Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein

25.01.2017
Rede

Landtagssitzung am 25. Januar 2017

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im vergangenen Jahr wurden in absoluten Zahlen, Frau Ministerin, 52 Millionen € weniger investiert als im letzten Regierungsjahr von CDU und FDP. Die Investitionsquote lag damit auf dem historischen Tiefpunkt von 6,6 %. Mit dem vorgezogenen Beginn des IMPULS-Programms aus dem Haushaltsüberschuss 2015 sollte eigentlich alles besser werden, aber wieder einmal hat Rot-GrünBlau die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht. Über ein Viertel der mit dem Nachtragshaushalt 2016 zusätzlich bereitgestellten Mittel aus dem IMPULSProgramm konnte nicht verbaut werden.
Für 2017 sind bislang weniger Investitionen geplant als im Vorjahr. Inflationsbereinigt liegen die Investitionen damit nach wie vor unterhalb dessen, was von CDU und FDP im Jahr 2012 investiert wurde.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Unglaublich!)

Die Fortschreibung des Infrastrukturberichts zeigt zudem, dass von 2014 bis 2016 überhaupt kein Abbau des Sanierungsstaus stattgefunden hat. Im gleichen Umfang, in dem Investitionen getätigt wurden, sind nämlich neue Schäden hinzugekommen. Mit dieser Konzeption des IMPULS-Programms, in der außerdem keinerlei Preissteigerungen bis zum Jahre 2030 berücksichtigt sind, wird es daher nicht gelingen, den Sanierungsstau bis zum Jahr 2030 abzubauen. Alle diesbezüglichen Äußerungen des Herrn Ministerpräsidenten kann man deshalb nur als postfaktisch bezeichnen.
Mit dem Abbau des Sanierungsstaus ist es außerdem allein überhaupt nicht getan. Beim Bau von Umgehungsstraßen oder bei der besseren Anbindung von Landesstraßen an die Autobahnabfahrten besteht darüber hinaus echter Neubaubedarf.
Wir sollten es nicht auf die leichte Schulter nehmen, wenn zum Beispiel die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Stormarn Alarm schlägt und vor einem Verkehrskollaps an den Anschlussstellen Braak/Stapelfeld und Ahrensburg/ Großhansdorf warnt. Wer das im wirtschaftsstärksten Kreis des Landes verdiente Geld gern im ganzen Land ausgeben möchte, der muss vor Ort auch für eine leistungs- und wettbewerbsfähige Verkehrsinfrastruktur sorgen.
Die einseitige Forderung von SPD, Grünen und SSW auf „Sanierung vor Neubau“ ist deshalb eine völlig falsche Weichenstellung. So kommt unser Land nicht voran.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, egal wer deshalb ab dem 7. Mai in Schleswig-Holstein regiert wird: Jede verantwortungsvolle Regierung wird mehr Geld für Investitionen in die Hand nehmen müssen, als SPD, Grüne und SSW es in den vergangenen Jahren getan haben und auch für die Zukunft geplant haben.

(Beifall CDU)

Die Zielsetzung des FDP-Gesetzentwurfs ist deshalb absolut richtig: In Schleswig-Holstein muss wieder mehr investiert werden. Nur wenn die Investitionsausgaben stärker als das Haushaltsvolumen wachsen, geht auch die Investitionsquote wieder nach oben.

(Beifall CDU und FDP)

Der FDP-Vorschlag nach Aufnahme einer Investitionsquote in die Landesverfassung hat darüber hinaus einen weiteren wichtigen Vorteil: Alle zukünftigen Regierungen wären an eine solche Verfassungsvorgabe gebunden.
Sollte also jemals wieder ein rot-grünes Regierungsbündnis zustande kommen - das kann man ja nie ganz ausschließen -,

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das wollen wir doch nicht hoffen!)

dann könnte sich zumindest die Investitionsverweigerung der letzten Jahre so nicht erneut wiederholen.

(Beifall CDU und FDP)

Es ist ja schließlich nicht das erste Mal, dass unser Land unter Rot-Grün ins Investitionsabseits gerät. Schon in der Regierungszeit von SPD und Grünen in den Jahren 1996 bis 2005 wurde Schleswig-Holstein durch unverantwortliche Kürzungen bei den Investitionen von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Die Folge war damals ein drastischer Anstieg der Staatsverschuldung in unserem Land aufgrund dieser verfehlten Politik.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will allerdings auch zu bedenken geben, dass sich eine Investitionsquote mit Verfassungsrang als ein zu enges Korsett erweisen könnte. Ist eine Investitionsquote von mindestens 12,5 % tatsächlich dauerhaft exakt der richtige Wert? Wie kommt dieser Prozentsatz zustande und warum nicht 11 % oder 14 %?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: OECD!)

