Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Konsolidierungshilfe

16.10.2012

Debattenbeitrag in der Landtagssitzung am 27. September 2012

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Kollege Tobias Koch von der CDU-Fraktion.

Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war schon entlarvend, dass für die SPD-Fraktion die Abgeordnete Raudies als Elmshornerin heute hier die Rede gehalten hat. Denn Elmshorn war die einzige der 17 Defizitkommunen, die mit rot-grüner Mehrheit die Annahme der Konsolidierungshilfe abgelehnt hat, die einzige Kommune.

(Zurufe SPD)

Und Elmshorn wird auch die einzige Defizitkommune sein, die von diesem Gesetzentwurf profitiert.

(Beate Raudies [SPD]: Das ist ja Quatsch!)

Sie sind die Einzigen, die jetzt eine Fehlbetragszuweisung bekommen werden, die Sie vorher nicht bekommen konnten.

(Beate Raudies [SPD]: Wir brauchen gar keine mehr! - Weitere Zurufe SPD)

Das ist in der Tat der Unterschied dieses Gesetzentwurfs zum bestehenden Gesetz. Deshalb frage ich mich: Ist das eine Lex Elmshorn, die Sie hier vorlegen?

(Vereinzelt Beifall CDU - Widerspruch SPD - Zurufe)
Herr Innenminister, wir werden sehr genau schauen, mit wie viel Millionen Euro Fehlbetragszuweisung Sie in den kommenden Jahren der rot-grünen Mehrheit in Elmshorn unter die Arme greifen werden.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ach, wenn Sie nur geschwiegen hätten! - Weitere Zurufe SPD)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Kollege Koch. (Zurufe SPD)
- So, jetzt rede ich und frage den Kollegen Koch, ob er eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner zulässt.

Tobias Koch [CDU]:
Ja, das tue ich gern.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Dann hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Dolgner das Wort.

Dr. Kai Dolgner [SPD]: Herr Kollege Koch, darf ich Ihre Vorhaltung gegenüber der werten Kollegin Raudies so verstehen, dass Sie ihr absprechen, zum Wohle des gesamten Landes zu handeln, dem wir alle verpflichtet sind? Und sprechen Sie ihr etwa das vollgültige Mandat ab - oder wie habe ich das zu verstehen -, weil sie aus Elmshorn kommt?

(Serpil Midyatli [SPD]: Sie hätten jetzt eine Landtagsunterbrechung eingefordert, hätten Sie definitiv! - Weitere Zurufe CDU und SPD)

- Ja, wie anders soll ich das verstehen, wenn er vermutet, dass das eine Lex Elmshorn ist!

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem Abgeordneten Koch zuzuhören, der jetzt seine Antwort formuliert. Ich glaube, es tut uns allen gut, wenn wir da jetzt zuhören und nicht weiter andere Debatten führen. - Herr Koch, Sie haben das Wort.

Tobias Koch [CDU]:
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Abgeordneter Dr. Dolgner, ich weiß nicht, wie Sie zu Ihren Schlussfolgerungen kommen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Durch das, was Sie gesagt haben!)

Ich stelle fest: Die Stadt Elmshorn hat auf die Konsolidierungshilfe mit rot-grüner Mehrheit verzichtet. Nach dem bisherigen Gesetzentwurf war damit das Erhalten von Fehlbetragszuweisungen ausgeschlossen. Ihr Gesetzentwurf sieht nunmehr vor, dass Elmshorn als eine der 17 Defizitkommunen Fehlbetragszuweisungen bekommen kann, obwohl es die Konsolidierungshilfe nicht in Anspruch nimmt. Das ist der einzige wirkliche inhaltliche Unterschied in diesem Gesetz - wie ich Ihnen gleich noch erläutern werde. Deshalb ist Elmshorn die einzige Defizitkommune, die wirklich von diesem Gesetz profitiert.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Von diesem Gesetzentwurf profitieren alle, nicht nur Elmshorn!)

- Nein, das ist nicht richtig. Wenn das eine weitere Zwischenfrage wäre, Herr Dr. Stegner, wäre ich Ihnen dafür dankbar, dann hätte ich noch mehr Zeit, Ihnen das auszuführen.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Koch, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Tobias Koch [CDU]:
Ja, das hilft alles zur Aufklärung.

Dr. Kai Dolgner [SPD]: Ich stelle fest, dass Sie meine Frage - - Beziehungsweise ich frage: Gedenken Sie noch meine Frage zu beantworten, ob die Kollegin Raudies, obwohl sie aus Elmshorn kommt und die Entscheidung nicht völlig allein zu treffen hatte, völlig dazu in der Lage ist, hier für das Wohl des gesamten Landes zu sprechen? Es ging in meiner Frage nicht um eine Faktenfeststellung, sondern um den Angriff auf die Kollegin Raudies, dass sie hier Partialinteressen vertreten würde. Ein einfaches Ja oder Nein würde genügen.

- Herr Kollege Dr. Dolgner, es ging um Ihre Unterstellung, was ich in meiner Rede gesagt haben soll. Ich habe Ihnen dargelegt, was ich gesagt habe. Daran gibt es - außer von Ihrer Seite - nichts zu korrigieren, denn das waren die Tatsachen, Herr Dr. Dolgner.

