Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schleswig-Holstein kann keine Steuersenkungen verkraften, wenn diese den eingeschlagenen Konsolidierungskurs gefährden. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, an der Stelle hätte ich von allen Fraktionen Applaus erwartet.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU)
Das war bisher immer gemeinsame Politik dieses Hauses, und das ist es auch heute. Denn wir haben bereits im Mai 2010 in diesem Landtag mit den Stimmen aller Fraktionen - mit Ausnahme der LINKEN - die Bundesregierung aufgefordert, bis 2020 keine Mindereinnahmen für Länder und Kommunen zu beschließen, wenn diese die Einhaltung der Schuldenbremse gefährden.
Das zeigt: Der inhaltsgleiche Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - in der Juni-Tagung noch als Dringlichkeitsantrag gestellt - hat zwar die richtige inhaltliche Intention, er war aber weder dringlich, noch stellte er einen neuen Aspekt in der Debatte dar. Denn wir haben das bereits beschlossen, und wir müssen nicht alles doppelt und dreifach beschließen. Da hätte ich von den Grünen schon etwas mehr erwartet. So war es nur der übliche politische Schnellschuss, wie wir ihn aus der Opposition leider allzu oft erleben.
Für eine fundierte, sachliche Debatte ist es doch erforderlich, die Eckpunkte eines Gesetzentwurfs zu kennen. Erst dann kann man beurteilen, ob und in welchem Umfang sich Auswirkungen finanzieller Art auf Länder und Kommunen ergeben. Sollte sich die Bundesregierung zu einer Steuersenkung derart entscheiden, dass es zu einer Abschaffung oder Reduzierung des Solidaritätszuschlags kommt, gibt es keine Auswirkungen auf Länder und Kommunen. Dann wäre das im Bundesrat nicht einmal zustimmungspflichtig. Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN würde dann ins Leere laufen. Eine bloße Wiederholung unserer ablehnenden Position bringt die aktuelle steuerpolitische Debatte nicht voran. Wir haben das bereits beschlossen.
Wenn man sich die aktuelle Debatte anschaut, dann mangelt es in dieser Debatte an einem klaren Kompass.
(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Auch da dürfen gern alle klatschen. - Anstelle eines in sich konsistenten und schlüssigen Reformvorschlags geistert vielmehr ein Sammelsurium von steuerpolitischen Einzelvorschlägen durch die Debatte: Mittelstandsbauch abspecken, kalte Progression bekämpfen, Kfz-Steuer auf den Benzinpreis umlegen, Erhöhung des Spitzensteuersatzes - um nur einige Schlagworte aus den letzten Wochen zu nennen.
Frau Kollegin Heinold, mit unserem Änderungsantrag versuchen wir stattdessen, einen Impuls für eine strukturierte und geordnete Debatte zu leisten, in der Hoffnung, dass am Ende ein entsprechendes Ergebnis dabei herauskommt. Wir lassen uns dabei von dem Grundsatz leiten, dass angesichts der Situation aller öffentlichen Haushalte - sowohl beim Bund, bei den Ländern als auch bei den Kommunen - Steuervereinfachung Vorrang vor Steuersenkungen haben muss. Ein einfaches und transparentes Steuerrecht entlastet die Steuerzahler, also die Bürgerinnen und Bürger, von bürokratischen Regelungen, ohne dass dadurch die öffentlichen Haushalte automatisch belastet werden.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hindert Sie daran, das zu machen?)
Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht:
Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner?
Tobias Koch [CDU]:
Ja, das tue ich sehr gern.
Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr geehrter Herr Kollege Koch, Sie sagten gerade, Steuervereinfachung habe Vorrang. Wären Sie so freundlich, das Hohe Haus darüber zu informieren, wann die Landesregierung im Bundesrat die Initiative ergriffen hat, dass es in Sachen Umsatzsteuer für Hoteliers zu einer Steuervereinfachung kommt?
- Das Stichwort fehlte in der heutigen Debatte in der Tat noch, das musste von Ihnen noch kommen, Herr Dr. Stegner.
(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das mit den reichen Erben kommt auch noch! - Weitere Zurufe von CDU und SPD)
Die Landesregierung ist bereits initiativ geworden und hat ihre Vorschläge präsentiert, auch in Berlin. Was Sie hier fordern, ist geschehen, allerdings nicht nur auf den einen Punkt begrenzt, auf den Sie die Debatte immer zuspitzen wollen, sondern in der Gesamtheit des Steuersystems.
(Beifall bei CDU und FDP)
Wenn eine Steuerreform für mehr Gerechtigkeit sorgen soll, muss man auch bereit sein, verschiedene Einzelvorschläge miteinander zu kombinieren. Wenn es darum geht, den ungerechten Mittelstandsbauch zu beseitigen, indem man zu einer vollständig linearen Progression kommt, muss man das mit der Abschaffung von Steuervergünstigungen und Ausnahmetatbeständen kombinieren, damit die Reform insgesamt aufkommensneutral wirkt und die Staatsverschuldung nicht weiter steigt.
Unser Antrag schließt deshalb weder Steuersenkungen noch Steuererhöhungen aus. Ich finde diese Offenheit bemerkenswert. Es geht vielmehr um eine strukturelle Reform des Steuerrechts, die langfristig wirkt. Wenn ich von Langfristigkeit spreche, ist ein passendes Bezugsdatum dafür das Jahr 2020, also das Jahr, in dem alle Bundesländer durch die Schuldenbremse gezwungen sind, im Normalfall auf die Aufnahme von Krediten zu verzichten. Das Ausrichten einer grundlegenden Steuerreform auf dieses Datum ließe es zu, die einzelnen Maßnahmen in mehreren Schritten umzusetzen. Dadurch würden sie für die Steuerzahler, aber auch für die öffentlichen Haushalte planbar, berechenbar und transparent.
