Erste Lesung des Entwurfs eines Haushaltsgesetzes zum Haushaltsplan 2013

14.11.2012

Debattenbeitrag in der Landtagssitzung am 14. November 2012

Tobias Koch [CDU]:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung will bis zum Jahr 2020 die Null beim strukturellen Defizit erreichen. Ja, das ist die Vorgabe unserer Verfassung, und das Bekenntnis zu unserer Verfassungsvorgabe ist - mit Verlaub, Frau Ministerin - kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen; das ist eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall CDU und Christopher Vogt [FDP] -Rainer Wiegard [CDU]: Bei den Grünen nicht immer!)

Bei der Neuverschuldung werden wir bereits in diesem Jahr die Null fast erreichen. Herr Kollege Andresen, das ist unsere astreine Bilanz. Wir werden in diesem Jahr einen Jahresabschluss erleben, mit dem wir der Null sehr nahe kommen. Bereits im Mai konnte Finanzminister Wiegard mit der damals vorgelegten aktualisierten Finanzplanung die im Haushalt veranschlagte Kreditaufnahme von 940 Millionen € auf 270 Millionen € absenken. Aus dem Zusammenspiel von Konsolidierungsmaßnahmen, Steuermehreinnahmen und sinkenden Zinsausgaben war dieses Ergebnis im Mai möglich. Es war schon damals ein exzellentes Ergebnis.
Denn eine derart niedrige Kreditaufnahme von 270 Millionen € hat es seit Ende der 70er-Jahre nicht gegeben. Wenn wir uns in dieser Woche die aktuellen Istzahlen Ende Oktober anschauen, kann man feststellen, dass die prognostizierten 400 Millionen € Steuermehreinnahmen in diesem Jahr bereits Ende Oktober erreicht sind. Wir dürften also am Jahresende 80 Millionen € über der Prognose liegen. Bei den Zinsausgaben sprach die Ministerin heute Morgen nach wie vor von 970 Millionen € auf Basis der Mai-Prognose. Wenn Sie sich Ihre eigenen Oktober-Zahlen anschauen und die einmal aufs Jahr hochrechnen - wir haben Ende Oktober 744 Millionen € für Zinsen ausgegeben -, dann laufen wir am Ende des Jahres auf 900 Millionen € zu, noch einmal 70 Millionen € weniger als im Mai prognostiziert. Allein durch diese beiden Effekte von zusammen 150 Millionen € und weitere Effekte bei Rücklageveränderungen werden wir in diesem Jahr unter 100 Millionen € auslaufen. Wir werden bei der Neuverschuldung die Null ganz dicht vor Augen haben.
Um es ganz deutlich zu machen: Das ist nicht Ihr Verdienst. Dankenswerterweise haben Sie am laufenden Haushalt ja nicht die geringste Änderung vorgenommen, Sie haben auch keinen Nachtragshaushalt eingebracht. Insofern ist die Frage eindeutig zu beantworten: Dieser Jahresabschluss basiert einzig und allein, zu 100 % auf dem Haushalt von CDU und FDP.

(Beifall CDU und FDP)

Das ist unsere Abschlussbilanz: ein nahezu ausgeglichener Haushalt. Das hat es in Schleswig-Holstein seit 1970 nicht gegeben. Damals, im allerersten Jahr, als man begonnen hat, seine Haushalte über Schulden auszugleichen, waren es 105 Millionen. Nie lag die Kreditaufnahme niedriger als in diesem Jahr, zum Ende unserer Regierungszeit. Das muss man sich vor Augen halten, wenn man jetzt Ihren Haushaltsentwurf betrachtet und feststellt, dass die Neuverschuldung dort wieder auf 420 Millionen € ansteigt, von nahezu null in diesem Jahr auf 420 Millionen € im nächsten Jahr.Wenn Sie nur versucht hätten, das jetzige Ergebnis einigermaßen zu halten, wären Sie noch lange kein Musterknabe gewesen, Herr Dr. Stegner. Andere Bundesländer sind längst dabei, ihre Altschulden zu tilgen. Aber Sie müssen sich doch auch kein Vorbild an den Klassenletzten nehmen! Das neue Griechenland am Rhein, Nordrhein-Westfalen, ist doch kein Maßstab für uns!

Was den Unterschied zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb ausmacht, kann man im Augenblick in Baden-Württemberg sehen: Früher wurden Baden- Württemberg und Bayern in einem Atemzug genannt. Die Bayern werden in den nächsten zwei Jahren 1 Milliarde € Altschulden tilgen. Im rot-grün regierten Baden-Württemberg haben zwei Jahre Rot-Grün ausgereicht, um zu einer Neuverschuldung von über 3 Milliarden € zu kommen. Das macht in der Summe 4 Milliarden € mehr. Das ist der Unterschied zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb.

(Beifall CDU und FDP - Zurufe)

Bei uns in Schleswig-Holstein - wir haben es heute Morgen mehrfach gehört - wird die gesetzlich zulässige Obergrenze bis auf die letzten 5 Millionen € ausgereizt.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben wieder nicht zugehört!)

