Finanzielle Situation Schleswig-Holsteins

25.05.2011

Rede in der Landtagssitzung vom 25. Mai 2011

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dieser Stelle gebührt der erste Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Ministerien, die in einer wahren Mammutarbeit auf über 100 Seiten die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit insgesamt 119 Fragen beantwortet haben.
Ich bin den Antragstellern für ihre Große Anfrage allein schon deshalb dankbar, weil sie mir Gelegenheit gibt, die Kernkompetenz der christlich-liberalen Position bei der Haushaltskonsolidierung zu unterstreichen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt schon die Fülle von Ansatzpunkten, die Sie für Ihre Fragen gefunden haben, und die sich ganz oft auf die von Ihnen so kritisierte Haushaltsstrukturkommission beziehen, dass diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen wie kein anderer alle Möglichkeiten zur Sanierung des Landeshaushaltes untersucht und heranzieht.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber in der Blackbox!)
Mit dem beschlossenen Doppelhaushalt, der völlig offen und transparent ist, haben CDU und FDP bewiesen, dass eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung auch möglich ist.

(Beifall bei der CDU)

Auf das Urteil des Stabilitätsrats zu unserer Arbeit ist bereits hingewiesen worden. Der Stabilitätsrat hat nicht nur gesagt, was 2011 und 2012 kurzfristig gemacht worden ist, ist richtig, sondern er schreibt uns auch ins Stammbuch - wenn ich zitieren darf ‑:
„Im Rahmen des Konsolidierungsprogramms wurden darüber hinaus einige mittel- und langfristig wirkenden Maßnahmen beschlossen. Diese Maßnahmen werden ausdrücklich anerkannt und vonseiten des Stabilitätsrats zur Umsetzung empfohlen.“
Wie gut wir damit sind, merkt man erst, wenn man schaut, was bei anderen Ländern steht.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: So ist es!)

Was steht denn bei dem rot-grün regierten Bremen? - Dort steht:
„Die drohende Haushaltsnotlage wird festgestellt.“
Punkt. Aus. Nichts mehr. Dort gibt es noch gar kein Konzept. Da sind wir um Meilen weiter als Rot-Grün in Bremen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Nun ist es durchaus auch erhellend, sich einmal die Fragen in der Großen Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN anzusehen. Es ist schon sehr aufschlussreich, zu schauen, was sie gefragt haben. Frage Nummer 9 im ressortübergreifenden Block lautet beispielsweise:
„Hat die Landesregierung die Höhe der Umweltabgaben mit dem Ziel der Einnahmeverbesserung evaluiert?“
Da geht es gar nicht mehr vorrangig um umweltpolitisch begründete Steuerung oder Anreizsetzung. Bei den Grünen steht offenbar allein das Abkassieren zur Sanierung des Haushalts im Vordergrund. Nicht mehr Umweltschutz, sondern allein Einnahmeerzielung ist das Ziel.

(Beifall bei der FDP)

So zeigt sich an ganz vielen Stellen der bevorzugte grüne Weg, und

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

das haben Sie in Ihrem Redebeitrag noch einmal deutlich gemacht, nämlich Erhöhung von Steuern, Abgaben und Gebühren.

Präsident Torsten Geerdts:
Herr Abgeordneter ...

Tobias Koch [CDU]:
Deshalb sage ich Ihnen Danke. Danke für diese Große Anfrage, damit das auch jedem Bürger klar wird.

Präsident Torsten Geerdts:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

Tobias Koch [CDU]:
Sehr gern.

Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Ihnen bekannt, wie viel der Finanzminister der schwarz-gelben Landesregierung von der Oberflächenwasserentnahmeabgabe für seinen Haushalt vereinnahmt?

- Ja, das ist mir bekannt, aber ich fand es bemerkenswert zu sagen, wir erheben jetzt Umweltabgaben allein zur Einnahmeverbesserung, nicht aus umweltpolitischen Steuerungsgründen, weil die Oberflächenabgabe oder weitere Abgaben, die Sie im Blick haben, umweltpolitisch begründet und sinnvoll sind, sondern allein zur Einnahmeverbesserung.

