Landesweit einheitliche Standards für Entwicklungsberichte von Kompetenzen in Grundschulen

10.10.2014

Rede in der Landtagssitzung am 10. Oktober 2014

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Herr Abgeordnete Koch von der CDU-Fraktion.
Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie vielleicht der eine oder andere Kollege hier in diesem Haus auch habe ich zurzeit zwei Kinder an der

Grundschule. Ich gehöre also zu den Eltern, die bereits Erfahrungen mit Kompetenzraster- und Tabellenzeugnissen haben sammeln können. Ich sage ganz deutlich: Ja, das war für mich aussagekräftig. Ich fand es deutlich differenzierter, nicht nur eine Note in Deutsch zu sehen, sondern auch erkennen zu können, wie mein Kind im Lesen, im Rechtschreiben, im Ausdruck und im Sprachschatz ist.
Das war für mich aussagekräftig.

(Zuruf SPD: Für Sie?)
- Für meinen Sohn. Danke schön.

(Heiterkeit SPD)

Ich habe zwar auch noch eine Tochter an der Grundschule. Die befindet sich aber noch in der ersten Klasse und ist noch nicht so weit. Für meinen Sohn war ein Zeugnis, das aussieht wie ein Lottozettel mit 36 Kreuzen, aber nicht aussagekräftig.Also setzt man sich zu Hause als Eltern mit ihm zusammen und versucht, ihm dieses Zeugnis zu erklären und mit ihm zu besprechen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Ja, Sie sehen, unsere Erziehungsmethoden sind durchaus nicht so konservativ, wie Sie uns immer
unterstellen.

(Heiterkeit)

Aber am Ende kommt man doch dazu, dass man die vier Spalten des Tabellenzeugnisses in Noten übersetzt, um es auch dem Kind begreiflich zu machen. Das mögen Sie nun wieder verwerflich finden. Aber ich habe auch vor wenigen Wochen und Monaten erlebt, wie dann das erste Notenzeugnis gewirkt hat und wie mein Sohn dieses erste Notenzeugnis verstanden hat und wie er auch die ersten Klassenarbeiten, für die Noten vergeben wurden, verstanden hat und welche Motivation das bei ihm ausgelöst hat.

(Wortmeldung Sven Krumbeck [PIRATEN] und Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich beantworte gleich Zwischenfragen, aber lassen Sie mich das bitte erst zu Ende führen.
Es war ja zu dem Zeitpunkt, als es keine Noten gab, nicht so, dass nichts unter den Klassenarbeiten stand. Da stand dann entweder drunter „Prima“, oder da stand drunter „Du hast schon gut gelernt“. Das ist durchaus ein elementarer Unterschied gewesen.
Es war für das Kind nur nicht erkennbar, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen einem „Prima“ oder „Du hast schon gut gelernt“ und einem Notenzeugnis. Was meinen Sie, was die Noten unter einer Klassenarbeit oder ein Notenzeugnis für eine Motivation ausgelöst haben, wie mein Sohn danach ganz anders gelernt hat!

(Zuruf SPD - Heiterkeit)

- Nein, das würde ich jetzt nicht sagen. Auf jeden Fall mag das ein Einzelfall sein, es ist also nur ein Erfahrungsbericht.
Ich jedenfalls habe miterleben können, wie das Notenzeugnis und wie die Benotung einer Klassenarbeit einen Motivationsschub auslösen kann. Auch die Vergleichbarkeit mit den anderen Kindern hat dazu beigetragen, diese Motivation auszulösen. Vergleichbarkeit ist überhaupt nichts Negatives.

(Beifall CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Kollege, ich habe Sie gerade so verstanden, dass Sie bereit sind, Bemerkungen und Zwischenfragen der Kollegen Krumbeck und Erdmann zuzulassen.

Tobias Koch [CDU]:
Ja.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Dann hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Krumbeck.

Sven Krumbeck [PIRATEN]:
Sehr geehrter Herr Kollege Koch! Stimmen Sie mir zu, dass Ihr Sohn auf die Idee, dass unter ein Zeugnis unbedingt Noten gehören, erst dadurch gekommen ist, dass Sie ihm das übersetzt haben? Ich meine, Ihr Sohn würde ja von sich aus allein nie darauf kommen, dass unter einem Zeugnis unbedingt Noten stehen müssen. Es kommt ja immer auf das Elternhaus an, wenn darin die Meinung vorherrscht, dass man sich als Sohn unbedingt mit anderen messen können muss. Wenn der Sohn aber von Anfang an mit den Entwicklungsberichten groß geworden wäre, hätte er doch nie das Bedürfnis gehabt, dass man ihm das in Noten übersetzen müsste. Dadurch wird dieser Druck doch erst aufgebaut.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Tobias Koch [CDU]:
Ich gebe Ihnen recht, Herr Kollege, dass jedes Kind durch Erziehung im Elternhaus geprägt wird. Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass mein Sohn von sich aus auch in der Öffentlichkeit gesagt hat: „Ja
ich würde gern weiterhin Notenzeugnisse haben, weil ich mich gern vergleichen möchte, weil ich wissen möchte, wo ich stehe.“ Ich glaube nicht, dass ich ihn insoweit explizit beeinflusst habe.

