Zweite Lesung des Entwurfs eines Haushaltsgesetzes zum Haushaltsplan 2011/2013

15.12.2010

Rede in der Landtagssitzung vom 15. Dezember 2010

Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich im Jahr 2005 zum ersten Mal in den Landtag gewählt wurde, hatten wir als eine der ersten Entscheidungen über einen verfassungswidrigen Nachtragshaushalt mit einer Nettoneuverschuldung von 1,7 Milliarden € zu befinden. Für mich als jungen Abgeordneten war das eine äußerst bedrückende Situation. Einen Rechtsbruch, einen Verstoß gegen die eigene Verfassung begehen zu müssen, war das Gegenteil von dem, was ich mir als frisch gewählter Abgeordneter vorgestellt hatte.
Gleichwohl gab es dazu angesichts des erfolgten Kassensturzes nach der Regierungsablösung von Rot-Grün keine Alternative. Umso mehr hätte ich mir schon damals gewünscht, dass die Große Koalition diese dramatische Situation mit aller Entschlossenheit und Tatkraft angegangen wäre.
(Beifall bei der CDU)
Umso enttäuschender war es festzustellen, dass die Große Koalition mit der SPD als Koalitionspartner nicht zu großen Taten bei der Haushaltssanierung fähig war. Die von der Union in den Jahren 2006, 2007 und 2008 vorgelegten Vorschläge zum Personalabbau wurden von der SPD kategorisch abgelehnt, und anstelle von Ausgabenkürzungen wurden weite Haushaltsbereiche zum Tabu erklärt. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass die Große Koalition an der SPD gescheitert ist, dann sind es die jetzt vorliegenden Haushaltsanträge der SPD.
So ist es heute eine kleine Koalition aus CDU und FDP, die endlich das in Angriff nimmt, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten schon längst überfällig war. Wir müssen bei unserem Haushalt die Ausgaben wieder an die Einnahmen anpassen.
(Beifall bei CDU und FDP)
Angesichts der weit auseinanderklaffenden Schere geht dieses nicht ohne schmerzliche Einschnitte, die für die Bürgerinnen und Bürger mit persönlichen Betroffenheiten verbunden sind. Indem wir aber den Weg in den Staatsbankrott stoppen, betreiben wir gleichzeitig die bestmögliche Sozialpolitik, denn es wären vor allem die sozial Schwächeren in unserer Gesellschaft, die die Folgen einer Staatspleite zu tragen hätten. Es wäre deshalb unsere gemeinsame Verantwortung gewesen, dieses der Öffentlichkeit zu erklären. Spätestens mit der im Mai beschlossenen Schuldenbremse in unserer Landesverfassung hatten wir uns auch gemeinsam dazu verpflichtet. Heute, gerade einmal ein halbes Jahr später, ist dies bei der Opposition schon wieder in Vergessenheit geraten. Stattdessen fällt man in alte politische Reflexe zurück und verspricht dem Wählern das Blaue vom Himmel, um sich als Opposition zu profilieren.
(Beifall bei CDU und FDP)
Ich bin mir sicher, die Bürgerinnen und Bürger sind aufgeklärt genug, um sich hiervon nicht länger täuschen zu lassen. Die Zeiten, in denen derjenige gewählt wurde, der am meisten verspricht, ohne es bezahlen zu können, sind ein für alle Mal vorbei.
(Beifall bei CDU und FDP)
Der SSW fordert mit seinem Antrag Drucksache 17/1076, die erwarteten Steuermehreinnahmen für Mehrausgaben im Bereich der Kinderbetreuung zu verwenden. Lieber Kollege Lars Harms, entweder haben Sie nicht verstanden, was wir damals mit der Schuldenbremse gemeinsam vereinbart haben oder dieser Antrag ist ein Aufruf zum bewussten Verfassungsbruch.
(Zurufe von der SPD - Glocke der Präsidentin)
Die Schuldenbremse beinhaltet einen genau festgelegten Mechanismus, nach dem konjunkturelle Entwicklungen im Auf- und im Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen sind. Diese Regelung lässt es zu, dass wir in Krisenzeiten Kredite aufnehmen, um den Haushalt auszugleichen. Genau das haben wir in den Jahren 2009 und 2010 auch getan. Trotz der verbesserten November-Steuerschätzung ist nach dem vorliegenden Haushaltsentwurf eine weitere Kreditaufnahme in Höhe von 400 Millionen € zum konjunkturellen Ausgleich erforderlich. Die Symmetrie der Schuldenbremse verlangt aber, dass konjunkturell bedingte Steuereinnahmen zu allererst dafür verwendet werden, um auf diese Kreditaufnahme zu verzichten.
