Rede in der Landtagssitzung vom 19. November 2010
Tobias Koch [CDU]:
Ich unterbreche Ihre Heiterkeit nur sehr ungern; denn sie ist an dieser Stelle wirklich angebracht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle sind uns wohl darin einig, dass die unappetitlichen Meldungen, die uns in den vergangenen Wochen aus der HSH Nordbank erreichten, eine erhebliche Belastung für das Institut darstellen. Bankgeschäfte gründen sich auf Vertrauen, sie setzten Seriosität und Verlässlichkeit voraus. Untergeschobene Kinderpornografie, falsche strafrechtliche Verdächtigungen und eine mögliche Bespitzelung von Parteien und Abgeordneten erfüllen diesen Anspruch nicht.
(Beifall bei CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
Derartige Vorkommnisse sind vielmehr geeignet, der Bank schweren Schaden zuzufügen, indem sie das Vertrauen von Kunden, Kapitalgebern und Geschäftspartnern gefährden. Selbst wenn man die extreme Situation berücksichtigt, in der sich die Bank im Jahr 2009 befand, reibt man sich fassungslos die Augen, zu welchen Auswüchsen diese Umstände anscheinend geführt haben.
Wenn wir hierüber aber politisch diskutieren, dann müssen wir die gleichen Maßstäbe, die wir an die Bank richten, auch an uns selbst anlegen. Auch die Politik steht als Anteilseigner in der Pflicht, mit der Bank, mit ihren Beschäftigten und mit dem dort investierten Landesvermögen sorgsam umzugehen, wenn wir nicht ebenfalls zu einem Vertrauensverlust beitragen wollen. Diesem Anspruch wird man nicht gerecht, wenn man erst die damaligen Minister im Aufsichtsrat als unfähige Kontrolleure darstellt - nicht in Ihrer heutigen Rede, Frau Kollegin Heinold, aber in den letzten Jahren in schöner Regelmäßigkeit - und sinngemäß immer wieder behauptet, dass jeder mit normaler Allgemeinbildung die Zeichen der Krise bereits Mitte 2007 erkannt hätte, nur eben unsere Minister nicht, dann aber fordert, dass die Landesregierung wieder mit Ministern im Aufsichtsrat vertreten sein soll, um dort besser politische Interessen durchsetzen zu können. Das, meine Damen und Herren, ist politische Doppelmoral in höchster Vollendung.
(Beifall bei CDU und FDP)
Man kann sich auch nicht im letzten Jahr bei der Kritik an der Bank auf das Prüfungsergebnis der Wirtschaftsprüfer von KPMG stützten und sich die darin geäußerten Vorwürfe zu eigen machen, heute aber den Untersuchungsbericht der KPMG zu den aktuellen Vorkommnissen nicht mehr gelten lassen und stattdessen ein zusätzliches neues Gutachten fordern, das dann noch unabhängiger als das der unabhängigen Wirtschaftsprüfer sein soll, ganz nach dem Motto: Wir brauchen so viele Gutachten, bis das richtige Ergebnis dabei herauskommt.
(Lachen des Abgeordneten Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir lehnen deshalb den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/973, mit den darin enthaltenen Forderungen ab. Das Gleiche gilt für den Antrag der Fraktion DIE LINKE mit zum Teil identischen Forderungen. Den dritten unter diesem Tagesordnungspunkt zu behandelnden Antrag - er ist mittlerweile ein interfraktioneller Antrag - tragen wir schon allein deshalb mit, weil bereits der Ursprungsentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die konsequente Arbeit der Landesregierung für Transparenz und Aufklärung würdigt.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir nicht jeden Tag!)
- Das haben wir auch erfreut zur Kenntnis genommen.
Selbstverständlich sind alle offenen Fragen zu klären. Die Landesregierung muss dabei, wie wir gesehen haben, auch nicht um Informationen betteln. Der Unterausschuss für Beteiligungen hat sich vielmehr bereits in drei Sitzungen damit beschäftigt und dabei durchaus Erkenntnisse gewonnen - darauf will ich an dieser Stelle auch einmal hinweisen ‑, die nicht immer mit dem übereinstimmen, was an öffentlich geäußerten Vorwürfen im Raum steht. Auch aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses haben sich bislang keine anderen Erkenntnisse ergeben.
Wenn sich allerdings Vorwürfe bestätigen sollten, dann sind logischerweise entsprechende personelle und organisatorische Konsequenzen zu ziehen. Dafür hat sich der Landtag bereits in seiner September-Tagung mit dem Antrag von CDU und FDP ausgesprochen, und das gilt natürlich auch weiterhin. Bei nachgewiesenen Verstößen gegen das Strafrecht oder das Aktienrecht gibt es selbstverständlich auch keine Abfindung, entweder weil sofort eine fristlose Kündigung ausgesprochen wird oder weil durch entsprechende Vertragsklauseln sichergestellt wird, dass der Anspruch auf Abfindung nachträglich entfällt.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Bank gehört an dieser Stelle allerdings auch, dass wir hier nicht den Eindruck erwecken, Herr Kollege Kubicki, es handele sich dabei um eine politische Entscheidung. Die Frage einer möglichen Abfindung ist eine rein rechtliche Frage, bei der es politisch überhaupt nichts zu entscheiden gibt.
(Beifall bei CDU, FDP und SSW)
Es war deshalb genau richtig, dass die Landesregierung im Einvernehmen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden ein geordnetes Verfahren in die Wege geleitet hat. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Bank am Ende nicht nur ohne Vorstandsvorsitzenden, sondern auch ohne geeigneten Nachfolger und womöglich auch noch ohne Aufsichtsrat dastehen würde. Eine solche Situation, mitten in einer bislang erfolgreichen, aber nach wie vor schwierigen Restrukturierung, die zudem noch immer auf die Zustimmung der EU-Kommission angewiesen ist, wäre für die Bank verheerend gewesen.
(Beifall der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU])
Angesichts der Milliardensummen, mit denen unser Bundesland in Form von Gewährträgerhaftung, Eigenkapital und Garantien für die HSH Nordbank geradesteht, wäre das mutwillige Herbeiführen einer solchen Situation wohl kaum mit dem von uns geleisteten Eid, dem Wohle unseres Landes zu dienen, vereinbar.
Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Habeck?
Tobias Koch [CDU]:
Ja, ich gestatte eine Nachfrage des Kollegen Habeck.
Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Koch, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sagen: Würde unserem Antrag Folge geleistet und es gäbe ein unabhängiges Gutachten für die Landesregierung, wäre damit zu rechnen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende seinen Job hinwirft?
- Nein, Sie verstehen mich nicht richtig. Ich habe darauf hingewiesen, dass bereits ein Untersuchungsbericht der Wirtschaftsprüfer zu diesem Sachverhalt vorliegt. Würden sich daraus Erkenntnisse ergeben, so hätten wir bereits ein Gutachten und brauchten kein zweites. Im Übrigen wird sich der Aufsichtsrat mit diesen Fragen zu beschäftigen haben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Aufsichtsrat dies alles prüfen wird. Das fällt nämlich in dessen Zuständigkeit. Es ist nicht an der Landesregierung, diese Fragen zu stellen. Diese betreffen den Tätigkeitsbereich des Aufsichtsrats, und dort wird man sich auch mit ihnen befassen.
(Beifall bei CDU und FDP)
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