Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan 2015

16.06.2015

Debattenbeitrag in der Landtagssitzung am 17. Juni 2015

Vizepräsident Bernd Heinemann: Meine Damen und Herren, die CDU hat noch eine Restredezeit von 4 Minuten. Diese nimmt jetzt der Herr Abgeordnete Tobias Koch in Anspruch.

Tobias Koch [CDU]: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie mögen die Unterfinanzierung der Hochschulen und die zunehmende Überlastung der Polizei als nicht wesentlich erachten, wie es die Finanzministerin erachtete; wir sehen darin die drängendsten Probleme unseres Landes. Deswegen haben wir in diesem Änderungsantrag unseren Alternativvorschlag aus dem Mai 2015 ganz bewusst auf zwei Vorschläge konzentriert - um es mit Ihren Worten zu sagen: Konzentration auf die Aufgaben-, nämlich mehr Geld für die Hochschulen und zusätzliche Stellen für die Polizei.Wenn Sie jetzt versuchen, diesen Kompromissvorschlag,mit dem wir versuchen, Brücken zu bauen,dadurch herabzuwürdigen, dass Sie sagen: „Jetzt rückt die Union selbst von ihren Vorschlägen aus dem Mai ab“, müssen Sie dringend an Ihrer Diskussionskultur arbeiten.

(Beifall CDU)

Sie haben dank unserer Änderungsanträge heute noch einmal die Möglichkeit, über mehr Geld für die Hochschulen und mehr Stellen für die Polizei abzustimmen. Sie kündigen immer an, das erfolge 2016 bei den Hochschulen - nicht in diesem Jahr,aber im Jahr 2016. Auch dazu geben wir Ihnen Gelegenheit. Unser Änderungsantrag enthält den Vorschlag einer Verpflichtungsermächtigung für 2016.Wir werden einzeln darüber abstimmen lassen.Dann können Sie beweisen, ob sie zumindest für 2016 zu Ihren eigenen Ankündigungen stehen.

(Beifall CDU)

Das eigentlich Erschreckende ist ja, dass Sie all diese Probleme nicht lösen und trotzdem schon ganz tief in die Trickkiste greifen müssen, um Ihren Haushalt noch rechtmäßig gestalten zu können. Die Diskussion um das Aufweichen des Regelwerks für die Schuldenbremse ist keine abstrakte Diskussion,die sich irgendwie im politischen Raum bewegt.Das ist gelebte Praxis. Das setzen Sie doch bereits um.Sie haben die Wachstumsrate für den Trendsteuerpfad bereits angepasst. Sie haben bereits Zuschläge auf den Trendsteuerpfad vorgenommen. Sie habenden Kommunalanteil herausgerechnet. Sie rechnen jetzt die Mindereinnahmen beim Erdölförderzins gegen. Das ist im Übrigen auch der Grund, aus dem von 108 Millionen € konjunkturellen Steuermehreinnahmen am Ende nur 84 Millionen € für die Reduzierung der Neuverschuldung übrig bleiben. Es ist nämlich nicht richtig, was der Kollege Andresen und auch die Kollegin von Kalben hier ausgeführt haben, dass die konjunkturellen Steuermehreinnahmen vollständig zur Reduzierung der Neuverschuldung eingesetzt werden. Das ist nachweislich falsch. Sie ändern jetzt das Ausführungsgesetz, um genau dies nicht tun zu müssen.

(Beifall CDU und Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

In der Summe führen all diese von Ihnen bereits vorgenommenen Änderungen am Ausführungsgesetz zu einem zusätzlichen Ausgabespielraum von 144 Millionen € in diesem Jahr. Der Abstand zur Verfassungsgrenze liegt bei nur 137 Millionen €.Mit anderen Worten: Ohne diese ganzen Rechentricks wäre dieser Haushalt schon verfassungswidrig gewesen. Es bestätigt sich alles, was wir in den letzten Jahren prophezeit haben. Sie haben geradeeinmal drei Jahre gebraucht, um diesen Haushalt auf Basis des alten Regelwerks in die Verfassungswidrigkeit zu führen.Wenn Sie Schuldenbremse immer nur auf das Ziel reduzieren, ab 2020 keine neuen Schulden zu machen, Frau Ministerin, leugnen Sie den Kern der Schuldenbremse. Der Kern der Schuldenbremse ist ein strukturell ausgeglichener Haushalt ab 2020.Strukturell heißt: bei wirtschaftlicher Normallage.Das setzt voraus, dass wir zwischen konjunkturellen Steuereinnahmen und strukturellen Steuereinnahmen unterscheiden und das definieren. Genau das höhlen Sie aus, indem Sie am Ausführungsgesetz, genau an diesem Regelwerk immer weiter herumschrauben. Am Ende bleibt von der Schuldenbremse und dem damaligen Konsens nicht mehr übrig. Wenn Sie den letzten Euro konjunkturelle Steuereinnahmen auch für strukturell erklärt haben,ist die Schuldenbremse obsolet.