Sollten die Steuereinnahmen konjunkturbedingt noch darüber hinaus steigen, dann sind als Nächstes die bis dahin aufgenommenen Konjunkturkredite wieder zu tilgen. Sollten die Steuereinnahmen noch darüber hinaus steigen, dann wäre daraus eine Konjunkturrücklage zu bilden, um für die nächste Krise gewappnet zu sein. Dann hätten wir zum allerersten Mal nach fast 100 Jahren John Maynard Keynes richtig in die Praxis umgesetzt.
(Beifall bei CDU und FDP)
Für Mehrausgaben gleich welcher Art stehen konjunkturbedingte Steuereinnahmen somit unter keinem Umstand zur Verfügung.
Sofern der Kollege Harms mit seinem Antrag auf strukturelle Steuermehreinnahmen - zum Beispiel durch Steuerrechtsänderungen bei der Lohn- und Einkommensteuer - oder auf die Abschaffung von Ermäßigungstatbeständen bei der Umsatzsteuer abstellt, so wissen wir alle auch, dass wir strukturelle Steuereinnahmen im Volumen von 400 Millionen € dringend benötigen, um den Abbaupfad bis 2020 einhalten zu können.
(Beifall bei der CDU)
Auch diese Steuereinnahmen stehen deshalb für Mehrausgaben nicht zur Verfügung.
Wie man unter Einhaltung der Schuldenbremse dennoch mehr für Kinderbetreuung tun kann, haben die Fraktionen von CDU und FDP mit ihrem Haushaltsantrag bewiesen. Wir ziehen die Investitionen für den Ausbau der Krippenplätze für unter Dreijährige vor und stocken die Mittel auf 60 Millionen € auf. Den Spielraum dazu hat uns die sparsame Haushaltsführung unserer Landesregierung eröffnet. Wir greifen dabei auf Minderausgaben des Jahres 2010 zurück. Mit Minderausgaben an der einen Stelle lassen sich einmalige Mehrausgaben an anderer Stelle finanzieren. Das ist seriöse Haushaltspolitik.
(Beifall bei CDU und FDP)
Nicht seriös ist hingegen das, was Grüne und SPD in ihren Haushaltsanträgen gemacht haben. Da wird die Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf das Jahr 2011 vorgezogen. Dann wird argumentiert, dass die daraus zu erwartenden Einnahmen in Höhe von 80 Millionen € im Konzept der Landesregierung nicht enthalten gewesen seien und deshalb für zusätzliche Mehrausgaben verwandt werden könnten. Auf diese Weise bleiben bei den Grünen von der erhöhten Grunderwerbsteuer am Ende nur 32 Millionen € im Jahr 2011 und im Jahr 2012 sogar nur noch 19 Millionen € übrig, um die Kreditaufnahme zurückzuführen.
(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie angekündigt!)
Die Argumentation wäre dann gerade noch vertretbar, wenn Sie mit diesen Steuereinnahmen einmalige Mehrausgaben tätigen würden, die nur 2011 und 2012 anfallen. Sie führen damit aber dauerhafte Mehrausgaben herbei: Lehramtsoffensive, Schülerbeförderung, grüne Version des Gastschulschulabkommens, Waldorfschulen, dänische Schulen, Fortbildungsoffensive, zusätzliche Lehrerstellen, Landesblindengeld, Sozialvertrag und so weiter und so weiter. Das sind alles dauerhafte Mehrausgaben.
(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Was machen Sie dann ab 2013? Ab 2013 ist die erhöhte Grunderwerbsteuer auch bei der Landesregierung vorgesehen. Die Grunderwerbsteuer steht ab 2013 nicht mehr zur Deckung Ihrer Mehrausgaben zur Verfügung. Sie müssen also alles wieder streichen, was Sie nun hier gefordert haben.
Mit nachhaltiger und seriöser Haushaltspolitik hat das überhaupt nichts zu tun. Was Sie hier betreiben, ist eine reine kurzfristige Effekthascherei ohne jegliche Substanz und Nachhaltigkeit.
(Beifall bei CDU und FDP)
Vizepräsidentin Anita Klahn:
Herr Abgeordneter Koch, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Heinold zu?
Tobias Koch [CDU]:
Nein, ich lasse heute überhaupt keine Zwischenfragen zu. Die Opposition hatte lange genug Zeit, um zu fragen. Ich stehe aber gern im Anschluss für weitere Fragen zur Verfügung.
