
Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Finanzministerin, dieser Nachtragshaushalt ist der beste Beleg für die berechtigte Kritik der Union an der Landesregierung.
(Beifall CDU)
Zu geringe Investitionen, massiver Unterrichtsausfall und erhebliche Mängel bei der inneren Sicherheit. Bei jedem der vier von bislang von SPD, Grünen und SSW vorgelegten Haushalte haben wir die zu geringen Investitionen als Hauptkritikpunkt herausgestellt. Von 1,6 Milliarden € Mehreinnahmen in diesem Jahr gegenüber 2012 fließt nämlich kein einziger Euro in zusätzliche Investitionen.
Kein Wunder, dass die öffentliche Infrastruktur in Schleswig-Holstein immer weiter verfällt, dass Schlaglochpisten und marode Krankenhäuser zum Alltag gehören und dass der Sanierungsstau immer weiter wächst. Ebenso haben wir von Anfang an kritisiert, dass das Programm IMPULS mit einem Starttermin im Jahr 2018 viel zu spät greifen würde, da es bereits in diesem Jahr zusätzlicher Investitionen bedarf, wenn der Sanierungsstau tatsächlich abgebaut werden soll.
(Beifall CDU)
Genauso zieht sich unsere Kritik am Unterrichtsausfall an den Schulen durch die gesamte Regierungszeit von Rot-Grün-Blau. Die vielen neuen Lehrerstellen haben daran nämlich bis heute überhaupt nichts geändert. Stattdessen wurden nur selbst verursachte Mehrbedarfe gedeckt, die sich zum einen aus dem verfehlten Inklusionskonzept und zum anderen aus der flächendeckenden Einführung von Kleinstoberstufen an den Gemeinschaftsschulen ergeben. Am Unterrichtsausfall haben diese zusätzlichen Lehrerstellen überhaupt nichts geändert.
Und bei der inneren Sicherheit war es diese Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW, die einen Stellenabbau bei der Polizei über den ursprünglichen Stellenabbaupfad hinaus vornehmen wollte. Viel zu lange haben Sie an diesem Irrweg festgehalten und steigende Einbruchskriminalität mit niedrigen Aufklärungsquoten damit billigend in Kauf genommen.
(Beifall CDU)
Meine Damen und Herren, der vorliegende Nachtragshaushalt ist deshalb nichts anderes als die Antwort der Landesregierung auf diese Kritik der Union.
(Zuruf: Dann könnt ihr ja zustimmen! - Weitere Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage Ihnen aber: Ihre Versäumnisse von vier Jahren lassen sich nicht mal eben mit einem Nachtragshaushalt ein Jahr vor der Landtagswahl wieder wettmachen.
(Beifall CDU)
Im Bereich der inneren Sicherheit gibt es zwar zusätzliche Stellen für die Justiz
(Beifall Martin Habersaat [SPD])
- zu früh geklatscht -, aber im Nachtragshaushalt findet sich keine einzige zusätzliche Stelle für die Polizei. Weshalb nicht? - Weil die Ausbildungskapazitäten bereits ausgeschöpft sind und damit einen natürlichen Begrenzungsfaktor darstellen. Hätten Sie doch bloß auf die CDU gehört und schon im Jahr 2015 zusätzliche Anwärterstellen im Polizeibereich geschaffen! Dieses Versagen werden Sie mit diesem Nachtragshaushalt nicht wieder wettmachen können.
(Beifall CDU)
Im Bildungsbereich werden noch einmal 200 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen, denen allerdings wiederum ein zusätzlicher Mehrbedarf aufgrund der zu uns gekommenen Flüchtlingskinder gegenübersteht. Auch darauf haben wir bereits im letzten Jahr hingewiesen und deshalb eine deutliche höhere Zahl von Neueinstellungen mit dem Haushalt 2016 gefordert. So aber wird sich am Unterrichtsausfall an den Schulen auch mit diesem Nachtragshaushalt wieder nichts ändern.
Und dann die im wahrsten Sinne größte Baustelle der Landesregierung, nämlich der durch zu geringe Investitionen verursachte Sanierungsstau in Milliardenhöhe. Man könnte ja sagen, 100 Millionen € sind immerhin ein Anfang und besser jetzt als im Jahr 2018. Wie aber schaut es im Detail aus? - Die 100 Millionen € verteilen sich auf die Jahre 2016 und 2017 - für dieses Jahr bleibt nur ein Betrag von 40 Millionen € übrig.
(Zuruf SPD: Guck doch mal in den Kalender!)