Sie bewegen sich damit an der Grenze zum Gesetzesbruch, und das schon bei Ihrem ersten Haushaltsentwurf. Man darf sich gar nicht vorstellen, was im nächsten Jahr passieren soll, wenn eine unabweisbare
Mehrausgabe auf Sie zukommt. Dass Sie es 2013 noch schaffen, war bei der guten Vorarbeit abzusehen. Eine bessere Situation als die, die Sie vorgefunden haben, konnte man ja nicht haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Werden Sie auch nicht wieder kriegen!)

Einen derartigen Spielraum, den wir Ihnen erarbeitet haben, Rekordsteuereinnahmen, niedrigste Zinsen, die beste aller Welten für 2013. Aber was machen Sie 2014? Das ist die entscheidende Frage. Dann sind Sie zum Schwur aufgefordert. Für 2014 haben Sie bisher keinen einzigen Vorschlag gebracht,
nicht eine einzige Maßnahme benannt, mit der Sie das strukturelle Defizit zurückführen wollen. Sie steigern jetzt die Neuverschuldung, Sie erhöhen das strukturelle Defizit, Sie belasten den Landeshaushalt für die nächsten Jahrzehnte mit strukturellen Mehrausgaben und haben nicht den blassesten Schimmer davon, wie Sie die gesetzlichen Vorgaben 2014 einhalten wollen. Immerhin habe ich vom Ministerpräsidenten gehört, die Landesmethode werde während seiner gesamten Regierungszeit Anwendung finden. Die Ankündigung von Herrn Dr. Stegner, man könne das Gesetz jederzeit ändern, hat der Ministerpräsident sofort wieder einkassiert. Ich bin dem Ministerpräsidenten dafür dankbar, dass dieser Konflikt innerhalb der Regierungsfraktionen von ihm sofort gelöst wurde.
(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN] - Lachen Dr. Ralf Stegner [SPD] - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie sind ein Witzbold!)

Wir haben heute noch eine andere Ankündigung vernommen, die sich auch von dem unterscheidet, was wir vor ein paar Wochen gehört haben. Als wir vor ein paar Wochen über die HSH diskutiert haben, wurde von der Regierung noch jedwede Auswirkung auf Haushalt und Finanzplanung - -

(Serpil Midyatli [SPD]: Auch da haben Sie uns ein perfektes Haus hinterlassen! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Gucken Sie mal Ihren Fraktionsvorsitzenden an! Was ist denn in den zwei Jahren passiert? Da sind neue Geschäfte gemacht worden! - Weitere Zurufe - Glocke Präsident)

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Das Wort hat Herr Abgeordneter Tobias Koch. Keine Dialoge bitte!

Tobias Koch [CDU]:

Vielen Dank, Herr Präsident. Vielleicht könnte mir die Redezeit gutgeschrieben werden. Als wir vor wenigen Wochen in diesem Hause über die Situation der HSH Nordbank gesprochen haben, wurde von der Regierung noch jedwede Auswirkung auf Haushalt und Finanzplanung bestritten. Relativ stumpf hat man darauf hingewiesen, die Ziehungswahrscheinlichkeit liege bei 42,4 %. Die Forderung der Opposition, das bei Haushalt und Finanzplanung zu berücksichtigen, wurde abgewiesen. Heute haben wir gehört: Ja, in der Finanzplanung sei dies zu berücksichtigen.
Wenn der Ministerpräsident darauf hinweist, dass die jetzt genannten 1,3 Milliarden € von der Bank kein Worst Case seien, hat er damit allerdings recht, denn es kann auch noch viel schlimmer kommen. Wir werden bei den September-Zahlen sehen, dass die Inanspruchnahme unserer Garantie von 2 Milliarden € auf vermutlich über 3 Milliarden € steigen wird. Man muss kein Hellseher sein, um diese Zahl zu prognostizieren. Wenn man solche Risiken erkennt und weiß, dass weitere Belastungen auf unsere Finanzplanung zukommen, die es uns schwerer machen werden, den Abbaupfad Richtung null einzuhalten, ist es notwendig, sich rechtzeitig darüber Gedanken zu machen, und dazu fordere ich Sie auf.
Nutzen Sie die anstehenden Haushaltsberatungen. Lassen Sie uns die vorgesehene Neuverschuldung weiter reduzieren. Lassen Sie uns Spielräume im Haushalt erarbeiten, statt die Grenzen bis an das Maximum auszureizen.

(Lars Winter [SPD]: Machen wir doch gar nicht!)

So viele Schulden wie nur irgendwie geht zu machen, ist keine verantwortungsvolle Politik. Dass Sie in dem Zusammenhang von Nachhaltigkeit und verantwortungsvoller Haushaltspolitik sprechen, ist der blanke Hohn. Sie haben noch drei bis vier Wochen Zeit. Nutzen Sie diese Zeit. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)