
Rede in der Landtagssitzung am 18. November 2011
Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese:
Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Tobias Koch das Wort.
Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön, dass nach dem Brief des Sparkassenpräsidenten auch die Grünen das Thema Basel III entdeckt haben. Für uns ist es nicht das erste Mal, dass wir uns über die Auswirkungen von Basel III auf die schleswig-holsteinischen Sparkassen Gedanken machen.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre auch erschreckend!)
- Bei Ihnen ist es offensichtlich so. Ich habe bereits in meiner Rede im Juni 2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen von Basel III verschärfte Eigenkapitalanforderungen für alle Banken und damit auch für die schleswig-holsteinischen Sparkassen zu erwarten seien. Unsere konkrete Antwort darauf war die Änderung des Sparkassengesetzes. Mit dem neu geschaffenen Instrument von Minderheitsbeteiligungen ermöglichen wir es gerade kapitalschwachen Sparkassen, ihr Eigenkapital zu stärken und damit die Anforderungen von Basel III zu erfüllen. Wir haben damit in unserem eigenen Zuständigkeitsbereich bereits für Lösungen gesorgt, als die Opposition noch nicht einmal das Problem erkannt hatte.
(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])
Wie die Pressenmitteilungen aus dieser Woche zeigen, hat sich daran bei der Opposition offensichtlich nichts geändert.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Weil das Gesetz nichts taugt!)
Die eventuelle Untersagung der Beteiligung der HASPA Finanzholding an der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg durch das Bundeskartellamt wird von der Opposition zum Anlass genommen - wir haben es soeben gehört -, das Sparkassengesetz insgesamt für gescheitert zu erklären. Frau Kollegin Heinold ist sich nicht zu schade dafür, aufgrund dieser möglichen Einzelfallentscheidung infrage zu stellen, dass das Gesetz insgesamt rechtlich einwandfrei sei.
(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch der Zweck!)
Herr Kollege Eichstädt entpuppt sich als multiple Persönlichkeit: im Landtag dagegen, im Kreistag dafür, in der Pressemitteilung wieder dagegen.
(Beifall bei CDU, FDP und der LINKEN)
Pech nur, dass die Opposition auf dem falschen Fuß erwischt wurde:
„Wir würden es bedauern, wenn das Kartellamt gegen die Beteiligung der HASPA Finanzholding an der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg entscheiden würde.“
Das war kein Zitat von mir. So äußerte sich der Sprecher des Sparkassen- und Giroverbandes in dieser Woche. „Wir würden es bedauern“ - das sagt der Sparkassen- und Giroverband.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Sparkassengesetz ist nicht gescheitert. Mehrere Sparkassen in Schleswig-Holstein möchten von den neuen gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch machen. Sie werden darin mittlerweile auch vom Sparkassen und Giroverband unterstützt. Die Anforderungen von Basel III machen eine Eigenkapitalverstärkung der Sparkassen dringend erforderlich. Nur die Opposition hat den Schuss noch nicht gehört.
(Beifall bei CDU und FDP)
Das vorausschauende Handeln der Regierungsfraktionen bei der Änderung des Sparkassengesetzes ändert allerdings nichts daran, dass die Regelungen von Basel III einige Ungereimtheiten aufweisen. Aus heutiger Sicht ist es absolut unverständlich, dass die Eigenkapitalanforderungen für das Kreditgeschäft heraufgesetzt werden, Staatsanleihen hingegen - als vermeintlich sichere Anlagen - davon ausgenommen bleiben. Daran merkt man, dass die Empfehlungen des Baseler Ausschusses zwar die Lehren aus der Finanzmarktkrise ziehen, die Regulierungsbehörden aber der aktuellen Staatsverschuldungskrise erneut hinterherhinken. Die Sparkassen kritisieren deshalb völlig zu Recht, dass mit Basel III Kreditrisiken gegenüber Marktrisiken aus dem Wertpapiergeschäft benachteiligt werden.
Anzumerken ist allerdings, dass auch eine Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen nicht dazu führen würde, dass die Eigenkapitalanforderungen für das Kreditgeschäft sinken. Eine Gleichbehandlung von Kredit- und Wertpapiergeschäft würde somit die befürchtete Verteuerung von Mittelstandskrediten nicht verändern können. An dieser Stelle setzt der Vorschlag an, differenzierte Eigenkapitalanforderungen in Abhängigkeit von der Institutsgröße vorzugeben. Für kleine Institute - wie Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken - würden demnach geringere Eigenkapitalanforderungen gelten als für Großbanken.
Damit überhaupt die Möglichkeit dazu besteht, Änderungen an Basel III vorzunehmen, kommt es entscheidend darauf an, ob vonseiten der EU-Kommission eine verbindliche Verordnung erlassen wird oder ob von den Mitgliedstaaten mittels einer Richtlinie die Umsetzung in nationales Recht gefordert wird. Im Rahmen einer nationalen Regelung könnte den Besonderheiten des deutschen Bankensystems mit seinem Drei-Säulen-Modell Rechnung getragen werden. Allerdings - das muss man fairerweise hinzufügen - besteht die Gefahr, dass eine solche Richtlinie in anderen EU-Mitgliedsstaaten nicht oder nur schleppend umgesetzt wird. Es könnte dann die paradoxe Situation entstehen, dass für
Großbanken in anderen Ländern nach wie vor die alten - niedrigen - Eigenkapitalanforderungen existieren, während in Deutschland zwar nach Institutsgröße differenzierte, aber insgesamt deutlich höhere Eigenkapitalanforderungen bereits beschlossen sind und somit ein Wettbewerbsnachteil für alle deutschen Banken und Sparkassen im Vergleich mit dem europäischen Ausland entsteht. Meine Damen und Herren, Sie sehen: Das Thema ist komplex. Vor diesem Hintergrund bedanke ich mich ganz herzlich bei der Landesregierung für den heutigen Bericht, in dem ihre Sichtweise aufgezeigt wird und Hinweise für das künftige Handeln gegeben werden. Die gemeinsame Initiative von Wirtschaftsminister Jost de Jager und seines bayerischen Amtskollegen hat bereits deutlich gemacht, dass sich unsere Landesregierung des Themas annimmt. Um das nachzuweisen, hätte es nicht des
Berichtsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedurft.
(Beifall bei CDU und FDP - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben sich doch gerade für den Bericht bedankt! Den hätte es doch gar nicht gegeben, wenn wir ihn nicht beantragt hätten!)
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