10 Millionen € von diesen 40 Millionen € entfallen dabei auf Werkverträge im Bereich der Digitalen Agenda, was in der Sache überhaupt nicht zu kritisieren ist.
(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oho!)
Das haben wir nie bestritten, aber trotzdem bedeutet das in der Konsequenz, dass zum Abbau des Sanierungsstaus in diesem Jahr nur noch einen Betrag von 30 Millionen € verbleibt. Und hinter den darin enthaltenen 7 Millionen € für die Krankenhausinvestitionen muss man zudem noch ein großes Fragezeichen machen, denn bislang ist die erforderliche Kofinanzierung der Kommunen überhaupt nicht geklärt, sodass noch keineswegs sichergestellt ist, dass nur ein einziger Euro von diesen Krankenhausinvestitionen auch tatsächlich abfließt.
Im Zweifelsfall verbleibt für den Abbau des Sanierungsstaus in diesem Jahr lediglich ein Betrag von 23 Millionen € aus diesem Nachtragshaushalt, und das ist weniger als 1 % der von Ihnen selbst ermittelten Finanzierungslücke zum Abbau des Sanierungsstaus. Mit anderen Worten, wenn Sie in dem Tempo weitermachen, dann dauert es 100 Jahre, bis der Sanierungsstau abgebaut ist, und alle ihre Ankündigungen sind Makulatur.
(Beifall CDU)
Der angesprochene Bereich der Krankenhausinvestitionen wirft aber die zusätzlich spannende Frage auf, was es mit den im Nachtragshaushalt für die Jahre 2016 und 2017 vorgesehenen Investitionen tatsächlich auf sich hat. Handelt es sich dabei wirklich um reale Investitionsprojekte, die in diesen beiden Jahren realisiert werden? Oder, Herr Kollege Habersaat, wird auf dem Papier etwas vorgegaukelt?
Am vergangenen Freitag war in der Stormarn-Ausgabe des „Hamburger Abendblatts“ nämlich folgende Überschrift zu lesen: „Reinbeker Krankenhaus startet Millionenumbau“. - Das ist aber mutig, habe ich mir gedacht. Die machen den Spatenstich schon eine Woche, bevor der Landtag diesen Nachtragshaushalt überhaupt beschlossen hat. Spannend oder?
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie sind ja ein Detektiv, was Sie alles herausfinden!)
Dann habe ich sogar den Artikel zu Ende gelesen und nicht nur die Überschrift. Und in dem Artikel steht, dass es sich dabei um ein Bauprojekt handelt, welches sich bis zum Jahr 2020 erstreckt. Dieses Bauprojekt gliedert sich in mehrere Bauabschnitte. Im ersten Bauabschnitt -
(Zurufe SPD: Skandal! - Unruhe)
Präsident Klaus Schlie:
Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass der Abgeordnete Koch das Wort hat.
Tobias Koch [CDU]:
Vielen Dank. - Noch einmal für alle: Im Nachtragshaushalt sind Mittel für die Erweiterung der zentralen Notaufnahme am Krankenhaus in Reinbek eingestellt. Das dort letzte Woche begonnene Bauprojekt erstreckt sich über drei Bauabschnitte. In der ersten Phase wird die Intensivstation vergrößert und
eine Erweiterung der Cafeteria vorgenommen. Im zweiten Bauabschnitt - ab Mitte 2018 - erfolgt der Bau einer neuen Überwachungsstation. Voraussichtlich erst im Sommer 2019 wird dann mit dem dritten Bauabschnitt die neue zentrale Notaufnahme errichtet.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung legt dem Landtag einen Nachtragshaushalt vor, der für die Jahre 2016 und 2017 2 Millionen € für die Erweiterung der zentralen Notaufnahme am Krankenhaus in Reinbek vorsieht, die tatsächlich aber erst 2019 beziehungsweise 2020 vorgenommen wird.
(Peter Eichstädt [SPD]: Nun staunst du aber! - Vereinzelte Heiterkeit)
Es werden überhaupt keine zusätzlichen Investitionen getätigt. Es werden auch keine Maßnahmen auf die Jahre 2016/2017 vorgezogen. Vielmehr wird das dargestellt, was in den Jahren 2019 und 2020 ohnehin realisiert worden wäre. Das ist der Neuigkeitswert Ihres Nachtragshaushalts. Man muss schon fragen, wie es sich dann mit den anderen Investitionen in diesem Nachtragshaushalt verhält.
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ähnlich!)
