Rede vor dem Schleswig-Holsteinischen Landtag am 10. September 2008

17.07.2009

Rede von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen vor dem Schleswig-Holsteinischen Landtag am 10. September 2008

zu TOP 3a) Entwurf eines Haushaltsstrukturgesetzes zum Haushaltsplan 2009/2010b) Finanzplan des Landes Schleswig-Holstein 2008 bis 2012Wenn wir heute die finanzpolitischen Weichen stellen mit dem Haushalt für die nächsten zwei Jahre und mit dem Finanzplan bis 2012, dann tun wir dies unter dem Eindruck wichtiger Ereignisse der letzten und der kommenden Tage, die für unser Land von eminent wichtiger Bedeutung sind:

Haushalt: Konsolidieren – Reformieren - Investieren

Stichwort Global Economic Symposium: Wir haben mit dem Institut für Weltwirtschaft zusammen eine neue Qualitätsmarke gesetzt: Die Plöner Tagung steht dafür, nicht abstrakt gedanklich umherzuschweifen, sondern konkret nach Lösungen für weltökonomische Fragen zu suchen. Schleswig-Holstein ist der richtige Standort dafür, weil wir selbstbewusst sind, weil wir wissenschaftliche Exzellenz im Land haben und weil wir geografisch und politisch die Brücke sind zwischen Skandinavien, dem Ostseeraum und Mitteleuropa.

Stichwort HUSUM WindEnergy: Die größte Messe dieser Art, die Leitmesse der Branche, die Unternehmen aus aller Herren Länder zu uns ins Land führt. Unternehmen aus einer innovativen Branche im Aufwind, die in unserem Land eine herausragende Rolle spielt.

Stichwort Fehmarnbeltquerung: Heute vor einer Woche haben die Regierungen Dänemarks und Deutschlands in Kopenhagen ihre Unterschriften unter ein Dokument gesetzt, das zum Fundament der neuen Querung wird. Seit Jahrzehnten ist über die Querung gesprochen worden. Nun soll sie Wirklichkeit werden. Davon wird Schleswig-Holstein, werden die Menschen im Land gut haben und ich danke allen, die dazu beigetragen haben, dass wir diesen Punkt jetzt erreicht haben!

Drei Beispiele für wirtschaftlichen Aufbruch,
drei Beispiele für Zukunftschancen,
drei Beispiele für Erfolge, die den Menschen nutzen!

Hier werden entscheidende Impulse gesetzt. Und Impulse kann man nur setzen, wenn man eine solide Haushaltspolitik macht. Wir setzen mit dem Haushalt für 2009/2010 unseren Kurs fort:

Der Kurs heißt Konsolidieren - Reformieren - Investieren.

Wir konzentrieren uns dabei auf die Kernthemen, wir stärken die Stärken und wir helfen, wo Hilfe nötig ist.

Unsere bisherige Bilanz kann sich sehen lassen und der künftige Haushalt stellt die Weichen dafür, dass wir auch weiterhin gute Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Wissenschaft, für Arbeit, Bildung und Ausbildung haben werden!

Beispiel Wirtschaft: Wir bauen Infrastrukturnachteile ab, es siedeln sich wieder mehr Unternehmen bei uns an: Von 2005 bis 2007 knapp 500 Betriebe mit rund 8.200 Arbeitsplätzen. Und jeder einzelne ist uns herzlich willkommen! Wir helfen, wo es geht.

Das Zukunftsprogramm Wirtschaft greift: Wir haben seit Sommer 2007 88 Millionen Euro bewilligt und damit ein Projektvolumen von rund 180 Millionen Euro ausgelöst. Das sind 180 Millionen Euro für mehr Wirtschaft, für mehr Arbeit und für mehr Wohlstand in Schleswig-Holstein. Bis 2013 stehen im Zukunftsprogramm Wirtschaft rund 720 Millionen Euro zur Verfügung für Innovationen und Investitionen.

Energie muss sauber, sicher und bezahlbar sein: Dafür setze ich mich ein und ich bin froh über die beabsichtigten Investitionen an unseren Energiestandorten!

Wir fördern gezielt auch die touristische Infrastruktur: 2007 konnten eine ganze Reihe von Großprojekten bewilligt werden, in Timmendorfer Strand, in Niendorf, in Dahme, auf Sylt. Wir haben die Tourismusstrategie neu entwickelt und unsere Förderpolitik daran ausgerichtet. Mit diesem Weg werden wir auch künftig erfolgreich sein!