(Zuruf Abgeordnete Serpil Midyatli [SPD])

Was ändert sich für die anderen 16 Defizitkommunen? Dort ändert sich im Grunde gar nichts. Sie sprechen von Wahlfreiheit. Worin besteht diese
(Tobias Koch)

Wahlfreiheit? Bisher bestand diese Wahlfreiheit darin, die 75 Millionen € Konsolidierungshilfe in Anspruch zu nehmen - oder nicht. Zukünftig besteht die Wahlfreiheit darin, 60 Millionen € Konsolidierungshilfe in Anspruch zu nehmen - oder nicht. Der einzige Unterschied ist, dass man früher 15 Millionen € Fehlbetragszuweisung untereinander aufgeteilt hat. Also, Lübeck kann erst einmal 2 Millionen € Fehlbetragszuweisung bekommen und hat dann anschließend die Wahlfreiheit, ob es die übrigen 20 Millionen € auch noch haben will oder nicht. Das ist Ihre große Wahlfreiheit, für die Sie sich hier feiern lassen.

(Sandra Redmann [SPD]: Wie kommen Sie darauf? - Zuruf Abgeordneter Olaf Schulze [SPD])

- Das ist Ihr Gesetzentwurf. Schauen Sie in Ihren eigenen Gesetzentwurf! Sie schaffen eine Sockelfinanzierung. Die ersten 15 Millionen € gibt es jetzt als Fehlbetragszuweisung. Wenn man die in Anspruch genommen hat, hat man anschließend die Wahlmöglichkeit, auch die Konsolidierungshilfe in Anspruch zu nehmen.

(Olaf Schulze [SPD]: Muss man aber nicht!)

- Muss man nicht. Das mussten sie bisher aber auch nicht. Sie hatten die volle Wahlfreiheit. Sie mussten das bisher auch nicht. Sie mussten die 75 Millionen € nicht abrufen. Elmshorn hat darauf ja auch verzichtet. Die gleiche Wahlfreiheit hat es bisher auch gegeben. Der einzige Unterschied ist, dass Sie vorher ein paar 100.000 € als Fehlbetragszuweisung verteilen, vielleicht 2 Millionen oder 3 Millionen € an Lübeck, und man dann sagt: Jetzt habt ihr das Geld bekommen, und jetzt dürft ihr vollkommen frei wählen. Das durften sie vorher auch. Das eigentlich Erschreckende aber ist, dass Sie die Zeitperiode verkürzen.

(Beifall CDU und FDP)

850 Millionen € an aufgelaufenen Defiziten bis Ende 2011; das ist die Zahl aus dem Innenministerium. 90 Millionen € über zehn Jahre hätten diese Defizite ausgleichen sollen. Wo liegt Ihr sachlicher Grund für die Reduzierung der Laufzeit bis 2018? - Wie ist diese fachlich begründet? - Herr Minister, auf diese Frage habe ich von Ihnen heute keine Antwort gehört. Die Kommunen bleiben am Ende auf ihren Defiziten sitzen, weil Sie ihnen die Hilfe verweigern, bis zum Jahr 2021 eine entsprechende Konsolidierungshilfe zu erhalten.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stegner?

Tobias Koch [CDU]: Ja, gern.

Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr geehrter Herr Kollege Koch, wissen Sie eigentlich, dass alle fünf Jahre Kommunalwahlen sind? - Wissen Sie vielleicht auch, dass es zu einer kommunalen Demokratie gehören könnte, dass Kommunalvertretungen selbst entscheiden und nicht durch Verträge gebunden werden, die die Kommunalvertretungen bis jenseits der Legislaturperiode binden? - Wollen Sie lieber, dass die Landesregierung für die Kommunen handelt, obwohl Sie uns immer vorgehalten haben, dass wir kein Vertrauen zu den Kommunen hätten? - Ist Ihnen das Vertrauen in Ihre Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker vollkommen verloren gegangen?

- Herr Kollege Dr. Stegner, wie die Landesregierung für die Kommunen handelt, konnten wir gerade in diesen Tagen an dem Beispiel der Stadt Bad Segeberg in der Presse nachlesen. Dort hieß es: Die Mittelzentrumsholding Bad Segeberg habe seit 2007 das Spaßbad FehMare übernommen. Das schleswig-holsteinische Innenministerium habe 2007 als Kommunalaufsicht beim Zustandekommen des kommunalen Abenteuers, das in Deutschland beispiellos sein dürfte, beide Augen fest zugedrückt. Ich frage Sie: Wer war 2007 Innenminister in diesem Land, Herr Kollege Dr. Stegner?

(Vereinzelt Beifall CDU - Zurufe SPD)

Herr Dr. Stegner, wollen Sie es abstreiten, dass dies damals Ihr Zuständigkeitsbereich war und dass Sie einer Stadt dieses kommunale Abenteuer als Innenminister
ermöglicht haben? - Wir waren bereit, den Kommunen über zehn Jahre hinweg einen klaren Weg aufzuzeigen, wie sie ihre Defizite abbauen können. Sie sagen, damit ist 2018 Schluss.

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Warum ändern Sie das Datum, Frau von Kalben?

Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Kollege Koch, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Tobias Koch [CDU]:
Ein letzter Satz, Frau Vizepräsidentin. Auf dem Weg, den Sie heute beschreiten, wird es nicht gelingen, die aufgelaufenen Defizite vollständig abzubauen. Die Kommunen bleiben dank Ihres Gesetzentwurfs auf ihren Defiziten sitzen.

(Beifall CDU und FDP)