Abendblatt Interview: Der neue Ahrensburger CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch
Artikel erschienen im Hamburger Abendblatt am 27.01.2010
Mit Franziska Behring und Matthias Popien sprach der 36-Jährige über zu viele Gutachten, den Schlosspark und das Haushaltsloch.
Hamburger Abendblatt: Herr Koch, was wollen Sie als CDU-Fraktionsvorsitzender anders machen als Ihr Vorgänger Jörn Schade?
Tobias Koch: Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, dass wir wieder als geschlossene Fraktion auftreten. Das war in den vergangenen Monaten nicht immer der Fall. Das lag nicht ausschließlich an Herrn Schade. Dazu gehört die ganze Fraktion.
Abendblatt: Wie wollen Sie das erreichen?
Koch: Ich bin in erster Linie als Moderator gefragt. Aber man muss auf einzelne Kollegen auch so einwirken, dass eine gewisse Fraktionsdisziplin besteht.
Abendblatt: Bei der Wahl hatten Sie einen Gegenkandidaten. Spricht das dafür, dass in der CDU-Fraktion nach wie vor keine Einigkeit herrscht?
Koch: Ich würde das nicht überbewerten. Vor allem, wenn man bedenkt, wie die Abstimmung abgelaufen ist: ohne jegliche Aufgeregtheit, ohne große Rumtelefoniererei im Vorfeld, ohne den Versuch, Mehrheiten zu organisieren - sondern als demokratisches Angebot.
Abendblatt: Ihr Gegenkandidat Roland Wilde hat vier Stimmen bekommen. Haben Sie Bedenken, es könnten sich wieder Grüppchen bilden?
Koch: Ich habe Anlass zur Hoffnung, dass die Fraktion wieder zu einer guten Zusammenarbeit zurückfindet. Richtig ist aber auch, dass wir noch Zeit brauchen. Die Wahl der Fraktionsspitze ist nicht die ganze Miete. Es muss Vertrauen wachsen.
Abendblatt: Wie gehen Sie mit unterschiedlichen Auffassungen in der Fraktion um?
Koch: Es ist gute demokratische Tradition, Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren.
Abendblatt: Hat Herr Schade ein Problem damit gehabt, solche Entscheidungen zu akzeptieren?
Koch: Ich will es nicht auf die Person von Herrn Schade zuspitzen. Dazu gehören alle Fraktionsmitglieder. Wenn sich natürlich der Erste die Freiheit herausnimmt, abweichend in Ausschüssen oder der Stadtverordnetenversammlung abzustimmen, kommen Prozesse in Gang. Es bilden sich zunehmend solche Verhaltensweisen heraus, und am Ende haben wir eine diffuse Lage.
Abendblatt: Was sind jetzt die wichtigsten Ziele für die Ahrensburger CDU?
Koch: Schwerpunkte sehen wir im Schulbereich. Wir wollen in der Stormarnschule eine Mensa bauen, in der Grundschule am Hagen für eine neue Turnhalle sorgen, den Schulhof der Grundschule Am Aalfang sanieren.
Abendblatt: Welche Projekte müssen angesichts der schlechten Finanzlage zurückstehen?
Koch: Das Realisierungskonzept Schlosspark hat für uns unterste Priorität. Bis 2013 werden wir keine Mittel bewilligen. Die Vorschläge zum Schlosspark sind ansprechend, aber mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden. Auch wenn wir 50 Prozent Fördermittel bekommen, ist es mit mehr als drei Millionen Euro immer noch viel Geld. Dieses Geld haben wir nicht.
Abendblatt: Abgesehen von der Wirtschaftskrise - was ist passiert, dass die Stadt finanziell so schlecht dasteht?
Koch: Es sind die Vielzahl der Projekte, die hier angestoßen wurden. Wir investieren mehr, als wir uns momentan leisten können. Das heißt aber nicht, dass diese Projekte schlecht sind.
Abendblatt: Hat man über die Verhältnisse gelebt?
Koch: Wenn die finanzielle Lage gut ist und die Steuereinnahmen sprudeln, ist die Versuchung groß, auch über das notwendige Maß hinausgehende Projekte zu realisieren. Aber deutlich über unsere Verhältnisse haben wir nicht gelebt. Alle Projekte hatten ihre Berechtigung. Auch das Vorhaben in der Großen Straße, über das man am ehesten diskutieren kann, dient der Stärkung der Ahrensburger Innenstadt.
Abendblatt: Dennoch muss die Stadt aufs Geld schauen. Wobei eine steigende Verschuldung ohnehin unvermeidlich ist.
Koch: Davon ist auszugehen. Die Haushaltslücke von rund zwölf Millionen Euro für das Jahr 2010 wird sich nicht schließen lassen.
Abendblatt: Gewerbegebietserweiterungen und Wohnbauprojekte bringen einer Kommune langfristig Geld ein. Wie wird es da weitergehen?
Koch: Wenn wir das Gewerbegebiet Beimoor nicht erweitern, weil wir sagen, wir haben kein Geld dafür, machen wir einen Fehler. Wir müssen antizyklisch handeln. Gewerbeflächen verkaufen wir dann, wenn die Firmen wieder investieren. Wenn wir dann erst mit den Planungen beginnen, kommen wir zu spät.
Abendblatt: Wie stellen Sie sich die Bebauung des Erlenhofs vor?
Koch: Eine Mischung aus Einfamilienhäusern, Reihenhäusern und Gebäuden mit Eigentumswohnungen.
Abendblatt: Und wann könnte es losgehen?
Koch: Frühestens 2011.
Abendblatt: Was muss an der Verkehrssituation geändert werden, wenn Ahrensburg weiter wächst?
Koch: Die CDU-Fraktion hat sich bereits dafür ausgesprochen, die Nordtangente im Zusammenhang mit der Bebauung des Erlenhofs zu realisieren, um die Lübecker Straße zu entlasten.
Abendblatt: Bleiben wir beim Thema Verkehr - wo sehen Sie in Ahrensburg die größten Probleme?
Koch: Die Parkplatzsituation ist sehr unübersichtlich. Wir haben viele kleinteilige Parkplatzflächen, die zu enormem Suchverkehr in der Innenstadt führen. Dadurch staut es sich auf den Straßen. Ein Parkhaus hinterm Kaufhaus Nessler würde die Verkehrssituation verbessern.
Abendblatt: Themenwechsel: Gutachten in Ahrensburg. Es gab allein drei Lärmschutzgutachten wegen des geplanten Sportplatzes, aber niemand weiß, wie es dort weitergeht. Ärgert sie das nicht als Politiker?
Koch: Mich ärgert vor allem, dass wir in den vergangenen Jahren zwar eine intensive Diskussionskultur entwickelt, vieles geplant und mit Gutachten untersucht haben, aber all das nicht dazu geführt hat, dass es zu einer Verständigung kam.
Abendblatt: Durch Gutachten werden die Dinge also eher unklarer?
Koch: Mit jedem Gutachten kommen neue Meinungen und Aspekte dazu. Politiker müssen die Stärke haben, Entscheidungen zu treffen. Ich würde mir wünschen, dass wir zu schnelleren Prozessen kommen.
Abendblatt: Gibt es in der CDU noch Beleidigte, die dem baldigen Bürgermeister Michael Sarach nachtragen, dass er den CDU-Kandidaten geschlagen hat?
Koch: Das wäre schlechter politischer Stil. Ich hoffe, dass wir diesen doppelten Personalwechsel in der CDU-Fraktion und an der Spitze des Rathauses insgesamt zu einem Neuanfang nutzen.
Abendblatt: Herr Koch, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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