
Rede in der Landtagssitzung am 28. September 2012
Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Tobias Koch.
Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank für den Bericht, auch wenn er uns noch nicht viel schlauer gemacht hat als bisher. Weitere 190 Stellen sollen solidarisch von allen Ministerien abgebaut werden, um damit die zusätzlichen Lehrerstellen auszugleichen. Das klingt auf den ersten Blick finanzpolitisch solide.
Die eigentliche Meldung an dieser Aussage ist jedoch eine andere: Entgegen allen vollmundigen Ankündigungen von 700 und mehr Lehrerstellen - so nachzulesen in der Pressemitteilung der Bildungsministerin Waldtraud Wende zum Frühjahresauftakt - rückt die Landesregierung von diesem selbsterklärten Ziel ab. Statt 3.916 Lehrerstellen sollen jetzt bis zum Jahr 2020 3.706 Lehrerstellen abgebaut werden und damit nur 190 Stellen weniger als bislang vorgesehen. 190 ist jetzt Ihre Marke. Wenn Sie im kommenden Jahr zunächst 300 Lehrerstellen zusätzlich schaffen, am Ende jedoch nur 190 Stellen 2020 übrig bleiben, dann bedeutet das nach Adam Riese nichts anderes, als dass Sie ab 2014 sogar mehr Lehrerstellen abbauen werden als von CDU und FDP vorgesehen. Aber nicht nur bei den Lehrerstellen klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine große Lücke bei Ihnen, sondern die Augenwischerei geht auch bei den solidarischen Stelleneinsparungen aller Ministerien weiter. Da werden dem Innenministerium einfach einmal 75 Stellen für Betreuung aufgebürdet, dem Justizministerium 47 und dem Finanzministerium 41. Wie leicht lassen sich solche Zahlen in einer Excel-Tabelle hin- und herschieben! Aber bislang fehlt - das haben Sie gerade eingeräumt - auch nur der Ansatz von einem Konzept, wie das tatsächlich umgesetzt werden soll.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach drei Monaten!)
- Ja, ich komme noch dazu, Herr Kollege Andresen. Auf genau diesen Punkt gehe ich noch ein.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da freue ich mich!)
Das einzig Neue, was wir bislang von Ihnen gehört haben, ist, dass die Schließung der JVA Flensburg und die damit verbundenen Personaleinsparungen von der Dänen-Ampel nicht weiterverfolgt werden. Man kann gespannt sein, wie Ministerin Spoorendonk die Stelleneinsparungen ihres Hauses an anderer Stelle vollziehen will, wenn jetzt sogar noch einmal 47 Stellen dazukommen.
(Beifall CDU und FDP)
Schon die Vorgaben der alten Landesregierung waren äußerst ambitioniert, und gerade in den sensiblen Bereichen von Polizei, Justiz und Steuerverwaltung waren sie schwer genug in der Umsetzung.
(Beifall CDU und FDP)
Jetzt wird einfach noch einmal obendrauf gesattelt und man hat nicht den geringsten Schimmer davon, wie das gelingen soll.
Das war vermutlich auch der Grund dafür, weshalb diese geänderte Personalabbauplanung vom Kabinett gar nicht beschlossen, sondern lediglich zur Kenntnis genommen worden ist. Das hatten Sie sich sicherlich anders vorgestellt, Frau Ministerin. Da scheint es mit der Solidarität doch nicht ganz so weit her zu sein. Ich fürchte, es stehen Ihnen noch ganz harte Nachverhandlungen mit den einzelnen Häusern ins Haus.
Im Grunde zeichnen sich jetzt zwei Möglichkeiten ab, die allerdings gleichermaßen schlecht sind. Entweder sind diese zusätzlichen Stellenstreichungen bei Polizei, Justiz und Steuerverwaltung reine Luftbuchungen,
die die jetzt vorgesehenen zusätzlichen Lehrerstellen optisch erst einmal ausgleichen sollen. Dann wird die Landesregierung in ein paar Jahren kleinlaut einräumen müssen, dass es leider nicht gelungen ist, die Stelleneinsparungen an anderer Stelle zu realisieren. Das wäre dann allerdings katastrophal für den Landeshaushalt. Denn damit wäre der Konsolidierungspfad nicht eingehalten und die Schuldenbremse verletzt.
Die andere Möglichkeit besteht darin, dass die Finanzministerin die Personalbudgets der Ministerien einfach entsprechend kürzt, um den Personalabbau auf diesem Weg durchzusetzen. In diesem Fall ist jedoch zu befürchten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die eigentlich Leidtragenden sind, zum Beispiel, indem frei werdende Stellen nach einem längeren Zeitraum nicht nachbesetzt werden und die vorhandenen Mitarbeiter das in Form von Mehrarbeit ausbaden müssen oder indem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Beförderungen verzichten müssen, weil auch dafür dann kein Platz mehr in den gekürzten Personalbudgets ist.Schon jetzt ist zu hören, dass die Landesregierung ernsthaft überlegt hat, den turnusgemäßen Beförderungstermin bei der Polizei zum 1. Januar 2013 ausfallen zu lassen. Hört, hört!
Meine Damen und Herren, das sind genau die Befürchtungen und Sorgen, die bereits jetzt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und von den Gewerkschaften betragen werden. Mit ihrer Ankündigung hat die Landesregierung für erhebliche Verunsicherung bei Polizei, Justiz und Steuerverwaltung gesorgt.
