Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes für die Errichtung eines Sondervermögens zur Sanierung und Instandhaltung von Landesstraßen

18.06.2013

Rede in der Landtagssitzung am 18. Juni 2013

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon irgendwie paradox: Schleswig-Holstein ist ein Bundesland mit drohendem Haushaltsnotstand, und gleichzeitig sind wir dabei, ein Sondervermögen nach dem anderen einzurichten.
(Beifall PIRATEN)
Gegen den von SPD, Grünen und SSW in der Mai- Tagung vorgelegten Gesetzentwurf für ein neues Sondervermögen Landesstraßen wurden zwischenzeitlich verfassungsrechtliche Bedenken vonseiten des Wissenschaftlichen Dienstes geäußert.
Heute nun liegt der Gesetzentwurf der FDP zur Beratung vor, mit dem ein Sondervermögen zur Sanierung und Instandhaltung von Landesstraßen aus den erhofften Zensus-Millionen gebildet werden soll. Ich will die Gelegenheit gern nutzen, um noch einmal zu erklären, warum ein Sondervermögen nicht gleich Sondervermögen ist und warum Schulden für Investitionen etwas anderes sind als Schulden für laufende Ausgaben, wie sie die Finanzministerin macht.
(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])
Als CDU und FDP im Jahr 2010 das erste Sondervermögen geschaffen haben, um mit 60 Millionen € den Krippenausbau im Land zu beschleunigen, habe ich dazu im Landtag erklärt - Herr Präsident, ich zitiere aus dem Plenarprotokoll -: „Den Spielraum dazu hat uns die sparsame Haushaltsführung unserer Landesregierung eröffnet. Wir greifen dabei auf die Minderausgaben des Jahres 2010 zurück. Mit Minderausgaben an der einen Stelle lassen sich einmalige Mehrausgaben an anderer Stelle finanzieren.“
Es waren somit zwei Kriterien, die wir für die Beurteilung des damaligen Sondervermögens herangezogen haben:
Erstens. Der Spielraum für die Bildung des Sondervermögens muss zunächst durch eine sparsame Haushaltsführung erwirtschaftet werden. Zweitens. Die aus dem Sondervermögen zu tätigenden Mehrausgaben müssen die Haushalte der kommenden Jahre dauerhaft entlasten. Nur wenn diese beiden Kriterien erfüllt sind, unterstützt uns das Sondervermögen bei der Einhaltung der Schuldenbremse.
2012 haben SPD, Grüne und SSW, die Regierungsfraktionen, mit den zwei Sondervermögen für Hochschulsanierung und zur Energetischen Sanierung von Schulen und Kitas dann genau das Gleiche gemacht. Sie haben den - wohlgemerkt von der Vorgängerregierung hinterlassenen - Spielraum genutzt. Auch ihre Sondervermögen sind geeignet, die folgenden Haushalte von notwendigen Investitionen zu entlasten. Deshalb hat die CDU-Fraktion das auch nicht abgelehnt, sondern sich damals enthalten. Darüber hinaus hatten wir aber schon 2012 beantragt, auch ein Sondervermögen für die Landesstraßen zu bilden. Zur Wahrheit gehört dazu, dass damals keine einzige der anderen Fraktionen bereit war, diesem Antrag zuzustimmen. Der Antrag lag vor. Die Regierungsfraktionen und auch die FDP Fraktion haben leider im Dezember 2012 unserem Antrag nicht zugestimmt.

Stattdessen wurde in dem Haushalt 2013 im Januar dieses Jahres das Sondervermögen PROFI zur energetischen Gebäudesanierung gebildet. Dieses Sondervermögen erfüllt aber keines der zwei genannten Kriterien: Es wurde nicht aus erwirtschafteten Minderausgaben gebildet, sondern von vornherein zulasten einer höheren Neuverschuldung. Wie sich mittlerweile zeigt, entlastet PROFI auch nicht die kommenden Haushalte, sondern im Gegenteil: Die Projekte sind unwirtschaftlich, es dauert bis zu 30 Jahre, bis sie sich amortisiert haben, und bis dahin wird der Landeshaushalt mit Zins und Zinseszinsen zusätzlich belastet. Deshalb haben wir als CDU-Fraktion die Bildung des Sondervermögens PROFI abgelehnt. Nunmehr stehen wir vor der Frage, wie sich zusätzliche Millionen Euro für die Sanierung unserer Landesstraßen mobilisieren lassen. Und jetzt sind dankenswerterweise alle Fraktionen bereit, hierfür ein Sondervermögen zu bilden, wie es die CDU schon 2012 vorgeschlagen hat. Allein die Wege dorthin unterscheiden sich in den Gesetzentwürfen von CDU, FDP und den Regierungsfraktionen. In der Mai-Tagung habe ich vergeblich auf die terminliche Dringlichkeit hingewiesen. Nur mit einem Gesetzesbeschluss in der heutigen Juni-Tagung wäre es noch möglich gewesen, die Straßensanierungen im Sommer dieses Jahres auszuschreiben, anschließend Aufträge zu vergeben und dann noch im Herbst tatsächlich mit den Arbeiten zu beginnen.
(Beifall CDU)
Das haben die Regierungsfraktionen mit ihrem dilettantischen Vorgehen vermurkst. Schon die Einbringung ihres Gesetzentwurfes mitten in die laufende Parlamentsdebatte im Mai 2013 hinein war unparlamentarisch.
Mit der jetzt vorgenommenen Verschiebung der weiteren Beratungen auf den August steht fest, dass in diesem Jahr auf der Grundlage ihrer Gesetzesinitiative kein einziger Euro zusätzlich in die Sanierung unserer Landesstraßen fließen wird. Das ist - bei aller inhaltlichen Sympathie - auch das Manko des Gesetzentwurfs der FDP. Ob und wann die erhofften Millionen aus der Zensus-Rückzahlung fällig werden, ist noch vollkommen offen. Selbst wenn sie in diesem Jahr noch fließen, stehen die Mittel erst so spät zur Verfügung, dass sie dann erst im kommenden Jahr für Sanierungsarbeiten an den Landesstraßen eingesetzt werden können - es sei denn, die Zensus-Millionen werden vorher noch für den Fluthilfefonds benötigt.
(Christopher Vogt [FDP]: Das ist bedauerlich, da bin ich dagegen!)
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat einen rechtssicheren Gesetzentwurf vorgelegt, in dem wir die nicht benötigten Mittel des vorhandenen Sondervermögens PROFI zugunsten der Sanierung der Landesstraßen umwidmen. Wenn dieses Gesetz heute beschlossen worden wäre, hätten wir noch in diesem Jahr bis zu 10 Millionen € zusätzlich für die Beseitigung der Schlaglochpisten im Land zur Verfügung. Die Grünen hätten damit ihrer Ankündigung von vor der Kommunalwahl Taten folgen lassen können, statt eine reine Ankündigungspolitik zu betreiben.
In Richtung FDP sage ich: Lassen Sie uns das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist. Lassen Sie uns abwarten, bis die Zensus-Millionen auf dem Konto sind, und dann können wir entscheiden, was wir damit machen. Ich beantragte die Überweisung des Gesetzentwurfes an den Finanzausschuss. - Herzlichen Dank.
(Beifall CDU)