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun sind die Grünen auch zu Kürzungen bereit - so ist es ja nicht. In Frage 15 zum Einzelplan des Verkehrsministers heißt es ganz offen:
„In welcher Höhe können die Zuschüsse für den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr weiter gesenkt werden, wenn auf jegliche Neubaumaßnahmen bei Landesstraßen verzichtet würde, auf den Bau der A 20, auf den Bau der A 7, auf den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung?“
Da merkt man, die Grünen haben es immer noch nicht verstanden. Verkehrsinfrastruktur ist die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg in Schleswig-Holstein und damit maßgeblich für unsere zukünftigen Steuereinnahmen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Sie haben das einmal zur Abstimmung gestellt, und Ihre Landesvorsitzende Eka von Kalben sagt heute in den „Lübecker Nachrichten“, sie glaubt nicht, dass bei der A 20 noch viel zu diskutieren sein wird. Wenn es bei Regierungsübernahme entsprechend weit fortgeschritten sein wird, dann werde man es realistischerweise auch nicht mehr verhindern. Dasselbe gilt für die feste Fehmarnbelt-Querung. Diese Vorschläge sammeln sie jetzt selber wieder ein.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Ich kenne niemanden, der die Ortsumgehung Hammoor infrage gestellt hat. Von wem kommt denn diese Frage, wenn nicht von Ihnen selbst? Das war Ihr eigener Vorschlag, den Sie damals formuliert haben. Deshalb sage ich auch an dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank für die Große Anfrage. Denn der Bürger muss wissen, was ihm droht, wenn Sie an die Regierung kommen.

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das realistisch, Herr Koch?)

- Nein, ist es nicht, Herr Kollege Fürter. Keine Sorge, so viel Angst haben wir nicht.
Lassen Sie mich einen weiteren Aspekt aufgreifen. Im Vorwort formuliert der Fragesteller wie folgt:
„Die Große Anfrage beschäftigt sich überwiegend mit dem Budget II, da der Rahmen für das Budget I klar abgesteckt wurde.“
Mit anderen Worten, der zwischen CDU und FDP im Rahmen des Budget I vereinbarte Personalabbau von 10 % der Beschäftigten im Landesdienst wird nunmehr auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht mehr infrage gestellt.
Frau Kollegin Heinold, wie anders sah das noch vor einigen Jahren aus, als die CDU-Fraktion 2007 ihr Personalmanagementkonzept präsentierte. Frau Kollegin Heinold - wenn ich aus Ihrer damaligen Landtagsrede zitieren darf - sagte damals:
„Die CDU-Fraktion fordert, 5.000 Stellen im Landesdienst zu streichen. Dieser Vorschlag ist nicht mutig, meine Damen und Herren, er ist komplett unrealistisch.“

(Beifall bei der LINKEN)

Heute haben sich die Grünen damit offensichtlich arrangiert. Insofern hat ein gewisser Erkenntnisprozess stattgefunden. Wenn dazu die Große Anfrage beigetragen hat, dann war es eine vernünftige Anfrage.

Präsident Torsten Geerdts:
Herr Abgeordneter, sind Sie jetzt offen für weitere Zwischenfragen?

Tobias Koch [CDU]:
Jetzt bin ich offen für Zwischenfragen.

Präsident Torsten Geerdts:
Dann hat zur ersten Zwischenfrage Frau Kollegin Heinold die Möglichkeit.

Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich springe noch einmal zum Punkt Infrastruktur zurück. Herr Kollege Koch, stimmen sie mir in der Aussage zu, dass es sinnvoll ist, auch bei Infrastrukturmaßnahmen zu wissen, was diese in der Planung und in der Ausführung kosten?

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Tobias Koch [CDU]:
Das ist immer sinnvoll, und auch für Infrastrukturmaßnahmen gilt ...

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen darf man das nicht!)

- Natürlich darf man das fragen.
Präsident Torsten Geerdts:
Die Frage ist gestellt, und jetzt kommt die Antwort.

Tobias Koch [CDU]:
- Herr Kollege Habeck, ich würde die Frage gern noch beantworten. Wenn Sie einen Fragenkatalog mit 119 Fragen einreichen, versuchen wir zu interpretieren, welche Zielrichtung Sie als Grüne verfolgen, ob Ihre Fragen dafür irgendeinen Anhaltspunkt bieten. Wenn das Einzige, was wir dort finden, das Infragestellen von Verkehrsprojekten ist, und ansonsten überwiegend nur Vorschläge der Haushaltsstrukturkommission abgefragt werden, kann es offensichtlich nur Ihre politische Position sein, alle Verkehrsprojekte infrage zu stellen. Das ist die Botschaft Ihrer Großen Anfrage gewesen.

