
Rede in der Landtagssitzung vom 14. September 2011
Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Die HSH Nordbank darf nicht zum Spielball im heraufziehenden Wahlkampf werden.
Im Hinblick auf die berufliche Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und angesichts der großen Bedeutung der HSH Nordbank für unseren Landeshaushalt sollten wir alle gemeinsam nicht der Versuchung erliegen, auf dem Rücken der Bank und ihrer Mitarbeiter Wahlkampf zu betreiben.
(Beifall bei CDU und FDP)
Die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem EU-Beihilfeverfahren sind nicht dazu geeignet, daraus politisches Kapital für die eine oder andere Partei zu ziehen. Mit der Rettung der HSH Nordbank im Jahr 2009 ist es gelungen, Tausende von Arbeitsplätzen zu sichern und gleichzeitig finanzielle Belastungen des Landeshaushalts aus der Gewährträgerhaftung abzuwehren. Ohne diese Rettung wäre es zur Insolvenz der Bank und damit zu dem Verlust sämtlicher damals mehr als 4.000 Arbeitsplätze gekommen. Weil aber mit dieser Rettung ein Unternehmen künstlich am Leben erhalten wurde, handelt es sich um einen beihilferechtlichen Tatbestand, der von der EU-Kommission zu genehmigen ist. Das war zu jedem Zeitpunkt jedem in diesem Hause bewusst.
Es ist daher zuallererst ein ausgesprochen erfreuliches Ereignis, dass wir nunmehr nach rund zwei Jahren die Zustimmung der EU-Kommission zu den damaligen Rettungsmaßnahmen erwarten können.
Die HSH Nordbank erhält dadurch Rechtssicherheit für ihren Fortbestand, und sie erhält die erforderliche Planungssicherheit, um sich als mittelständisch strukturierte und regional ausgerichtete Bank der Unternehmer neu aufzustellen. Unser Dank gilt deshalb zu allererst unserem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen sowie Jost de Jager als dem fachlich zuständigen Minister. Gleichermaßen gilt er aber auch dem Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz und Finanzsenator Peter Tschentscher.
Sie alle haben sich in den Gesprächen mit der EU-Kommission für genau diese Lösung eingesetzt.
Die nochmalige Reduzierung der Bilanzsumme in der Kernbank von 112 Milliarden € auf jetzt 82 Milliarden €, die Aufgabe ganzer Sparten und die Begrenzung des Geschäftsvolumens in der Schiffsfinanzierung stellen die HSH Nordbank jedoch weiterhin vor außerordentliche Herausforderungen.
Vorstand und Aufsichtsrat der Bank sind zu dem Ergebnis gelangt, dass zur Erhaltung der Ertragskraft der Bank der Abbau von weiteren 900 Arbeitsplätzen erforderlich ist. Diese Entscheidung stellt für jeden einzelnen betroffenen Mitarbeiter ein schweres persönliches Schicksalsereignis dar. Für die Stadt Kiel und die ganze Region ist das ein schmerzlicher Verlust von mehreren Hundert Arbeitsplätzen sowie der damit verbundenen Kaufkraft und Steuereinnahmen. Ich glaube, wir alle gemeinsam haben daher die Hoffnung und die Erwartung, dass dieser Personalabbau in hohem Maße sozialverträglich gestaltet wird.
Völlig zu Recht weisen wir in diesem Zusammenhang auf die im Staatsvertrag von 2003 vereinbarte ausgewogene Verteilung der Arbeitsplätze an den Standorten Kiel und Hamburg hin. Richtig ist allerdings auch, dass eine Parität an Vollzeitarbeitskräften zu keinem Zeitpunkt seit Gründung der HSH Nordbank bestanden hat, also auch nicht in den Jahren 2003 bis 2009, in denen die SPD hier Regierungsverantwortung getragen hat.
(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)
Die Diskussion über die Gleichberechtigung der Standorte darf zudem nicht den falschen Eindruck vermitteln, dass auf diese Weise ein Stellenabbau in Kiel zu verhindern wäre. Selbst wenn 2014 zum allerersten Mal an beiden Standorten eine Parität gegeben wäre, so wäre dies mit dem Abbau von rund 250 Stellen in Kiel verbunden.
