Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung der „hsh portfoliomanagement AöR“ und zur Anpassung eines Staatsvertrag

18.12.2015

Rede in der Landtagssitzung am 18. Dezember 2015

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will meine heutige Rede mit ähnlichen Worten beginnen wie der Kollege Rasmus Andresen seine am vergangenen Mittwoch. Die Abstimmung über die HSH-Staatsverträge ist eine der schwerwiegendsten Entscheidungen und mit Sicherheit die finanziell gravierendste Entscheidung, die dieser Landtag in seiner Geschichte je zu treffen gehabt hat. Sie ist aus meiner Sicht aus drei Gründen sogar noch schwieriger zu fällen als die Entscheidung des Jahres 2009.
Erstens hat sich das Haftungsrisiko für die Länder aus Garantie und Gewährträgerhaftung mittlerweile auf rund 20 Milliarden € reduziert. Im Jahre 2009 lag es mit 65 Milliarden € noch mehr als dreimal so hoch.

Zweitens konnte man damals zwar durchaus Zweifel am Geschäftsmodell der HSH Nordbank haben, heute wissen wir aber mit Sicherheit, dass die Bank in ihrer jetzigen Form nicht überlebensfähig ist.

Drittens waren die Beratungen im Jahr 2009 im Vorfeld der Abstimmung über den Staatsvertrag deutlich intensiver und ausführlicher, als es jetzt in den sieben Wochen von Ende Oktober bis heute der Fall war. Ich will daran erinnern, dass wir damals mit den Präsidenten von SoFFin und BaFin hier persönlich in Kiel diskutiert haben. Insbesondere BaFin-Präsident Sanio hat damals eindringlich vor dem Experiment einer kontrollierten Abwicklung gewarnt. Auch alle übrigen ins Spiel gebrachten Alternativen waren damals aus seiner Sicht nicht empfehlenswert. Auch die Möglichkeit einer Übernahme von Altlasten durch den Bund war damals bei der Abstimmung über den Staatsvertrag genauso wenig gegeben, wie es heute der Fall ist. Im Jahr 2009 gab es somit gewichtige Gründe, die Entscheidung genau so zu treffen, wie CDU und SPD es damals gemeinsam getan haben.

Es ist ja keinesfalls so, dass die Entscheidung des Jahres 2009 die Ursache für die Krise der Bank gewesen ist. Genauso wenig ist übrigens auch die Reduzierung der Garantiesumme im Jahr 2011 dafür verantwortlich, dass die Bank heute nicht mehr lebensfähig ist. Deshalb ist es schon eine gewisse Ironie der Geschichte, dass heute aus Reihen der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen um Zustimmung der Opposition geworben wird, während die gleichen Personen 2009 mit Nein gestimmt haben, obwohl die Risiken damals für das Land und auch die Sparkassen um eine Vielfaches höher waren, als sie es heute noch sind.
Mit dem jetzt deutlich gesunkenen Haftungsrisiko, mit der veränderten Einschätzung zum Geschäftsmodell der Bank und mit den zwischenzeitlich entwickelten Abwicklungsmechanismen als Konsequenz aus der Finanzmarktkrise rückt die Möglichkeit einer Abwicklung der Bank deutlich stärker in den Fokus, als dies unter den Gegebenheiten des Jahres 2009 der Fall sein konnte. Heute wäre eine Abwicklung der Bank zwar eine schwere finanzielle Belastung für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, damals wäre sie für beide Bundesländer hingegen existenzbedrohend gewesen.