(Beifall bei der CDU)

Präsident Torsten Geerdts:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, jetzt der Kollegin Spoorendonk? - Bitte.

Anke Spoorendonk [SSW]: Herr Kollege Koch, ist Ihnen bekannt, dass auch der Kollege Kubicki, zumindest vor der Landtagswahl, das von Ihnen vorhin lobend angesprochene Personalkosteneinsparkonzept sehr kritisch hinterfragt hat?

Tobias Koch [CDU]:
Nein, Frau Kollegin, das ist mir so nicht bekannt.

(Heiterkeit)

Wir haben das im Koalitionsvertrag gemeinsam vereinbart. Es geht auch darüber hinaus, was wir damals als CDU-Fraktion vorgeschlagen haben. Insofern kann ich mir nicht vorstellen, dass es mit dem Kollegen Kubicki Schwierigkeiten gibt. Es ist unser gemeinsames Ziel, das wir auch konsequent umsetzen.

Präsident Torsten Geerdts:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Robert Habeck?

Tobias Koch [CDU]:
Sehr gern.

Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege Koch, habe ich Sie so verstanden, dass die Haushaltsstrukturkommission alles in Bezug auf Sparmaßnahmen geprüft hat? - Also Universitäten, Kulturmaßnahmen und das Blindengeld abzubauen und so weiter, nur nicht Infrastrukturprojekte? Wie erklären Sie das bitte?

- Ich würde nie behaupten, dass wir wirklich alles geprüft haben. Niemand ist perfekt. Wir haben sehr vieles geprüft. Das muss nicht alles gewesen sein. Wir haben auch Verkehrsprojekte geprüft. Wir haben im Bereich des Landesstraßenbaus Kürzungen vorgenommen. Sie aber stellen jetzt Projekte infrage, die weiterhin Bestandteil des Haushalts sind,

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und zwar aus guten Gründen, die wir abgewogen haben. Diese Projekte sind weiterhin Bestandteil. Wir bekennen uns weiterhin zum Ausbau der A 20. Wir bekennen uns weiterhin zur festen Fehmarnbelt-Querung. Es war offensichtlich Ihr Anliegen zu sagen: Wir als Grüne sanieren den Haushalt, indem wir dann, wenn wir an die Regierung kommen sollten, diese Verkehrsprojekte streichen. Frau von Kalben sammelt das jetzt schon wieder ein. Wir warten daher auf neue Vorschläge von Ihnen.

Präsident Torsten Geerdts:
Jetzt gibt es keine weiteren Fragen mehr, Sie können fortfahren.

Tobias Koch [CDU]:
Ich hätte auch weitere Fragen beantwortet. Ich glaube, dass diese Große Anfrage ebenso wie jede weitere Zwischenfrage hier im Plenum nur helfen kann. Sie alle führen zu einem fortgesetzten Erkenntnisgewinn bei der Opposition.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich prophezeie Ihnen: Wenn Sie sich weiter damit beschäftigen, dann werden Sie auch die Kritik, die Sie in den vergangenen Monaten so vehement gegen unseren Doppelhaushalt vorgetragen haben, nicht mehr vortragen. Je länger und je intensiver sich die Opposition mit der Finanzsituation Schleswig-Holsteins beschäftigt, umso eher werden Sie erkennen, dass an diesen Kürzungen kein Weg vorbeiführt.
Wenn wir das gesetzte Ziel erreichen und die Neuverschuldung auf null reduzieren wollen, dann hilft es nicht, immer nur nach Bundesratsinitiativen zu schreien und zu sagen: Die anderen in Berlin müssen das machen, sie müssen das für uns regeln! Wir müssen unsere Hausaufgaben selbst machen. Es ist anzuerkennen, dass sich die Grünen dieser Herausforderung stellen. Insofern war der Arbeitsaufwand für die Beantwortung der Großen Anfrage sicherlich nicht umsonst, schließlich ist die Haushaltskonsolidierung mit dem beschlossenen Doppelhaushalt keineswegs abgeschlossen. Auch in den nächsten Haushalten wird es um weitere Kürzungen gehen. Ich sehe deshalb mit Freude einem weiteren Erkenntnisgewinn bei den Grünen entgegen.

(Beifall bei CDU und FDP)