
Rede in der Landtagssitzung vom 24.02.2011
Präsident Torsten Geerdts:
Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich dem Kollegen Tobias Koch.
Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das verbindende Element der vorliegenden Anträge, die hier zu einem Tagesordnungspunkt zusammengefasst worden sind, sind die Finanzbeziehungen zwischen Schleswig-Holstein und dem Bund sowie den anderen Bundesländern.
Bei der Klage des Landtags gegen die Schuldenbremse geht es um den Eingriff des Bundes in die Haushaltshoheit des Landtages durch die Vorgabe einer Schuldenbremse im Grundgesetz. Dabei dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass sich unsere Klage allein gegen das formale Kriterium der Vorgabe durch den Bund richtet. Eine inhaltliche Kritik an der Schuldenbremse ist damit nicht verbunden. Genau deshalb hatten die Fraktionen von CDU und FDP vereinbart, dass die Klage nur dann aufrechterhalten wird, wenn wir zuvor die Schuldenbremse in unsere eigene Landesverfassung aufgenommen haben.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das haben wir ja gemacht!)
- Ich hätte mir gewünscht, Herr Kollege Stegner, dass auch weitere Bundesländer unserem schleswig-holsteinischen Vorbild gefolgt wären.
(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])
Wenn sich bei uns eine breite Mehrheit aus CDU, SPD, FDP, Grünen und SSW für eine solche Verfassungsänderung findet, warum geht das dann nicht auch in anderen Bundesländern?
(Ulrich Schippels [DIE LINKE]: Weil die klug sind! - Lachen und weitere Zurufe)
Nehmen wir das Beispiel Bremen, das der Kollege Dr. Habeck heute Morgen im Zusammenhang mit dem Schulfrieden ebenfalls heranzog. Auch Bremen ist genau wie wir Konsolidierungshilfeland und auf Hilfen des Bundes und der Länder angewiesen.
Wenn dort die CDU-Fraktion unsere schleswig-holsteinische Schuldenbremse in die Bürgerschaft einbringt und dann die regierungstragenden Fraktionen von SPD und Grünen diesen Antrag ablehnen, dann gibt das in Bremen schon zu denken.
(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE] - Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Genau!)
Dieses Beispiel zeigt, dass für einen Beitritt der Landesregierung zur Klage des Landtags durchaus weitere Gesichtspunkte sprechen.
Präsident Torsten Geerdts:
Herr Kollege Koch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Habeck?
Tobias Koch [CDU]:
Ja, sehr gern, Herr Präsident. Ich bin für jede Verlängerung meiner Redezeit dankbar.
Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege Koch, sehen Sie einen lokalen Unterschied darin, ob eine CDU in Schleswig-Holstein etwas ablehnt oder eine CDU in Bremen oder die Grünen in Schleswig-Holstein oder die CDU in Schleswig-Holstein etwas nicht macht?
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die Frage habe ich nicht verstanden!)
- Ich formuliere es anders.
- Das wäre hilfreich.
Präsident Torsten Geerdts:
Herr Kollege, ich glaube, die Frage ist verstanden worden.
Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat die Frage nicht verstanden, ich formuliere sie anders.
Würden Sie mir zustimmen, dass ich heute Morgen gesagt habe: Es stünde uns hier gut an, sich an anderen Ländern zu orientieren, und Sie jetzt gesagt haben, andere Länder sollten sich an uns orientieren?
Tobias Koch [CDU]:
Ja, das würde ich auch als sehr positiv empfinden, wenn sich die grüne Fraktion in Bremen an uns ein Beispiel nähme.
(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke für das Kompliment!)
Den Landtag bei der Wahrung seines Königsrechtes, der Haushaltshoheit, zu unterstützen, ist dabei sicherlich ein gewichtiges Argument für die Regierung. Genauso muss die Landesregierung aber auch darauf achten und sicherstellen, dass die Konsolidierungshilfe von Bund und Ländern nicht gefährdet wird. Mit dem Änderungsantrag von CDU und FDP hätten wir dafür einen gangbaren Weg aufgezeigt. Die Regierung wird gebeten, einen Beitritt zur Klage zu prüfen. Bei der Prüfung sollte einbezogen werden, inwieweit sich die anderen Konsolidierungshilfeländer ebenfalls zu der Einhaltung der Schuldenbremse bekennen. Ich kann Sie nur auffordern, auf Ihre Parteikollegen im Saarland und in Bremen entsprechend einzuwirken. Dort tragen Sie Regierungsverantwortung. Dort haben Sie es selbst in der Hand.
(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben nicht! Wir haben es hier in der Hand!)
Das wäre der bessere Weg gewesen als den Antrag einfach zurückzuziehen und sich damit aus Ihrer Verantwortung zu stehlen.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Noch dringender wäre diese Überzeugungsarbeit bei Ihren Parteifreunden in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall bei CDU und FDP)
Es kann doch nicht sein, dass unsere Klage es der dortigen rot-grünen Landesregierung am Ende ermöglicht, gegen jegliche Vernunft am Weg in die ungebremste Staatsverschuldung festzuhalten, gleichzeitig aber wir in Schleswig-Holstein die Konsolidierungshilfe verlieren, denn auch diese ist ja Gegenstand der von uns beklagten grundgesetzlichen Regelung.