Ich bin froh, dass wir nicht nur mit Hamburg intensiv kooperieren, sondern auch in der deutsch-dänischen Grenzregion eine neue wirtschaftliche Dynamik und eine neue Qualität der Zusammenarbeit haben. Ich halte es für ein sehr gutes Zeichen, wenn wir von dänischer Seite gesagt bekommen: Unsere Zusammenarbeit ist jetzt so gut wie nie.

Eine solche Entwicklung kommt nicht von allein!

Gerade die Minderheiten, die deutsche in Dänemark und die dänische hier bei uns, waren und sind wichtige Brückenbauer, die auf diesem Weg der Kooperation vorangegangen sind. Sie haben geholfen, Hypotheken der Vergangenheit in Zukunftskapital zu verwandeln und dafür bin ich dankbar.

Deutsche in Dänemark, Dänen in Schleswig-Holstein, die Friesen, die Sinti und Roma - sie alle bereichern unseren Alltag und machen die kulturelle Besonderheit unserer Region aus!

Erfolgsbeispiel Wissenschaft: Die Wissenschafts- und Forschungslandschaft steht durch unsere Weichenstellungen der letzten zwei, drei Jahre vor einem qualitativen Sprung: Ausbau des Fraunhofer-Instituts in Itzehoe, ein zweites Fraunhofer-Institut in Lübeck, das Radioonkologische Zentrum Kiel, zwei Exzellenzcluster und zwei Graduiertenschulen.

Wir haben die Sanierung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein angepackt.

Die Hochschulen schaffen im Rahmen des Zukunftspaktes Platz für rund 4.000 zusätzliche Studienanfänger: Bund und Land stellen dafür mehr als 60 Millionen Euro bereit. Wir haben zusätzliche Mittel vorgesehen, etwa zur Unterstützung der Spitzenforschung. Bis 2012 sind allein für den Hochschulbau insgesamt fast 270 Millionen Euro eingeplant. Zusammen mit dem Bund wollen wir für das IFM-Geomar auf dem Kieler Seefischmarktgelände einen Neubau für rund 90 Millionen Euro realisieren.

Schwerpunkt für uns ist der Bereich Bildung: Wir haben mit der Modernisierung des Schulgesetzes ideologische Verhärtungen aufgelöst und dafür gesorgt, dass Land und Kommunen die richtigen Antworten auf die demographische Entwicklung geben können.

Wir sind weggekommen von der Debatte über äußere Schulformen. Mich interessiert nicht so sehr, welches Namensschild an einer Schule steht. Mich interessiert, wie bestmöglicher Unterricht gemacht werden kann. Mit mehr Fortbildung für die Lehrkräfte und mit mehr Lehrkräften. Der Haushalt spricht hier eine deutliche Sprache: In den Haushalten von 2009 und 2010 werden insgesamt fast 1.000 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. Das ist ein gewaltiger Kraftakt für mehr und für bessere Bildung.

Stichwort Arbeitsmarkt: Die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ist geschafft, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ist deutlich gestiegen. Die Zahl der Arbeitslosen ist im Mai 2008 fast 34 Prozent niedriger als im Mai 2005.

Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht und dort werden auch die Arbeitsplätze geschaffen. Dafür bin ich dankbar. Wir flankieren diesen Erfolgskurs mit dem Zukunftsprogramm Arbeit.

Allein zur Kofinanzierung der ESF-Mittel haben wir bis 2012 62 Millionen Euro eingeplant.

Die Eintrittskarte für den Arbeitsmarkt wird während der Ausbildung gelöst. Die Zahl der Ausbildungsplätze ist so hoch wie schon lange nicht mehr. 2007 haben wir in Schleswig-Holstein mit knapp 22.000 Ausbildungsverträgen das beste Ergebnis seit 1992 erreicht. Und so wie es aussieht, werden wir das 2008 noch toppen.

Mit unseren Programmen verbessern wir die Perspektiven der jungen Leute:
Um den Übergang von der Schule in die Ausbildung zu verbessern, haben wir in Schleswig-Holstein ein Handlungskonzept „Schule & Arbeitswelt“ entwickelt, an dem über 100 Schulen teilnehmen, mit Unterstützung der EU und Landesmitteln. Insgesamt werden dafür zusätzliche Investitionen von rund 68 Millionen Euro bis 2013 mobilisiert.

Die Schwerpunkte Wirtschaft und Wissenschaft, Arbeit und Bildung sind im Haushalt klar ablesbar.