Was ist mit den aufgeführten Landesstraßen? Wir werden verfolgen, Frau Ministerin, ob diese Projekte tatsächlich in diesem Jahr begonnen werden oder ob nur etwas auf dem Papier dargestellt wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in meiner verbleibenden Redezeit auf den Änderungsantrag der CDU-Fraktion zu sprechen kommen: Mit unserem Änderungsantrag wollen wir dreierlei erreichen. Wir wollen erstens mehr investieren als von der Landesregierung vorgesehen, damit in den Jahren 2016 und 2017 tatsächlich 100 Millionen € in den Abbau des Sanierungsstaus fließen. Deshalb stocken wir die Mittel für den kommunalen Sportstättenbau um 2 Millionen € auf und verdoppeln die für dieses Jahr vorgesehenen Krankenhausfinanzierungsmittel auf 14,4 Millionen €.
Zweitens wollen wir sicherstellen, dass die Krankenhausinvestition nicht an der kommunalen Kofinanzierung scheitert. Es ist schön und gut, wenn sich die Landesregierung in Gesprächen mit den kommunalen Landesverbänden befindet. Noch schöner ist es, wenn die Landesregierung dabei unserem Stundungsvorschlag nähertritt. Gespräche ändern aber nichts an der geltenden Rechtslage. § 21 Gesetz zur Ausführung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sieht vor, dass sich die Kommunen jährlich mit dem gleichen Betrag an der Krankenhausfinanzierung beteiligen müssen, wie das Land Mittel zur Verfügung stellt. Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion sieht deshalb explizit vor, diesen Paragrafen des Ausführungsgesetzes um einen Stundungspassus zu ergänzen. Wenn wir die Landesmittel verdoppeln, haben wir diese Maßnahme komplett ausfinanziert.
(Beifall CDU)
Drittens wollen wir mit unserem Änderungsantrag die vorgesehene Neuverschuldung im Jahr 2016 um 100 Millionen € reduzieren. Ein Nachtragshaushalt hat nämlich immer auch die Aufgabe, zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen und neuen Erkenntnissen Rechnung zu tragen. Genau solche neuen Erkenntnisse haben wir mit dem Jahresabschluss 2015 vorliegen.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann ihn nicht eins zu eins umsetzen!)
- Das tun wir nicht, Herr Kollege Andresen. Aber wir ziehen die richtigen Konsequenzen aus dem Jahresabschluss 2015. Denn dieser belegt, dass die Ausgaben für Zinsen und für Personal im Haushalt 2016 deutlich über Bedarf angesetzt sind. Der Ansatz für Zinszahlungen liegt in diesem Jahr um 22 Millionen € über den tatsächlichen Ausgaben des Vorjahres. Bei den Personalausgaben beträgt die Differenz zwischen dem Ist 2015 und dem Soll 2016 sogar stattliche 250 Millionen €. In beiden Positionen nehmen wir zusammen deshalb die bedarfsgerechten Kürzungen vor und reduzieren im Gegenzug die Neuverschuldung um 100 Millionen €. Die beste finanzielle Vorsorge, die man überhaupt treffen kann, ist nämlich, die Neuverschuldung so niedrig wie möglich anzusetzen.
(Beifall CDU)
Was wäre sonst zu befürchten? Sonst wäre zu befürchten, dass die Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und SSW auf die Idee kommen, in diesem Jahr einen zweiten Nachtragshaushalt vorzulegen, um noch weiteres Geld auszugeben. Deswegen ist es besser, wenn wir die Kreditaufnahme bereits zum jetzigen Zeitpunkt entsprechend herabsetzen.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, wir sollten mehr ausgeben! Wir sollten investieren! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Erst mehr, dann weniger?)
Präsident Klaus Schlie:
Herr Koch, Sie dürfen die Ihnen verbleibende Redezeit gern noch für die Weiterführung Ihrer Rede nutzen.
Tobias Koch [CDU]:
Vielen Dank, Herr Präsident. Das gibt mir die Möglichkeit, einen letzten Satz auf den FDP-Änderungsantrag zu verwenden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich ging davon aus, dass wir hier über den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr 2016 beraten und keinen Aufguss der Haushaltsberatungen für das komplette Haushaltsjahr 2016 haben. Das können Sie machen. Wir müssen dem allerdings nicht zustimmen. Wir werden den FDP-Änderungsantrag deshalb ablehnen.
(Zurufe FDP: Oh!)
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Vielen Dank.
(Beifall CDU - Heiterkeit)
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