steuerleichterungen wieder abzubauen. Dann können Sie sich daran ergötzen und daran erfreuen, dass es aus heutiger Sicht Steuererhöhungen sind.
Ich sage Ihnen aber: Wenn der Bürger im Jahr 2017 in dem gleichen Maß steuerlich belastet ist, wie er es zehn Jahre vorher, im Jahr 2007, nämlich vor der Krise, war, also die steuerliche Belastung im Jahr 2017 genauso hoch ist wie im Jahr 2007, würde ich nicht von Steuererhöhungen spreche. Aber wenn das für Ihre Ideologie notwendig ist, dann tun Sie das. Ich will Sie dann gar nicht davon abhalten.
(Beifall bei CDU und FDP)
Sie sehen, Herr Kollege Habeck, Sie haben heute Morgen auf Basis Ihrer eigenen fehlerhaften Berechnungen die moralische Keule geschwungen und uns Unehrlichkeit und Haushaltslüge vorgeworfen. Ich bin jederzeit bereit, inhaltlich über jede einzelne Kürzungsmaßnahme, über Einnahmeverbesserungen zu diskutieren. Aber dass Sie uns hier Unehrlichkeit vorwerfen, dass Sie uns die Ehrlichkeit unserer Absicht absprechen, finde ich unanständig und auch ehrverletzend.
(Beifall bei CDU und FDP)
Wir müssen politisch nicht in jeder einzelnen Detailfrage einer Meinung sein, aber akzeptieren Sie bitte, dass wir das ehrliche, feste Bestreben haben, dieses Land zu konsolidieren, die Neuverschuldung auf null zurückzuführen, und dass wir das nach bestem Wissen und Gewissen ganz seriös tun.
(Beifall bei CDU und FDP)
Ich hoffe, auch dem Kollegen Stegner ist jetzt die Logik der Zahlen verständlich geworden.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Legt man diese Steuereinnahmeentwicklung für die nächsten zehn Jahre zugrunde, ergibt sich ganz automatisch der kommunale Finanzausgleich, der prozentual an die Steuereinnahmen des Landes gekoppelt ist. Da ferner durch die Schuldenbremse das verbleibende maximale Schuldenbudget vorgegeben ist, ergibt sich zwangsläufig das bleibende Budget für Zuweisungen und Zuschüsse. Die Finanzplanung zeigt uns wiederum, dass das Budget bis zum Jahr 2020 gegenüber dem heutigen Stand um 720 Millionen € gesenkt werden muss, aber nicht, weil das unser innigster politischer Wunsch oder Wille ist, sondern ganz einfach, weil die Rechnung ansonsten nicht aufgeht und die Vorgaben der Verfassung verfehlt würden.
An dieser Stelle will ich an die Fraktion DIE LINKE nach ihrer heutigen Rede fragen, ob sie sich überhaupt zu diesen Verfassungsvorschriften bekennen, ob sie auf dem Boden unserer Landesverfassung stehen und die Schuldenbremse nach ihren politischen Vorstellungen eingehalten wird.
(Antje Jansen [DIE LINKE]: Wir haben nicht zugestimmt! - Weitere Zurufe von der LINKEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das Grundgesetz gilt für Sie jetzt nicht, weil Sie nicht mitgestimmt haben! Das ist stark!)
- Das interpretiere ich als Nein, Frau Jansen, auf meine Frage, ob Sie die Verfassungsvorschriften nicht anerkennen.
(Antje Jansen [DIE LINKE]: Das ist ein Missverständnis!)
- Ihre heutigen Aussagen lassen anderes vermuten.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dem Grundgesetz haben Sie auch nicht zugestimmt!)
Die finanzpolitische Leistung des vorliegenden Entwurfs besteht darin, dass die ersten 270 Millionen € von diesen 720 Millionen € in den ersten beiden Jahren, 2011 und 2012, umgesetzt und exakt benannt werden. Das ist die eigentliche finanzpolitische Leistung. Für die Folgejahre hat die Haushaltsstrukturkommission ebenfalls Vorschläge unterbreitet, und zwar an den Stellen, an denen aufgrund langjähriger Vorlaufzeiten bereits heute politische Entscheidungen zu treffen sind.
Vollkommen abwegig ist es hingegen zu erwarten, dass es bereits heute möglich wäre, jede einzelne Kürzung innerhalb der nächsten zehn Jahre genau zu beziffern. Vielmehr wird des darum gehen, mit jedem weiteren Haushaltsplan die Kürzungsmaßnahmen fortzuschreiben und in dem erforderlichen Umfang umzusetzen.