Wir wollen, dass junge Familien Beruf und Kinder besser miteinander vereinbaren können. Für Bau und Betrieb neuer Kinderbetreuungseinrichtungen für unter Dreijährige sind für beide Jahre insgesamt 22 Millionen Euro veranschlagt. Wir wollen bis zum Jahr 2013 insgesamt 17.000 neue Betreuungsplätze schaffen. Wir wollen ein beitragsfreies Kindergartenjahr einführen. Das schlägt für beide Jahre mit insgesamt 50 Millionen Euro zu Buche. Auch das ist eine gute Investition in eine gute Zukunft.

Diese Erfolge, diese Weichenstellungen sind nur möglich, weil wir an anderer Stelle sparen, weil wir alte Strukturen modernisieren und Bürokratie abbauen.

Die solide Haushaltspolitik, die wir zuhause machen ist die Voraussetzung dafür, bei den Verhandlungen über die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern erfolgreich zu sein:

Wir haben schon sehr frühzeitig und beharrlich auf den Zusammenhang zwischen einer strengen Schuldengrenze und der Bewältigung der Altschuldenlasten in Schleswig-Holstein hingewiesen. Nach allem was ich sehe, wächst nun die Bereitschaft beim Bund und den anderen Ländern, unseren Kurs der Haushaltskonsolidierung mit solidarischer Hilfe zu unterstützen.

Ich bin guten Mutes, dass wir in der Kommission zu einem Kompromiss kommen. Für Schleswig-Holstein wäre dies gut: Wir würden beim Abbau der Neuverschuldung unterstützt und könnten unsere Haushaltsmittel verstärkt in die investiven Bereiche lenken.

Selbstverständlich ist es notwendig, überall dort, wo es geht, zu sparen. Die Koalition hat sich deshalb verabredet, auch die Verwaltung zu modernisieren. Diesen Prozess haben wir in Gang gesetzt, er dauert bislang drei Jahre. Erste Schätzungen des Einsparpotentials gingen bis 120 Millionen Euro. Ich will auf den Prozess hier nicht eingehen, wir haben ihn zwischendurch neu geordnet und vom Kopf wieder auf die Füße gestellt.

Nachdem die Gutachten namhafter Wissenschaftler zu den grundsätzlichen Anforderungen an eine Reform mit nochmals geschätzten Einsparpotentialen vorlagen, hat sich die Koalition im Februar auf die Leitlinien zur Verwaltungs- und Funktionalreform auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte grundsätzlich verständigt. Dort ist der beschlossene Fahrplan für den weiteren Ablauf festgehalten. Dazu gehört, dass die Fusionsrenditen noch einmal von einem Gutachter konkret ermittelt werden sollten. Seit letzter Woche liegen uns diese Zahlen vor. Sie belaufen sich von 12,8 Millionen Euro bis maximal 24,4 Millionen Euro.

Das Gutachten wird jetzt sorgfältig ausgewertet und ist eine der Grundlagen für die Diskussion im Koalitionsausschuss.

Es geht hier um fundierte Fakten und nicht um ideologisch begründete Phantasiegebilde.

Selbstverständlich müssen wir bei der Diskussion die Gutachten berücksichtigen, die uns die Verfassungsrechtler erarbeitet haben. Ein Gesetz zur Fusion hat selbstverständlich auch die Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Das hat uns zuletzt das mecklenburgische Oberverwaltungsgericht gelehrt.

Im Koalitionsausschuss geht es auch darum - neben der Bewertung des Zahlenmaterials - noch bewusst offen gelassene Punkte zu klären.

Unter anderem geht es um die Festlegung der Kooperationsräume. Ich habe dazu dem Koalitionspartner konkrete Vorschläge vorgelegt. Darüber wird zu reden sein. Nach wie vor ist es mein Ziel, nach wie vor muss es uns darum gehen, eine Reform auf den Weg zu bringen, die von allen Beteiligten nachvollzogen und akzeptiert wird.

Die Erfahrung zeigt: Reformen, die nicht akzeptiert werden, sind zum Scheitern verurteilt.
Jeder Euro, den wir sparen können, muss gespart werden, dass sind wir unseren Kindern und Enkeln schuldig.

Die Menschen in Schleswig-Holstein haben sich in den letzten Jahren für eine gute Zukunft Schleswig-Holsteins ins Zeug gelegt. Dafür bin ich dankbar. Und dies verpflichtet uns, weiter dafür zu sorgen, unseren Haushalt in Ordnung zu bringen. Und zugleich gehört es zu unserer Verantwortung, gezielt zu investieren, damit wir auch künftig als ganzes Land gewinnen können!

Herzlichen Dank!