Jetzt zu Ihnen, Herr Andresen, und zu dem kurzen Zeitraum, den Sie zur Verfügung haben
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN]: Genau!)
Bevor Sie zusätzliche Lehrerstellen schaffen und damit den Landeshaushalt für die nächsten Jahrzehnte strukturell belasten, hätten Sie zunächst einmal Ihre eigenen Hausaufgaben machen und ermitteln sollen, auf welchem Weg und wie Sie zusätzliche Stelleneinsparungen erreichen können. Sie machen den zweiten vor dem ersten Schritt. Sie geben erst das Geld für zusätzliche Stellen aus und schauen hinterher, wie die Rechnung irgendwie aufgeht. Mit Ihrer Politik stellen Sie einen weiteren ungedeckten Scheck für die Zukunft aus.
(Beifall CDU und FDP)
Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei, Justiz und Steuerverwaltung werden die Leidtragenden dieser Politik sein. Deswegen sage ich an dieser Stelle: Gutes Regieren sieht anders aus!
(Beifall CDU und FDP)
Vizepräsident Bernd Heinemann: Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Als Erster hat der Herr Abgeordnete Tobias Koch das Wort.
Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte bestärkt mich in meinen Befürchtungen. Sie haben argumentiert, heute, drei Monate
nach der Regierungsbildung, seien Sie nicht in der Lage, ein Konzept vorzulegen. Die Kollegin Herdejürgen hat uns auf den bevorstehenden Haushalt 2013 verwiesen, in dem wir das alles nachlesen könnten. Der Kollege Harms sagte gerade, es werde noch ein paar Monate dauern, bis Sie Auskunft darüber geben könnten, was heute leider noch nicht möglich sei.
Ich ging bisher davon aus, dass das Kabinett in zwei Wochen den Haushaltsentwurf beschließen will. Es bleibt Ihnen also nicht mehr viel Zeit, um monatelang darüber zu diskutieren.
(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)
Wenn Sie uns im Oktober den Haushaltsentwurf zuleiten, werden wir sehr genau schauen, ob wir darin nachlesen können, zu welchen Zeitpunkten und an welchen Stellen Sie Ihre zusätzlichen Einsparungen erbringen wollen und ob ein Teil davon schon im Jahr 2013 wirksam wird oder ob Sie das alles auf die lange Bank schieben. Im Augenblick kann ich nur vernehmen, dass Sie zusätzliche Stellen schaffen. Sie haben aber kein Konzept, wie das wieder ausgeglichen werden soll.
(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)
Das nennen Sie dann gutes Regieren und solides Handwerken. Machen Sie Ihre Hausaufgaben vorher!
Verhandeln Sie jetzt mit den Ministerien, Frau Ministerin! Werden Sie sich einig, und belassen Sie es nicht bei Solidaritätsbekundungen; denn das hilft
uns allen nicht weiter. Bloße Absichtserklärungen helfen nicht weiter, sondern Sie brauchen verbindliche Vereinbarungen, so wie es die Vorgängerregierung mit allen Ministerien gemacht hat.
(Zuruf Abgeordnete Birgit Herdejürgen [SPD])
- Nein, das Ergebnis war eine verbindliche Vereinbarung mit den Ministerien, zu welchem Zeitpunkt wie viele Stellen abgebaut werden sollen. Genau das fehlt bei Ihnen. Das ist eine Excel-Tabelle.
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Sie haben sich sicher lange Zeit gelassen!)
Der Punkt ist doch, dass Sie den zweiten Schritt vor dem ersten Schritt machen. Sie schaffen zunächst einmal Lehrerstellen und nehmen beschlossene Kürzungen bei der JVA Flensburg zurück. Sie wissen aber noch nicht, wie Sie das ausgleichen sollen. Ich gebe Ihnen ja alle Zeit der Welt. Ich kann Ihr Problem nachvollziehen. Ich kann nachvollziehen, dass das in drei Monaten nicht so einfach zu bewerkstelligen ist. Dann legen Sie sich aber doch nicht mit Mehrausgaben strukturell für die nächsten Jahrzehnte fest. Das ist doch der Punkt.
(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)
Wenn Sie uns in einem Jahr nachweisen können, dass es Ihnen gelungen ist, wie es der Herr Ministerpräsident gesagt hat, 25 % der Aufgaben abzubauen, dann ist es ein Leichtes zu sagen, dass Sie so und so viele Stellen einsparen können. Dann können Sie am bisherigen Konzept der Vorgängerregierung Veränderungen vornehmen, weil Sie selbst bewiesen haben, dass das funktioniert. À la bonheur.
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Was war denn Ihr Vorschlag im Zusammenhang mit dem Nachtrag?)
Vizepräsident Bernd Heinemann:
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Tobias Koch. Bitte benutzen Sie die Saalmikrofone.
Tobias Koch [CDU]:
Das ist aber auch eine lebendige Debatte. Ich habe es vorhin schon ausgeführt. Wenn Sie Ihre eigenen Versprechen einhalten wollen, dann sollten Sie diesen Weg gehen. Das war ein Verfahrenshinweis, um Ihnen zu helfen, Ihre Versprechen einzuhalten.
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Danke!)
- Bitte schön. - Den Weg sind Sie aber nicht gegangen. Deswegen haben Sie jetzt auch die Probleme. Jetzt müssen Sie versuchen, beide Enden zusammenzubekommen Das wird aber noch sehr viel schwere Arbeit sein. Das werden Sie auch nicht bis zum Ende wegreden können. - Herzlichen Dank
(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)
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