Finanzielle Handlungsspielräume sichern: Altschuldentilgungsfonds für Land und Kommunen

25.04.2013

Rede in der Landtagssitzung am 25.04.2013

Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das verbindende Element der beiden unter diesem Tagesordnungspunkt zusammengefassten Anträge ist die zunehmende Hilflosigkeit der Regierungskoalition bei der Einhaltung der Schuldenbremse.
Besoldungsdiktat bei den Beamtinnen und Beamten, Grunderwerbsteuer auf bundesweitem Rekordwert, Forderungen nach milliardenschweren Steuererhöhungen durch den Bund und jetzt der Versuch, die Zinsen auf einen Fonds auszulagern und von anderen bezahlen zu lassen, das sind die untauglichen Rezepte dieser Küstennebelkoalition.

(Beifall CDU)

Als die CDU-Fraktion bei den Haushaltsberatungen beantragt hat, die Neuverschuldung um 130 Millionen € niedriger anzusetzen, wurde das aus den Reihen der Regierungsfraktionen als Irrsinn abgetan.
Die jetzt vorliegenden Zahlen für das erste Quartal 2013 geben unseren Anträgen im Nachhinein recht.
Deshalb brauchen wir jetzt einen Nachtragshaushalt für das laufende Haushaltsjahr, mit dem die falschen Ansätze bei Steuereinnahmen und Zinsausgaben korrigiert werden. Zudem brauchen wir einen überarbeiteten Eckwertebeschluss für das Jahr 2014, der keine falschen Weichen stellt. Noch nie zuvor in der Geschichte haben die Menschen in Schleswig-Holstein so viele Steuern gezahlt wie in den ersten drei Monaten dieses Jahres.
In dieser Situation will der Ministerpräsident weiter an der Steuerschraube drehen? Es ist doch das Gegenteil einer wachstumsorientierten Politik, wenn Investoren und junge Familien das Land verlassen, weil Sie die Grundstückspreise mit Ihrer Politik immer weiter in die Höhe treiben.
Ebenso schaden Sie Schleswig-Holstein, wenn Sie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer weiter demotivieren. Das konnten die Regierungsmitglieder gestern bei dem Pfeifkonzert vor dem Landhaus am eigenen Leib erfahren. Mit einer Bezahlung nach Kassenlage, mit Nullrunden für die Spitzenkräfte und mit Gehaltssteigerungen unterhalb der Inflationsrate gewinnt man keinen qualifizierten Nachwuchs. Ziehen Sie Ihr Besoldungsdiktat zurück!

(Beifall CDU und FDP)

Der hierfür erforderliche finanzielle Spielraum ist vorhanden. Das wissen die Finanzministerin und der Ministerpräsident ganz genau. Meine Damen und Herren, kommen wir nun zum Vorschlag eines Altschuldentilgungsfonds. Der Grundgedanke des vorliegenden Antrags ist nicht neu. Man könnte sogar sagen, er ist abgeschrieben; denn er geht zurück auf den Vorschlag von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen,

(Lachen Dr. Ralf Stegner [SPD])

den dieser bereits 2008 in die Föderalismuskommission eingebracht hat. Die entsprechenden Drucksachen liegen vor, Herr Dr. Stegner.

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zusammenfassung der Schulden von Ländern und Kommunen in einem Altschuldenfonds, verbindlicher Tilgungsplan über rund 50 Jahre und anteilige Bedienung aus den frei werdenden Mitteln des Solidarpakts, diese Kernelemente des Carstensen-Vorschlags finden sich heute eins zu eins im Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW wieder.
So, wie Sie Ihren Vorschlag konzipieren, geht es Ihnen aber vorrangig gar nicht um die Tilgung von Altschulden. Die Wahrheit ist vielmehr, dass Sie sich neue Haushaltsspielräume eröffnen und die Einhaltung der Schuldenbremse erleichtern wollen, indem Sie die Zinslasten einfach auf den Bund abschieben.
Die Zinsen für die Schulden der Länder und Kommunen, die in Ihrem Antrag mit 25 Milliarden € beziffert werden, sollen zukünftig aus dem Solidaritätszuschlag bezahlt werden. Nach der letzten Steuerschätzung für das laufende Jahr wird jedoch nur ein Aufkommen von 14 Milliarden € aus dem Solidaritätszuschlag erwartet. Dazu, wie Sie die Deckungslücke von 11 Milliarden € schließen wollen, findet sich in ihrem Antrag kein einziges
Wort.

Dieser Konstruktionsmangel des vorliegenden Antrags

Vorgehensweise umkehrt, wie es deshalb richtigerweise mit dem CDU-Antrag vorgesehen ist. Länder und Kommunen zahlen dann weiterhin die Zinsen für die Schulden, die sie selbst gemacht haben. Die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag würden hingegen verwendet werden, um die Schulden Schritt für Schritt zu tilgen. Bei einem Schuldenstand von rund 750 Milliarden € von Ländern und Kommunen und einem aktuellen Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag von 14 Milliarden € wären die Schulden dann nach 53,5 Jahren vollständig abbezahlt.

Die Länder und Kommunen würden mit fortschreitender Tilgung sukzessive von den rückläufigen Zinslasten profitieren. Daraus würden sich dann im Laufe der Jahre neue Handlungsspielräume ergeben, am Anfang nur in geringem Umfang, mit fortschreitender Dauer aber immer stärker aufwachsend.
Das wäre eine seriöse und kaufmännisch solide Vorgehensweise, während ihr Vorschlag doch eher einem gehebelten „Zins-Hedge-Wundertüten-Derivat“ entspricht. Sie wollen mit Ihrem Vorschlag eine sofortige Zinsentlastung von 250 Millionen € für Schleswig-Holstein erreichen, weil Sie keine andere Antwort darauf haben, wie Sie in den nächsten Jahren die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten wollen.
Ihr Antrag bringt damit die vollkommene Ratlosigkeit dieser Küstennebelkoalition zum Ausdruck. Sie rufen lieber nach Steuererhöhungen und wollen Zinslasten auf den Bund abwälzen. Sie versuchen, einfach einmal so die Zinsen verschwinden zu lassen. Das alles ist aber nur Augenwischerei, um vom eigenen Unvermögen abzulenken.

(Vereinzelter Beifall CDU - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich bitte deshalb bei beiden Punkten um Zustimmung zu den Anträgen der CDU-Fraktion. Wir können das aber gern auch vertieft in den Ausschüssen beraten. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)