Folgen der Abwicklung der HSH Nordbank für Sparkassen in Schleswig-Holstein

22.02.2017
Rede

Landtagssitzung am 22. Februar 2017

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Mitte des Jahres 2005 die Gewährträgerhaftung der Eigentümer für die HSH Nordbank den Betrag von 165 Milliarden € erreicht hatte, hätte eine Abwicklung der HSH Nordbank für die Sparkassen in Schleswig-Holstein ein Risiko von knapp 30 Milliarden € bedeutet. Bei Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 belief sich die Gewährträgerhaftung immer noch auf 65 Milliarden €, wovon knapp 12 Milliarden € auf die Sparkassen entfielen. Auch dieser Betrag wäre geeignet gewesen, nicht nur die Sparkassenlandschaft in Schleswig-Holstein, sondern in ganz Deutschland, in den Abgrund zu reißen.
Diese Sichtweise macht einmal mehr deutlich, wie zwingend erforderlich die Rettung der HSH Nordbank im Jahr 2009 gewesen ist. Sie hat einen Flächenbrand bei den Sparkassen im Land vermieden, sie war kein Selbstzweck, sondern unter Berücksichtigung aller Umstände, die für die Menschen im Land am wenigsten schlimme Alternative.
Seit Ende 2015 beläuft sich die Gewährträgerhaftung der Sparkassen für die HSH Nordbank jetzt nur noch auf weniger als 500 Millionen €. Darauf hat die Ministerin gerade auch hingewiesen. Dieser Betrag könnte allerdings nach wie vor zum Tragen kommen, nämlich dann, wenn es im Jahr 2018 zu einer Abwicklung der HSH Nordbank kommen sollte. Und selbst dieses deutlich reduzierte Risiko ist immer noch viel zu groß, um von den Sparkassen in Schleswig-Holstein allein bewältigt werden zu können. Sollte es eintreten, steht zu befürchten, dass alle Sparkassen in Schleswig-Holstein zu Stützungsfällen werden und sie auf die Unterstützer der gesamten Sparkassenfamilie im Rahmen der Institutssicherung angewiesen wären - mit allen damit verbundenen Folgen für die Sparkassen hier bei uns im Land.
Deshalb ist es richtig, bei allen Entscheidungen zur HSH Nordbank neben den Auswirkungen auf das Landesvermögen und die Landesverschuldung immer auch die Situation der Sparkassen mit im Blick zu halten.
Der Unterschied bei den Auswirkungen für das Land einerseits und für die Sparkassen andererseits besteht darin, dass die Sparkassen in SchleswigHolstein diese bundesweite Hilfe der gesamten Sparkassenorganisation tatsächlich erhalten würden. Dafür zu sorgen, dass kein einziger Kunde der Sparkassenfinanzgruppe seine Einlagen verliert, gehört zum Grundgedanken des Sparkassensystems.

Präsident Klaus Schlie:
Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Kubicki?

Tobias Koch [CDU]:
Immer gern.

Wolfgang Kubicki [FDP]: Herr Kollege Koch, weil ich immer begeistert bin, wie Risiken aus der Gewährträgerhaftung sozusagen hier hineingeschüttet werden: Würden Sie mir freundlicherweise erklären, ob Sie wissen, wie viel von der Gewährträgerhaftung der Sparkassen Nordrhein-Westfalens nach der Abwicklung der WestLB tatsächlich zum Tragen gekommen ist, sodass die Sparkassen als Gewährträger haben eintreten müssen?

- Wenn es mich nicht täuscht, bisher kein einziger Euro. Die Abwicklung ist aber noch nicht abgeschlossen. Die Gewährträgerhaftung kommt ganz zum Schluss zum Zuge, wenn alle Verbindlichkeiten zurückgezahlt sind. Wenn das nicht der Fall ist, würde die Gewährträgerhaftung ziehen. Insofern ist es für ein abschließendes Fazit noch etwas verfrüht, Herr Kollege.