Meine Damen und Herren, die Sorge um den erneuten Stellenabbau bei der HSH Nordbank darf uns zugleich nicht den Blick dafür verstellen, dass wir auch weiterhin ein hohes Maß an Verantwortung für die verbleibenden über 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Die Genehmigung der EU-Kommission ist mit der Auflage verbunden, dass die Sonderzahlung der HSH Nordbank in Höhe von 500 Milliarden € innerhalb von vier Monaten als Kapitaleinlage an die HSH Nordbank zurückfließt. Wenn wir diese Auflage nicht erfüllen, sind die Rettungsmaßnahmen von 2009 nicht genehmigt und müssen rückabgewickelt werden. Die Rückzahlung von 3 Milliarden € Kapitalerhöhung und der Verzicht auf gegenwärtig noch 7 Milliarden € Garantien würden dann aber die unmittelbare Insolvenz der HSH Nordbank und damit den Verlust sämtlicher Arbeitsplätze nach sich ziehen.
Ich sage das, weil uns bewusst sein muss, wenn wir gemeinsam zu Recht Wert darauf legen, dass im Rahmen der üblichen parlamentarischen Entscheidungsprozesse die zuständigen Gremien ausreichend beteiligt werden, dass unser Entscheidungsspielraum an dieser Stelle äußerst gering ist.
Meine Damen und Herren, der von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Änderungsantrag steht nicht in Widerspruch zum SPDAntrag, aber er stellt die beiden von der SPD isoliert aufgegriffenen Sachverhalte in einen vertieften und fundierten Zusammenhang. Ich würde mich deshalb über die Zustimmung möglichst aller Fraktionen freuen. Wir haben hier keinen inhaltlichen Dissens. Ich glaube, zum Wohle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Bank insgesamt wäre es ein angemessenes Signal, wenn wir diese Beschlussfassung heute mit breiter Mehrheit treffen könnten.
(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Weiterer Debattenbeitrag:
Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte mich zu Wort gemeldet, um die inhaltlichen Fehler des Kollegen Stegner aus seinem ersten Wortbeitrag zu korrigieren. Das hat er gerade zum Teil selber getan.
Erstens. Auch der Kollege Schippels wies völlig zutreffend darauf hin, dass Punkt 6 unseres Antrags wortgleich, deckungsgleich mit der Beschlussfassung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist, damals mit den Stimmen der SPDFraktion so verabschiedet und im Übrigen, wenn ich es richtig erinnere, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in die Ausschussberatungen eingebracht
Dem ist der Ausschuss damals so gefolgt.
Um das wiedererlangte Erinnerungsvermögen bei der SPD auch in ein Abstimmungsverhalten zu überführen, beantrage ich, über die einzelnen Punkte unseres Antrags gesondert abzustimmen. Dann können Sie zum Ausdruck bringen, dass wir das im Ausschuss gemeinsam so vertreten haben.
Der zweite Aspekt, auf den ich eingehen möchte, ist das Bezugsdatum für den Stellenvergleich.
Herr Kollege Stegner, die Fusion von Landesbank Kiel und Hamburgischer Landesbank zur HSH Nordbank wurde damals im September 2002 von den Anteilseignern beschlossen. Die damalige rotgrüne Landesregierung hat den Staatsvertrag am 4. Februar 2003 unterschrieben. Das korrekte Bezugsdatum ist also schon der 31. Dezember 2002 und nicht erst Ende 2003. Das war damals Ihre Regierungszeit. Sie werden sich daran erinnern.
Schaut man sich diese Zahl noch einmal an, die Entwicklung von Ende 2003 bis Ende 2010, stellt man fest, dass wir einen Stellenabbau haben in Hamburg von 183 Arbeitsplätzen und in Kiel von 181 Arbeitsplätzen. Also in Hamburg sind zwei Arbeitsplätze mehr abgebaut als in Kiel. Zumindest im Abbau war die Parität gewährleistet. Dass sie von vornherein nicht gegeben war, darauf ist deutlich hingewiesen worden. Das lag in Ihrer Regierungszeit, in Ihrer Verantwortung.
Dritter und letzter Punkt, Zusammenhang mit der 500-Millionen-€-Zahlung. Wir haben in der letzten Landtagsdebatte zu diesem Thema die Diskussion über die Information des Parlaments durch die Regierung gehabt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den vertraulichen Umdruck 17/2568. Ich kann daraus nicht zitieren, weil er vertraulich ist. Er ist uns allen im Juli 2011 zugegangen, also zu Beginn der Sommerpause. Darin ist uns der Auflagen- und Zulagenkatalog mit Stand vom 12. Juli 2011 übermittelt worden. Auch aus diesem Umdruck geht der Zusammenhang hervor; das ist nachlesbar.
Insofern überrascht uns das nicht, und es stellt auch keinen Erkenntnisgewinn dar. Die Regierung hat uns den Sachverhalt bereits im Juli dieses Jahres dargestellt. Daraus haben wir nunmehr die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Auch insofern liegen wir mit unserem Antrag richtig.
(Beifall bei CDU und FDP)
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