Wiederum keinerlei Perspektive bietet dagegen die Konklusio der Grünen, die am Ende von Herrn Habeck gezogen wurde und die da lautete, Schleswig-Holstein könne die Schuldenbremse nicht aus eigener Kraft umsetzen. Ja, was dann, Herr Habeck? Wenn die Grünen Aufgabenkürzungen in dem erforderlichen Umfang ablehnen und gleichzeitig argumentieren, dass Einnahmeverbesserungen, die über das hinausgehen, was die Landesregierung jetzt einstellen wird, unrealistisch sind - Sie haben mit 70 Milliarden € argumentiert -, wie soll es uns dann gelingen, diese Schuldenbremse einzuhalten? Dann bleibt am Ende nur das, was uns Professor Seitz schon vor mehreren Jahren empfohlen hat, nämlich noch ein bisschen an der Förde spazieren zu gehen und die letzten schönen Jahre zu genießen. Das wäre aber die politische Bankrotterklärung. Mir scheint, die Grünen geben das Ziel einer nachhaltigen Finanzpolitik damit auf, bevor wir diesen Weg auch nur ansatzweise beschritten haben.
(Beifall bei CDU und FDP)
Zu guter Letzt kommt die Kollegin Heinold zu der Aussage, die Schuldenbremse führe, wie sie jetzt angelegt sei, in den nächsten Jahren zu einer dramatisch hohen Neuverschuldung. Diesen Satz muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Die Schuldenbremse führe zu einer dramatisch hohen Neuverschuldung. Zur Begründung verweist sie dann darauf, dass nach der alten Verschuldungsgrenze, die sich am Investitionsbegriff orientierte, die mittelfristige Finanzplanung bis mindestens 2014 verfassungswidrig sei. Das ist nun aber an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten, Frau Kollegin.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Tatsache!)
- Es ist trotzdem an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten, denn Sie wissen zum einen ganz genau: Es waren die Grünen, die bei der Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung darauf bestanden haben, dass der Investitionsbegriff
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Rauskommt!)
aus der Verfassung gestrichen wird.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU)
Sie haben den Investitionsbegriff gestrichen und argumentieren heute damit. Das nenne ich scheinheilig.
Und zum anderen: Die Schuldenbremse gibt uns lediglich das maximal zulässige Defizit vor. Niemand zwingt uns, dieses maximale Defizit auszuschöpfen. Nicht die Schuldenbremse führt zu einer hohen Neuverschuldung, sondern das, was wir daraus machen. Wenn die Grünen eine geringere Neuverschuldung in den nächsten Jahren erzielen möchten, dann müssen sie einfach weitere Ausgabenkürzungen und Einnahmeverbesserungen im Volumen von einer Milliarde € vorschlagen. Darüber können wir dann diskutieren. Dann erhalten Sie auch die Verschuldungen, wie sie bei Zugrundelegung des Investitionsbegriffes erreicht worden wären.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)
Nachdem ich mir das alles angesehen habe, bin ich jetzt schon zu dem Ergebnis gelangt, dass es den Grünen an einem schlüssigen Gesamtkonzept mangelt.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer regiert eigentlich?)
Den Weg, den Sie bisher einzuschlagen versucht haben als seriöse, als konstruktive Opposition, die sich mit in die Verantwortung stellt, haben Sie diese Woche verlassen. Sie agieren hier als reine Oppositionspartei, die nichts anderes macht als Kritikpunkte aneinanderzureihen, um die Landesregierung in ein möglichst schlechtes Licht zu setzen. Eine Lösung präsentieren sie auch nicht.
Mir scheint deshalb, die bevorstehenden Neuwahlen werfen hier bereits ihre Schatten voraus. Ich muss mit Bedauern feststellen, dass sich die Grünen mit ihren Diskussionsbeiträgen in dieser Woche deutlich an die Position von Linken und SPD in der Vergangenheit annähern.
(Zuruf der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])
Dennoch will ich gerne versuchen, hier einen versöhnlichen Abschluss meiner Rede zu finden. Frau Heinold, sehen Sie es als Wertschätzung für Ihre bisherige Arbeit an, dass ich mir so viel Zeit und Mühe gemacht habe, mich mit Ihrer Pressemitteilung auseinanderzusetzen, und meine Redezeit darauf verwendet habe, mich ausschließlich grünen Haushaltsbeiträgen zuzuwenden. Bei den Positionen von SPD und Linken, so wie sie heute hier vorgetragen wurden, erübrigt sich eine weitere Diskussion. Vielleicht können wir Herrn Stegner bei seinem parteiinternen Wettkampf ein wenig helfen, indem wir ihn hier weiter schonen. Denn auch wir drücken die Daumen, dass Sie, Herr Stegner, nächster Spitzenkandidat werden.
(Beifall bei CDU und FDP)
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