Präsident Torsten Geerdts:
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, diesmal von der Kollegin Monika Heinold?
Tobias Koch [CDU]:
Auch das sehr gern!
Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Koch, verstehe ich Sie richtig, dass Sie nicht anerkennen, dass die Grünen in Schleswig-Holstein
- Doch.
für eine Schuldenbremse sind, sondern dass Sie uns sozusagen vorwerfen, dass andere grüne Fraktionen eigenständig entscheiden?
- Ich erkenne 100-prozentig an, dass wir gemeinsam mit Ihnen eine Schuldenbremse in Schleswig-Holstein vereinbart haben. Ich erkenne genauso an, dass CDU-Landtagsfraktionen in anderen Bundesländern dieses auch gern tun würden, aber dass es dort an Ihnen, an den Grünen, scheitert. Das ist die Wahrheit.
(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)
Kommen wir zum zweiten Aspekt der vorliegenden Anträge, der anstehenden Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Die süddeutschen Geberländer haben hierzu ihre Position formuliert. Der vorliegende Antrag von CDU, FDP und SPD zeigt, dass über Regierungs- und Oppositionsgrenzen hinweg hier eine gemeinsame Sichtweise zu diesem Thema im Landtag besteht.
Aus schleswig-holsteinischer Sicht kommt es dabei insbesondere darauf an, dass unser Konsolidierungspfad durch eventuelle Änderungen im Länderfinanzausgleich nicht gefährdet wird. Der zukünftige Länderfinanzausgleich muss außerdem - finden wir - so gestaltet sein, dass eine Fusion von Bundesländern nicht behindert wird.
Problematisch am Antrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist insbesondere die Aufstellung eines verbindlichen Zeitplans für die vor uns liegenden mehrjährigen Verhandlungen. Ich denke, gerade die jüngsten Vermittlungsrunden zum Hartz-IV-Kompromiss haben gezeigt, welche Unwägbarkeiten solche Verhandlungen mitbringen. Ein verbindlicher Zeitplan dürfte dort kaum aufstellbar sein.
(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Mit unserem Antrag bekennen wir uns ebenso wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ‑ ‑
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
- Herr Kollege Kubicki, es gibt zwei Anträge, der Antrag ist noch in Kraft. Die Grünen haben nicht alles zurückgezogen.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ach so!)
Genauso wie die Grünen bekennen auch wir uns mit unserem Antrag zu gleichwertigen Lebensverhältnissen im Bundesgebiet. Ich will allerdings für meine Fraktion betonen, dass wir grundsätzlich Verständnis für die Sichtweise der Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Beifall bei der Abgeordneten Katharina Loedige [FDP])
Wer wie der Kollege Dr. Stegner diesen Ländern vorwirft, sie würden die Solidarität unseres föderalen Systems aufkündigen, der übersieht, zu welchen unsolidarischen Fehlentwicklungen das bisherige System geführt hat.
(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)
Wenn die Geberländer nach dem Finanzausgleich schlechter dastehen als die Nehmerländer und die Zahlungsempfänger deshalb ihren Bürgern mehr Leistungen zukommen lassen können als diejenigen Länder, die in den Finanzausgleich einbezahlt haben, dann wird der Anspruch der Solidarität doch etwas überstrapaziert.
- Auch hier würde ich eine Zwischenfrage gestatten, auch wenn meine Redezeit schon zu Ende ist.
Präsident Torsten Geerdts:
Herr Kollege Koch, Sie gestatten eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?
Tobias Koch [CDU]:
Ja.
Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr geehrter Herr Koch, würden Sie unter die unsolidarischen Fehlentwicklungen auch subsumieren, dass zum Beispiel das Land Bayern über Jahrzehnte Hilfen von anderen Ländern bekommen hat plus einer ganzen Menge an Forschungs- und Militärinvestitionen in Bayern und sich in der Debatte um den Länderfinanzausgleich heute daran kaum noch erinnert?
(Zuruf: Nein!)
- Herr Kollege Dr. Stegner, das würde ich darunter nicht subsumieren, da man an dem Beispiel, was Bayern aus den Hilfen gemacht hat, sehen kann, dass das sehr solidarisch war, weil es dem Gesamtstaat weitergeholfen hat.
(Beifall bei CDU und FDP - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Genau so ist es!)
Aber als Schleswig-Holsteiner müssen wir uns hier gar nichts vorwerfen lassen. Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 haben wir dafür gesorgt, dass wir mit gutem Recht die Solidarität der anderen Bundesländer weiterhin in Anspruch nehmen können. Das zeigt einmal mehr: Die Haushaltsentscheidungen waren richtig.
Ich bitte um Zustimmung zu unseren Anträgen.
(Beifall bei CDU und FDP)
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