Zukunft der HSH Nordbank

25.10.2015

Rede in der Landtagssitzung am 16. September 2015

Tobias Koch [CDU]:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Steuerzahler sollen nicht noch einmal für die Schieflage einer Bank aufkommen müssen.Das war die Lehre aus der Finanzmarktkrise 2008/2009. Dafür wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Anstrengungen unternommen: BaselIII, Stresstests, Bankenabgabe, Abwicklungsmechanismen wurden eingeführt.Was der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank jetzt hingegen fordert, ist das genaue Gegenteil all dieser Bemühungen. Wenn die Haupteigentümer der HSH Nordbank, also die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, die Altlasten der HSH übernehmen,dann stehen wieder die Steuerzahler fürderen Verluste gerade. Allerdings haften die Länder ohnehin mit der wieder auf 10 Milliarden € aufgestockten Garantie und mit dem Restbetrag der Gewährträgerhaftung von rund 15 Milliarden € für die HSH Nordbank. Diese Risiken gilt es, gegeneinanderabzuwägen. Festzustellen ist, dass das Haftungsrisiko zumindest nach oben klar begrenzt ist und zudem von Jahr zu Jahr mit Auslaufen der Gewährträgerhaftung weiter sinkt.Mit der Auslagerung der Altlasten an eine staatliche Bad Bank entsteht hingegen eine vollkommen neue Situation. Ich hatte bereits in der Landtagstagung im Juli darauf hingewiesen, dass eine Auslagerung von Altlasten unmittelbar mit Verlusten bei der HSH Nordbank verbunden ist, die sich aus der Differenz zwischen Buchwert und Marktwert ergeben.Für diese Verluste müssten die Länder aus der Garantieaufkommen, was zu einer sofortigen Inanspruch nahm ein Milliardenhöhe

- Maximum:10 Milliarden € - führen würde. Anschließend stehen die Länder dann aber auch für die Altlasten beider Bad Bank gerade.Worum handelt es sich dabei?

- Es handelt sich überwiegend um Kredite für Schiffe, die mittlerweile zehn Jahre alt sind. Veranschlagt man die Lebensdauer eines Containerschiffes mit 30 Jahren,so ist das zwar erst ein Drittel der Lebensdauer,aber die damals gebauten Schiffe mit einer Ladungskapazität von 10.000 bis 14.000 TEU sind von der nächsten Schiffsgeneration längst abgelöst worden, die bis zu 20.000 Container transportiert.Schiffe dieser neuen Größe besitzen damit aufgrund ihrer geringeren Betriebskosten pro Container einen klaren Wettbewerbsvorteil, weshalb trotz Schifffahrtskrise immer mehr Schiffe der neuesten Generation gebaut werden, weshalb es ein Überangebot an Transportkapazitäten gibt, weshalb wiederum die Charterraten am Boden bleiben. Mit anderen Worten: Die zehn Jahre alten Schiffe der HSH Nordbank sind nicht mehr wettbewerbsfähig, und sie werden es auch in Zukunft nicht mehr sein. Deshalb dürfen wir uns nichts vormachen: Bei einer Übernahme von Altlasten zum aktuellen Marktwert durch eine staatliche Bad Bank gibt es keine realistischen Wertaufholungschancen in der Zukunft,sondern die Länder bleiben auf den Verlusten sitzen,bis am Ende nur noch der Schrottwert der Schiffe übrig bleibt.

(Beifall CDU und FDP)

Das ist genau der Grund dafür, dass sich die HSH Nordbank von diesen Altlasten und genau diesen Verlusten trennen will.So erschreckend dieses Szenario auch ist, so muss es doch abgewogen werden gegenüber einem bereits geschilderten Haftungsrisiko aus Garantie und Gewährträgerhaftung. Für uns als CDU-Fraktion ist klar, dass wir uns für die Variante entscheiden werden,die den Steuerzahler am wenigsten belastet.Der Schutz des Landesvermögens, oder in diesem Fall besser gesagt die Verlustminimierung, muss unser oberstes Ziel sein. Welche Variante das sein wird, wird man erst entscheiden können, wenn das Ergebnis der Verhandlungen mit der EU-Kommission vorliegt. Zum jetzigen Zeitpunkt darüber zuspekulieren und ohne Kenntnis von Zahlen eine Abwicklung der Bank ins Spiel zu bringen, ist nicht nur verfrüht, sondern auch dazu geeignet, der Bank und damit dem Land und dem Steuerzahler Schaden zuzufügen.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Umgekehrt ist es aber auch genauso fahrlässig, die Gefahren herunterzuspielen. Nicht anders würde ich die Aussage der Finanzministerin im NDR-Beitrag vom 10. September 2015 interpretieren, die da lautete: Ob es einen Schaden für den Landeshaushalt gibt und wie hoch dieser sein wird, könne sie nicht sagen.Doch, das kann man sagen. Natürlich kann man das sagen, denn egal, ob die Länder nun für die HSH Nordbank haften oder ob sie die Altlasten in einer staatlichen Bad Bank übernehmen; es wird die Steuerzahler so oder so Milliarden kosten.Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Abgeordneter Koch, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Tobias Koch [CDU]:Sehr gern.Vizepräsident Bernd Heinemann: Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich habe nur ein logisches Problem, Herr Kollege Koch. Wie wollen Sie denn abwägen, was die Steuerzahler am wenigsten kostet, wenn Sie damit nicht inzident auch gleich eine Abwicklung mit ins Spiel bringen? Sie haben gesagt, das sei unverantwortlich. Das müssen Sie aber gedanklich, denn sonst können Sie nicht entscheiden,was im Zweifel weniger kostet.