(Beifall CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Nun Frau Erdmann zu einer weiteren Zwischenbemerkung.

Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Herr Koch, ich möchte jetzt nicht, weil ich auch gar nicht weiß, ob das auf Ihren Sohn jetzt schon passt, nach dem Notenspiegel fragen. Aber können Sie sich vorstellen, dass es Kinder gibt, die in der Grundschule ein Notenzeugnis mit überwiegend Vieren und möglicherweise auch Fünfen haben, und diese durch die Noten eben nicht motiviert sind, sich nun auf ganzer Linie mehr anzustrengen, wie es vorhin schon Herr Habersaat gesagt hat?

Tobias Koch [CDU]:
Das kann ich mir vorstellen, Frau Kollegin, Ihre Frage gibt mir im Übrigen Gelegenheit, den Schluss meines Wortbeitrags auch in die Antwort auf Ihre Frage einzubauen.
Wir plädieren aus genau diesem Grund ja eben nicht für ein ausschließliches Notenzeugnis, sondern für die Parallelität von Notenzeugnissen mit Bericht und gern auch mit Kompetenzraster. Wenn wir hier einen unideologischen Ansatz präferieren wollen, dann liegt es doch nahe, das gemeinsam zu kombinieren. Wenn es Eltern gibt, die sich das so wünschen, und wenn es Eltern gibt, die sich das anders wünschen, dann lassen Sie uns doch beide Formen parallel machen; dann ist das für jeden verständlich und für jeden nachvollziehbar.

(Zuruf Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dann aber ergänzt durch Berichte oder Kompetenzraster, damit man die Entwicklungsschritte auch nachvollziehen kann. Man kann dann dem Kind sagen: „Das ist vielleicht nach wie vor noch eine Vier. Aber guck mal, an der Stelle bist du schon besser geworden.“ Lassen Sie uns das doch also kombinieren. Sie sind doch diejenigen, die ideologisch sind und sagen, Sie wollten weg von den Notenzeugnissen.

(Beifall CDU)

Es wäre doch die größte Gemeinsamkeit, die wir praktizieren könnten, wenn wir sagten: Lassen Sie uns beides gemeinsam machen.

(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen die Eltern aber auch nicht!)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung der Frau Abgeordneten Erdmann?

Tobias Koch [CDU]:
Ja.

Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Nur weil wir im anekdotischen Bereich sind. Ich habe vorher Emma gefragt. Emma ist elf, und ich habe sie gefragt, ob ich von ihr berichten darf. Emma ist zur Grundschule gegangen und hat dort in Klasse 4 nur Ziffernnoten bekommen und in Klasse 5 auf der Gemeinschaftsschule ein Kompetenzzeugnis. Ich habe sie gefragt, was ihr denn besser gefällt. Es war nun also wirklich nicht so, dass ich ihr gesagt habe, was ich gut finde. Sie sagte mir, sie finde das Kompetenzzeugnis viel besser. Es sei viel expliziter.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das ist übrigens kein Akademikerhaushalt, aus dem sie kommt. Dann habe ich sie gefragt, ob sie denn gern zusätzlich Noten hätte. Daraufhin hat sie mir geantwortet - und das ist auch einer der Gründe dafür, dass wir Ihren Vorschlag ablehnen müssen -: „Wenn eine Note danebensteht, dann gucken eben alle immer nur auf die Note.“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

- Frau Kollegin Erdmann, dann berichte ich Ihnen jetzt noch einmal von meinen Erfahrungen aus dem

Elternabend von einer zweiten Klasse, an dem ich teilgenommen habe.

(Zuruf SPD: Wie lange ist das her?)

- Das ist jetzt zwei Jahre her. Mein Sohn ist ja jetzt in der 4. Klausse, und es ist jetzt zwei Jahre her, als er in der 2. Klasse war. Wir saßen dort also als Eltern und bekamen zu hören: Ein Notenzeugnis gibt es zwar in der 3. Klasse, aber erst zum Ende des Schuljahres, nicht schon zum Halbjahr des Schuljahres. Das war an unserer Schule jedenfalls so vorgesehen. Da hatte schon damals in der 2. Klasse die Mehrheit der Eltern gesagt: „Wir würden uns eigentlich ein Notenzeugnis auch schon zum Halbjahr in der 3. Klasse wünschen.“

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wünschten das die Kinder oder die Eltern?)

- Nein, die Eltern. Ich berichte ja hier auch von einem Elternabend, also sind es logischerweise die Eltern, die diesen Wunsch geäußert haben.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Eben!)

Damals also schon waren die Eltern der Auffassung, sie hätten gern zum ersten Halbjahr ein Notenzeugnis, weil es sonst viel zu spät sein würde, darauf zu reagieren, wenn das Notenzeugnis erst am Ende der 3. Klasse kommt. Deswegen sage ich: Es gibt unterschiedliche Sichtweisen der Kinder, es gibt unterschiedliche Sichtweisen der Eltern. Deswegen lassen Sie uns doch beides nebeneinanderstellen. Das wäre unideologisch. Das ist unser Vorschlag. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)