- Herr Kollege Kubicki, leider findet sich in dem sehr schmalen Gesetzentwurf der FDP hierzu keinerlei Begründung.
Um den Sanierungsstau zu beseitigen und gleichzeitig Neuinvestitionen tätigen zu können, dürfte insbesondere in den Anfangsjahren ein erhöhter Investitionsbedarf bestehen, der anschließend nach Abbau des Sanierungsstaus dann wieder absinken könnte.
Der FDP-Vorschlag sieht das genaue Gegenteil vor: Ab dem Jahr 2020 soll die Investitionsquote auf mindestens 10 % heraufgesetzt werden, um sie dann fünf Jahre später, nämlich ab dem Jahr 2025, auf 12,5 % anzuheben.
Das wird zu hinterfragen sein. Dafür wird in den anschließenden Ausschussberatungen und im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auch Zeit gegeben sein. Ob es gelingen wird, das in den verbleibenden zwei Monaten bis zur letzten Landtagssitzung dieser Wahlperiode alles zu beraten, sei dahingestellt. Ich wage zu befürchten, dass dieser Gesetzentwurf mit dem Ende der Wahlperiode der Diskontinuität anheimfallen wird. Deshalb ist es umso wichtiger, sich nicht nur auf diese Verfassungsänderung zu verlassen, sondern mit der Stimme am Wahlsonntag dafür zu sorgen, dass zukünftig in Schleswig-Holstein wieder mehr investiert wird. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Tobias Koch das Wort.

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abgeordnete Anke Erdmann und ich haben seit der Dezembertagung die Vereinbarung, dass wir uns im Parlament gegenseitig auf Falschmeldungen hinweisen. Ich will diese Vereinbarung heute einmal auf den Kollegen Andresen ausdehnen, der vorhin behauptete, die Regierung, die Regierungsfraktionen hätten bereits 500 Millionen € Sanierungsstau abgebaut. Da hat er vermutlich in der Fortschreibung des Infrastrukturberichts nachgelesen. Ich zitiere von Seite 34:
„In der Summe wurde der in 2014 festgestellte Sanierungsstau in Höhe von 4,85 Milliarden € in den letzten beiden Jahren um rund 459 Millionen € abgebaut.“
Das haben Sie großzügig auf 500 Millionen € aufgerundet. Das mag wahrscheinlich Ihre Zahlenbasis gewesen sein.
Sie hätten nur einmal auf die nächste Seite desselben Berichts umblättern müssen, auf der Sie lesen können:
„Gegenüber dem ersten Infrastrukturbericht sind rund 450 Millionen € als zusätzlicher Mittelbedarf identifiziert worden.“
Das heißt, während Sie auf der einen Seite 459 Millionen € abgebaut haben, sind gleichzeitig 450 Millionen € Sanierungsstau dazugekommen. Das macht in der Summe also gerade einmal eine Reduzierung des Sanierungsstaus von ganzen 9 Millionen € in zwei Jahren.

(Zurufe Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und dann lamentieren Sie hier herum, ob die Investitionsquote das richtige Maß sei und wie man den Investitionsbegriff definieren müsse.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie Fakten nennen, müssen Sie die Fakten auch richtig nennen! Das ist kein Widerspruch zu dem, was ich gesagt habe! - Glocke Präsident)

- Der Sanierungsstau in unserem Land ist nur um 9 Millionen € gesunken, Herr Kollege Andresen nicht um 500 Millionen, sondern um 9 Millionen € in zwei Jahren.
Da müssen Sie nicht über Quoten und Begriffe lamentieren.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie doch! - Heiterkeit und Unruhe SPD)

Herr Dr. Stegner, das ist kein anerkanntes Konzept, das Sie mit dem IMPULS-Programm vorgelegt haben, das ist ein untaugliches Konzept, weil es auf diesem Wege nie gelingen wird, den Sanierungsstau zu beseitigen.

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben eine Stichtagsbetrachtung zum Jahre 2014 vorgenommen, und diese Stichtagsbetrachtung wollen Sie endlich 2030 abgearbeitet haben und vernachlässigen alles, was auf der Wegstrecke bis 2030 an neuen Sanierungsbedarfen hinzukommt und außerdem die gesamten Preissteigerungen. Deswegen werden Sie auf dem Wege nie fertig werden. Da müssen sie gar nicht über Quoten und Investitionsbegriffe lamentieren; Sie haben es einfach nicht geschafft. 9 Millionen € in zwei Jahren das ist Ihre Bilanz. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Beate Raudies [SPD])