Tobias Koch [CDU]:Herr Kollege Wolfgang Kubicki, der Unterschied besteht zwischen gedanklich abwägen und öffentlich äußern. Denken Sie einmal einen Augenblickdarüber nach.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Tobias Koch [CDU]:Ja.

Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie glauben also,die Menschen in Schleswig-Holstein schlafen auf dem Baum, denn sie hören jetzt zwar Ihre Aussage, aber sie verstehen das, was Sie inzident damit sagen wollen, nicht?- Nein, Herr Kollege Kubicki, ich glaube, dass wir Politiker Verantwortungsbewusstsein dahin gehend haben müssen, was wir öffentlich sagen und ob wir mit unseren Aussagen Entwicklungen herbeireden,die wir eigentlich verhindern wollen. Das, was wir abwägen und beraten, was wir in unseren Gremien diskutieren, ist dagegen eine andere Frage.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

Aber ich sage auch ganz klar: Umgekehrt darf es nicht so sein, dass wir Gefahren herunterspielen und die Augen nach dem Motto verschließen: Solange das nicht auf dem Tisch liegt, kümmert uns das alles gar nicht. Wir müssen uns vielmehr heute in der Tat ganz genau mit diesen Gefahren beschäftigen.Hier sind wir dann vielleicht wieder beieinander.Wir müssen Klarheit haben. Die Wahrheit muss auf den Tisch, nämlich welche Risiken auf uns zukommen und welche Konsequenzen dies so oder so für den Haushalt haben wird.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Darüber wollen Sie doch öffentlich gar nicht reden!)

- Ich glaube, Sie haben mich schon verstanden,Herr Kollege Kubicki. - Egal ob die Länder für die HSH Nordbank haften oder ob sie die Altlasten einer Bad Bank übernehmen, es wird die Steuerzahler so oder so Milliarden kosten. Wie hoch die Summeam Ende sein wird, wird davon abhängig sein, umwelches Paket an Altlasten es geht. Es ist ein großer Unterschied, ob es um 10, um 20 oder um 50 Milliarden€ geht. Für die CDU-Fraktion sage ich ganz klar: Die Lösung kann nicht darin bestehen, diese Verluste in einem Schattenhaushalt der Bad Bank zu verstecken. Wir brauchen volle Transparenz,und auch wenn es SPD, Grünen und SSW nicht gefällt: Ich sage Ihnen, das wird Konsequenzen für die Haushaltspolitik des Landes haben müssen.Wir werden nicht einen Milliardenverlust bei der HSH Nordbank auffangen und anschließend sagen können, wir machen im Haushalt weiter wie bisher und geben munter weiter Geld aus.Die Landesregierung ist deshalb aufgefordert, diesen schwerwiegenden Entscheidungsprozess in der nächsten Zeit so vorzubereiten, dass die Entscheidung mit möglichst breiter Mehrheit hier im Parlament getroffen werden kann. Mit einer Einstimmenmehrheit der Regierungsfraktionen ist es dabei nicht getan.

Vizepräsident Bernd Heinemann: Kommen Sie bitte zum Schluss.

Tobias Koch [CDU]:Ja, Herr Präsident, ich bin bei meinem letzten Absatz.- Allein schon um eine außergewöhnliche Notsituation festzustellen, wie es das Regelwerk der Schuldenbremse vorsieht, bräuchten Sie eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Dieser Verantwortungmüssen wir uns alle gemeinsam bewusst sein.- Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Lars Harms[SSW])