Meine Damen und Herren, Finanzminister Rainer Wiegard ist einer der ganz wenigen in dieser Republik, der sich unbeirrt von tagespolitischen Gesichtspunkten für einen solchen strukturierten Ansatz mit einem klaren ordnungspolitischen Korridor starkmacht und der diese Vorschläge - wie ausgeführt - der Bundesregierung bereits präsentiert hat. Der grüne Antrag läuft auch an dieser Stelle ins Leere.
(Beifall bei der CDU)
Nun zu den heute vorliegenden Anträgen! Wenn wir mit unserer heutigen Beschlussfassung einen wirklichen Impuls in der Steuerdebatte setzen wollen, der im Rest der Republik, gerade auch in Berlin, gehört wird, dann reicht es nicht, wieder einfach nur zu beschließen: Wir sind dagegen. Das haben wir schon einmal getan. Mit unserem Antrag, der durchaus ausgewogen ist und Steuersenkungen genauso wenig ausschließt wie Steuererhöhungen,
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist großartig!)
haben wir einen Vorschlag unterbreitet, der eine breite Mehrheit in diesem Haus verdient hätte, genauso wie wir uns heute Morgen bei den wichtigen Infrastrukturfragen einig waren, dass wir mit einem klaren Signal auf Berlin zugehen müssen. Das wäre hier genauso erforderlich. Von der Intention her stimmt unser Antrag mit dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN voll und ganz überein. Insofern hoffe ich noch auf Besinnung und Zustimmung der Oppositionsfraktionen zu unserem Antrag. - Ich würde jetzt die Nachfrage zulassen.
(Beifall bei CDU und FDP)
Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht:
Er lässt die Nachfrage zu, Frau Heinold.
Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege Koch, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie davon ausgehen, dass die noch nicht begonnene Initiative, das Steuerrecht zu entfrachten, in Berlin dadurch befördert werden könnte, dass auch Grüne, SPD, LINKE und SSW Ihrem Antrag zustimmen?
Tobias Koch [CDU]:
Ja. Wenn wir als Schleswig-Holsteiner ein starkes Signal aussenden, dass wir alle fraktionsübergreifend diesen Vorstoß unterstützen, hat das mehr Gewicht, als wenn wir mit verschiedenen Zungen sprechen und ein unklares Signal nach Berlin senden, wo es wieder um parteipolitische Taktik geht.
(Unruhe)
Es ist unser gemeinsames Interesse als Schleswig-Holsteiner, dass das so passiert, und deswegen sollten wir gemeinsam beschließen. Es würde helfen, wenn Sie zustimmen, ja.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU)
Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht:
Erlauben Sie eine zweite Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Heinold und danach eine weitere der Fraktionsvorsitzenden des SSW, Anke Spoorendonk?
Tobias Koch [CDU]:
Ja.
Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich Sie richtig verstanden, wenn der von Ihnen vorgelegte Antrag mit den Stimmen von CDU und FDP beschlossen würde, wäre dies ein unklares Signal in Richtung Berlin?
(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von CDU und FDP)
- Frau Kollegin Heinold, Spitzfindigkeiten helfen uns nicht weiter.
(Beifall bei der CDU - Die Abgeordnete Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] nimmt wieder Platz)
- Ich war mit der Beantwortung der Frage noch nicht fertig, Frau Kollegin.
(Die Abgeordnete Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] erhebt sich wieder)
Ich wollte Ihnen eine Brücke bauen, damit Sie nicht ganz so isoliert dastehen, wie Sie heute Morgen bei wichtigen Abstimmungen dagestanden haben.
(Beifall bei CDU und FDP)
Insofern dürfte es auch in Ihrem Interesse liegen, wenn wir an einem Strang ziehen. - Setzen!
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)
Anke Spoorendonk [SSW]: Lieber Kollege Koch, stimmen Sie mir zu, dass die Aussage „Keine Steuersenkungen zulasten des Landes Schleswig-Holstein und seiner Gemeinden!“, von allen beschlossen, mehr Schlagkraft in Berlin hätte als eine sehr differenzierte Antragsstellung?
- Frau Kollegin Spoorendonk, ich stimme Ihnen insofern zu, als wir bereits gemeinsam einen Beschluss gefasst haben. Mit diesem Aufschlag sind wir bereits in Berlin, das ist bereits unsere Position. Ich verwies auf den Beschluss vom Mai 2010 mit genau diesem Inhalt. Wir brauchen nicht alles doppelt und dreifach zu beschließen. Nachdem wir den Beschluss gefasst haben, sollten wir uns konstruktiv in die aktuelle Debatte einbringen. Es reicht nicht, immer nur dagegen zu sein. Das hilft den Kolleginnen und Kollegen in Berlin nicht weiter.
(Beifall bei der CDU)
Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht:
Wollen Sie eine weitere Zwischenfrage zulassen, Herr Abgeordneter Koch?
Tobias Koch [CDU]:
Ja.
Anke Spoorendonk [SSW]: Stimmen Sie mir zu, dass es ein gutes pädagogisches Prinzip ist, wichtige Punkte zu wiederholen?
(Heiterkeit)
- Wir haben heute Morgen auch etwas über niveauvolle und intelligente Beiträge gehört. Bloße Wiederholung fällt nicht darunter.
(Beifall bei CDU und FDP)
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