(Beifall CDU)

Für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein sind dagegen Hilfen des Bundes oder der EU, wie sie der Ministerpräsident leichtfertigerweise ins Spiel gebracht hat, rechtlich definitiv ausgeschlossen. Darauf hat mittlerweile nicht nur der Bundesfinanzminister hingewiesen, sondern auch der Hamburger Finanzsenator hat das klar und eindeutig erkannt.
Umso schmerzlicher und erschreckender ist es, dass die Landesregierung derzeit alles dafür tut, damit am Ende der Kollege Kubicki recht haben wird. Hören Sie zu, Herr Kollege Kubicki, jetzt lobe ich Sie einmal.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Man kann sich das nicht aussuchen!)

- Nein.

(Zurufe SPD)

Präsident Klaus Schlie:
Herr Abgeordneter, fahren Sie ruhig mit Ihrem Lob fort.

Tobias Koch [CDU]:
So groß soll das Lob nicht sein, weil Sie immer in den Raum geworfen haben, dass es auch mehr als 16 Milliarden € werden könnten. Sie erinnern sich an die Januar-Tagung, in der ich die 16 Milliarden € hier vorgerechnet habe. Aus der zwischenzeitlichen Ausschussberatung stammt die Erkenntnis, dass es in der Tat mehr als 16 Milliarden € werden könnten, denn die Ausschussberatungen über die Änderung des Staatsvertrages zur „hsh portfoliomanagement AöR“ haben deutlich gemacht, dass die überhöhte Kreditermächtigung von 4,9 Milliarden € für die AöR keineswegs nur vorsorglich auf dem Papier steht, sondern dass dahinter ganz reale Risiken stecken, die die Länder zusätzlich eingegangen sind und aus denen weitere finanzielle Belastungen resultieren können.

Wie wir jetzt wissen, ist das Risiko bei dem von SPD, Grünen und SSW beschlossenen Ankauf von Schiffskrediten der HSH Nordbank nicht darauf beschränkt, dass diese am Ende möglicherweise nur noch Schrottwert haben werden. Nach Angaben der Landesregierung besteht nicht nur die Gefahr, dass der gezahlte Kaufpreis von immerhin 2,4 Milliarden € abzüglich eines verbleibenden Schrottwertes verloren geht, sondern dass darüber hinaus noch weitere Milliardenrisiken hinzukommen. In der Vorlage werden 120 Millionen € genannt aus der Kreditermächtigung von den 4,9 Milliarden € für den Einsatz von Derivaten zur Zinssicherung, um die Kredite, die zur Zahlung des Kaufpreises aufgenommen wurden, vor Zinsschwankungen zu schützen. Weitere 850 Millionen € der Kreditermächtigung von 4,9 Milliarden € sind zum Ausgleich von Währungsschwankungen eingeplant, da die Kredite zur Refinanzierung des Kaufpreises überwiegend in US-Dollar aufgenommen wurden. Der schleswigholsteinische Landeshaushalt ist damit jetzt also auch einem Währungsrisiko ausgesetzt, und wir sind ein Stück weit davon abhängig, welche Entscheidungen der amerikanische Präsident in Zukunft treffen wird. Das ist insgesamt somit ein zusätzliches Verlustrisiko von knapp 1 Milliarde €, das mit dem Ankauf der Schiffskredite eingegangen worden ist.

Ich glaube kaum, Herr Dr. Stegner, dass auch nur einem einzigen Abgeordneten von SPD, Grünen und SSW klar gewesen ist, was mit der Blankovollmacht im Dezember 2015 beschlossen wurde, wenn noch nicht einmal die zu übernehmenden Kredite und deren Bewertung damals bekannt war.
Deshalb ist es richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns über die Auswirkungen auf die Sparkassen Gedanken machen. Der Schaden, der für das Land und die Steuerzahler in SchleswigHolstein allein durch die Entscheidung der letzten eineinhalb Jahre verursacht wurde, ist allerdings um ein Vielfaches größer. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und Wolfgang Kubicki [FDP])