Was wir heute hier erleben, ist nämlich reines Oppositionsgehabe. Das hat Kollegin Heinold mit ihrer Zwischenfrage heute Vormittag selbst deutlich gemacht. Was ist bloß aus Ihrem Anspruch geworden, Ihre Haushaltspolitik so zu betreiben, dass Sie jederzeit in der Lage sind, Regierungsverantwortung zu übernehmen? Davon haben Sie sich offensichtlich selbst verabschiedet. Die Krönung des Ganzen war die grüne Version des Gastschulabkommens. Bei Ihnen geht Parteiräson offenbar über das Wohl des Landes hinaus.
(Beifall bei der CDU)
Noch dicker als bei den Grünen kommt es bei der SPD. Auch Sie von der SPD wollen alles, was die Grünen wollen, aber noch viel mehr: Hochschulmedizin, zusätzliche Lehrerstellen, Sozialverträge III und IV, 25 Millionen € für die Gebührenfreiheit im letzten Kita-Jahr.
Am Ende reicht die vorgezogene Grunderwerbsteuererhöhung noch nicht einmal, um alle Wünsche der SPD zu finanzieren. Stattdessen greifen Sie auf altbekannte Haushaltstricks aus Ihrer Regierungszeit zurück und kaschieren die verbleibende Lücke mit einer globalen Minderausgabe, die sich für 2012 auf 12 Millionen € beläuft.
Natürlich gibt die SPD auch das Geld aus der Küstenschutzabgabe aus. Es ist das gleiche Geld, das Herr Stegner, Frau Trauernicht und Herr Hölck gerade pressewirksam abgelehnt haben. Ansonsten macht die SPD so gut wie keinen nennenswerten Kürzungsvorschlag. Sie sattelt nur obendrauf. Am Ende reicht das Geld nicht, und wir machen neue Schulden. Das ist das wahre Gesicht der SPD.
(Beifall bei CDU und FDP)
Immerhin haben Sie es der LINKEN damit ziemlich schwer gemacht, diesen Irrsinn noch zu überbieten. Aber die Linken wären nicht die Linken, wenn sie es nicht trotzdem geschafft hätten, Herr Schippels. Ganz genau.
(Beifall bei CDU und FDP)
Die Linken wollen so ziemlich alles, was die Grünen und die SPD auch wollen und außerdem 9 Millionen € für die kostenfreie Schülerbeförderung, 19 Millionen € für die Rücknahme des Pflichtstundenerlasses, 50 Millionen € für den Aufbau eines öffentlichen Beschäftigungssektors und 78 Millionen € für drei beitragsfreie Kindergartenjahre.
Die Finanzierung ist nach Auffassung der Linken auch ganz einfach. Schleswig-Holstein meldet einfach Konkurs an und stellt die Zinszahlungen für die in der Vergangenheit aufgenommenen Kredite teilweise ein. Gleichzeitig vertrauen wir darauf, dass wir neue Kreditgeber finden, die uns die 260 Millionen € geben, die die Linken brauchen, um ihre Wunschliste zu erfüllen, auch wenn wir dafür dann keine Zinsen in der Zukunft mehr bezahlen.
(Beifall bei CDU und FDP)
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Union und FDP halten strikt an dem eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung fest. Wir nehmen die Schuldenbremse ernst und achten unsere Verfassung. Wir wollen die Neuverschuldung bis zum Jahr 2020 auf Null zurückführen und den Weg dahin so gestalten, dass wir die Konsolidierungshilfe von Bund und Ländern erhalten. Die Fraktionsanträge von CDU und FDP sind deshalb solide gegenfinanziert. Wir verwenden die vorgezogene Grunderwerbsteuererhöhung in 2012 in vollem Unfang zu einem Abbau der Neuverschuldung.
(Beifall bei CDU und FDP)
Das strukturelle Defizit sinkt 2012 auf 840 Millionen €. Damit haben wir in nur zwei Jahren bereits ein Drittel des Weges zurückgelegt. Das ist eine seriöse Haushaltspolitik, die für Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sorgt. Was Rot-Grün verschuldet hat und die große Koalition nicht heilen konnte, das leisten jetzt CDU und FDP auch mit denkbar knappster Mehrheit.
(Beifall bei CDU und FDP)
Ich zolle deshalb allen Kolleginnen und Kollegen beider Fraktionen meinen höchsten Respekt dafür, dass wir diesen Weg gemeinsam mit Mut und Entschlossenheit gehen. Wenn wir es nicht tun würden, würde es auch kein anderer tun. Packen wir es an! Glück auf!
(Beifall bei CDU und FDP)