Auf der anderen Seite ist eine Abwicklung auch heute noch mit der Gefahr von unkalkulierbaren Kollateralschäden verbunden. Ich meine damit nicht nur die Auswirkungen auf die Sparkassenfamilie hier in Schleswig-Holstein, ich meine auch die Auswirkungen auf die Reputation und die Kreditwürdigkeit des Landes selber. Aber auch mit einer Zustimmung zu den Staatsverträgen ist eine Abwicklung der HSH Nordbank ja keinesfalls ausgeschlossen, sondern sie ist im Falle eines erfolglosen Verkaufsprozesses lediglich um zwei Jahre verschoben, inklusive der dann für die Sparkassen auftretenden Folgewirkungen.
Ich habe bereits am Mittwoch darauf hingewiesen, dass entgegen den Annahmen der Landesregierung eine Abwicklung im Jahr 2018 auch teurer werden kann als zum jetzigen Zeitpunkt. Die zugrundeliegenden Annahmen der Landesregierung, die eine Fortführung der HSH Nordbank vorteilhaft erscheinen lassen, sind nämlich in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Nur wenn man wie die Landesregierung die Risiken aus der Garantieaufstockung, die Risiken aus der Übernahme der Altlasten und die seit Oktober gesunkene Gewährträgerhaftung außen vor lässt, geht die Rechnung der Landesregierung auf.

Der Ministerpräsident hat in seiner Haushaltsrede am Mittwoch immerhin eingeräumt, dass man bei veränderten Annahmen auch zu anderen Ergebnissen kommen könne

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist ja zwingend!)

und dass niemand heute mit Sicherheit sagen könne, welche Berechnung am Ende zutreffend sei. Herr Ministerpräsident, das gilt aber eben genauso auch für die Berechnungen und Annahmen der Landesregierung selber.

Meine Damen und Herren, unter diesen äußerst schwierigen und komplexen Voraussetzungen, die mit einem hohen Maß an Unsicherheit belastet sind, sollen die Abgeordneten des Landtages nun heute eine Entscheidung treffen. Die CDU-Fraktion hat dabei weder eine Blockadehaltung eingenommen, noch macht sich die CDU vom Acker, wie uns am Mittwoch vorgeworfen wurde.
Seitdem sich im Jahre 2012 die Verluste für die Länder immer deutlicher abgezeichnet haben, haben wir immer wieder gefordert, Vorsorge für diese Risiken zu treffen. SPD, Grüne und SSW haben mit ihrer Abkehr vom strikten Konsolidierungskurs stattdessen das genaue Gegenteil getan. Wir hätten uns unsere Entscheidung deshalb heute ganz einfach machen können und hätten auf die verfehlte Haushaltspolitik von Rot-Grün-Blau verweisen und damit unsere Ablehnung der Staatsverträge begründen können. Das hätte man dann vielleicht als Blockadepolitik bezeichnen können. Das haben wir aber nicht getan.

Wir hätten uns auch um die Entscheidung herumdrücken können, indem wir angesichts der fehlenden Gutachten über den Marktwert der zu übernehmenden Altlasten eine Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt hätten. Aber auch diese berechtigte Argumentation wollen wir nicht dazu verwenden, um uns bei der Entscheidungsfindung vom Acker zu machen. Wir haben stattdessen gemeinsam mit der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft einen Weg gesucht, der die Risiken so weit wie möglich begrenzt und unter diesen Voraussetzungen dann auch eine Zustimmung der Opposition zu den Staatsverträgen ermöglicht.

Den entsprechenden Änderungsantrag mit unseren Vorschlägen haben wir rechtzeitig vor der Abstimmung in beiden Parlamenten eingebracht. Während die Regierungsfraktionen darauf immerhin verhalten positiv reagiert und auch Gesprächsbereitschaft signalisiert haben, mussten wir erleben, dass die Finanzministerin diesen konstruktiven Vorschlag
vom Tisch gewischt hat, kaum dass wir ihn unterbreitet hatten.

Das Totschlagargument von Monika Heinold hieß: Die von der CDU-Fraktion vorgeschlagene Begrenzung der Kreditermächtigung widerspreche der Einigung mit der EU-Kommission. Dabei ist die Frage der Kreditermächtigung überhaupt nicht Gegenstand der Einigung mit der EU-Kommission. Die Einigung sieht vor, dass die Länder Altlasten im Volumen von 6,2 Milliarden € übernehmen sollen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nicht sollen, sondern können!)

- Bis zu dieser Summe übernehmen können. Egal wie, Herr Kollege Kubicki, in jedem Fall sieht diese Einigung keine Regelung dahin gehend vor, wie die Länder das finanzieren sollen. Ob oder in welcher Höhe sie dazu eine Kreditermächtigung einer Anstalt geben oder ob sie das direkt aus dem Landeshaushalt finanzieren, ist der EU-Kommission vollkommen egal. Deswegen ist die Behauptung der Finanzministerin, der CDU-Antrag hätte die sofortige Abwicklung der HSH Nordbank zur Folge gehabt, blanker Unsinn.

(Beifall CDU)

Nach einer Woche des Nachdenkens und nach intensiven Beratungen in den Regierungsfraktionen hörte sich das am Mittwoch dann auch ganz anders an. Jetzt war nur noch von einem falschen Signal an die Märkte die Rede. Im nächsten Jahr wäre die Finanzministerin jetzt sogar bereit, einer Änderung des Staatsvertrags näherzutreten und darüber nachzudenken und dann der CDU-Forderung Folge zu leisten.

Meine Damen und Herren, es ist schön, dass die Landesregierung jetzt von ihrem Totschlagargument abrückt; diese Einsicht kommt allerdings viel zu spät angesichts der in Hamburg bereits getroffenen Entscheidung. Ich hätte erwartet, dass sich die Landesregierung genau diese Gedanken bereits zum Zeitpunkt der Verhandlungen mit Hamburg gemacht hätte und damals schon darauf gedrungen hätte, die Risiken für das Land so weit wie möglich zu begrenzen. Die Formulierung im Staatsvertrag hätte dann gemäß dem Vorschlag von Monika Heinold nämlich auch lauten können: Die Abwicklungsanstalt wird zur Aufnahme von Krediten über 6,2 Milliarden € ermächtigt, maximal jedoch bis zur Höhe des Marktwertes der zu übernehmen Risikopositionen. Dann wären wir uns in diesem Punkt einig gewesen. Wenn man als Landesregierung schon nicht selbst auf die Idee kommt, eine solche Begrenzung der Kreditermächtigung in den Staatsvertrag hineinzuverhandeln, dann sollte man konstruktive Vorschläge der Opposition nicht leichtfertig vom Tisch wischen.

(Beifall CDU)

Nun sollen wir ohne eine entsprechende Regelung im Staatsvertrag als Opposition trotzdem zustimmen. Wir sollen darauf vertrauen, dass die Regierung im nächsten Jahr darüber nachdenkt, in Gespräche mit Hamburg einzutreten, ob möglicherweise die Kreditermächtigung reduziert werden kann. Wie soll man sich als Opposition auf eine derartig vage Aussicht verlassen, wenn uns die Regierung gleichzeitig per Umdruck schriftlich mitteilt, dass die Kreditermächtigungen deshalb so hoch angesetzt werden, damit sich die Milliardenverluste der HSH Nordbank erst ab dem Jahr 2030 auf den Landeshaushalt auswirken? Alle bis dahin anfallenden Bearbeitungskosten, Finanzierungsaufwendungen und Abwicklungsverluste sollen im Rahmen dieser übergroßen Kreditermächtigungen von den beiden AöRs getragen werden und erst dann in den Landeshaushalt übernommen werden, wenn die Regierung Albig längst in Vergessenheit geraten ist. Erst dann sollen diese Verluste auf den Landeshaushalt übertragen werden.

Meine Damen und Herren, niemand kann von uns erwarten, dass wir einen derartigen Blankoscheck für die Einrichtung eines Schattenhaushalts ausstellen, der nur dazu dienen soll, die Wahrheit über die Verluste bis auf die Zeit nach 2030 außerhalb des Landeshaushaltes zu verstecken. Die CDU-Fraktion wird die Staatsverträge deshalb heute in der vorliegenden Form ablehnen. - Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall CDU)