(Beifall CDU)

Wir geben Ihnen heute auch dazu Gelegenheit abzustimmen. Dankenswerterweise können Sie zudem Antrag der CDU und der PIRATEN Ihre Zustimmung zur Schuldenbremse formulieren und das öffentliche Abrücken von irgendwelchen Aufweichungsversuchen dokumentieren, indem Sie diesem Antrag zustimmen.

- Herzlichen Dank.(Beifall CDU)

Vizepräsident Bernd Heinemann: Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat eine mögliche Dreiminutenvariante um weitere 2 Minuten überschritten. Das heißt, bei allen weiteren Dreiminutenbeiträgen darf es sich um Fünfminutenbeiträge handeln, wenn Sie das wünschen. Ich sehe jedoch keine weiteren Wortmeldungen.

-Doch, einen Fünfminutenbeitrag gibt es von Herrn Abgeordneten Koch. Nach der Restredezeit könnenauch Sie noch einen Drei- beziehungsweise Fünfminutenbeitragleisten.

Tobias Koch [CDU]: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, dass ich den Eintritt in die Mittagspause jetzt doch noch ein wenig verzögern muss. Aber das, was die Frau Ministerin eben ausführte, kann hier nicht so stehenbleiben.

(Zuruf: Dann hau mal rein!)

Frau Ministerin, das war kein besonders souveräner Auftritt, wenn Sie so argumentieren, wie Sie es gerade getan haben.

(Zuruf SPD: So etwas tun Sie auch!)

Wenn Sie alle Änderungsanträge der letzten drei Jahre hier aufsummieren, dann übersehen Sie, dass wir zu jedem Zeitpunkt und zu jedem dieser Anträge entsprechende Deckungsvorschläge benannt haben.

(Beifall CDU)

Selbstverständlich würde der Haushalt heute ganz anders aussehen, wenn wir während der vergangenen drei Jahre regiert hätten, und dann wären auch die entsprechenden Möglichkeiten vorhanden gewesen.

(Martin Habersaat [SPD]: Sie bringen doch immer die gleichen Vorschläge ein!)

- Nein, es ist das genaue Gegenteil, Herr Kollege Habersaat. Wir bringen eben nicht immer genau die gleichen Vorschläge ein.

(Zuruf SPD)

- Frau Kollegin, wollen Sie uns vorwerfen, dass wir immer von dem ausgehen, was wir zum jeweiligen Zeitpunkt von Ihnen vorgefunden haben, dass wir jeweils auf Basis Ihrer Haushaltsanträge unsere Änderungsanträge gestellt haben, ist das Ihr Vorwurf?

(Zuruf SPD: Nein!)

- Also, sehen Sie.Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie jetzt eine offizielle Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

Tobias Koch [CDU]: Bitte schön.

Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN]: Herr Kollege Koch, hat sich die CDU nicht gegen die erste Grunderwerbsteuererhöhung ausgesprochen?

- Herr Kollege Matthiessen, das ist richtig, und das hatten wir zu dem damaligen Zeitpunkt ebenfalls mit einem Änderungsantrag versehen und haben aufgezeigt, wie man mit entsprechenden Deckungsvorschlägen auf die Grunderwerbsteuererhöhung verzichten könnte.

(Beifall CDU)

Vizepräsident Bernd Heinemann: Gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Matthiessen, Herr Koch?

Tobias Koch [CDU]:Sehr gern.

Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie dann, als Sie in die Regierungsverantwortung kamen, diese Grunderwerbsteuererhöhung wieder zurückgenommen?

- Okay, da muss ich ein wenig überlegen. - Sie fragten nach der ersten Grunderwerbsteuererhöhung. Die haben wir selber beschlossen, Herr Kollege Matthiessen. Ich war aber jetzt gedanklich beider ersten von Ihnen beschlossenen Grunderwerbsteuererhöhung,die wir in der Tat abgelehnt haben,und wir hatten vorgeschlagen, diese gegenzufinanzieren.Was wir dann machen werden, wenn wir 2018 wieder in Regierungsverantwortung sind, isteine ganz andere Frage. Diese Frage beantwortenwir dann in unserem Regierungsprogramm.

(Lachen SPD)

Ich glaube, ich habe die Frage damit beantwortet. Frau Ministerin, genauso unlauter wie dieser Versuch hier eben, uns unseriöse Finanzpolitik zu unterstellen,war Ihre Argumentation zum Ausführungsgesetz der Schuldenbremse. Niemand hat hier die Änderung des Ausführungsgesetzes in Bezug auf die zusätzlichen Bundesmittel für Flüchtlinge kritisiert. Das war gar nicht Bestandteil der Debatte. Es ist unlauter, uns hier zu unterstellen, dass wir das kritisiert hätten.Die gesamte Kritik bezog sich auf den zweiten Teil Ihrer Verrechnung mit Mindereinnahmen aus dem Erdölförderzins. Dankenswerterweise haben Sie selber klargestellt, dass es eine wirkliche politische Entscheidung ist, während Ihr Parteifreund Rasmus Andresen versucht hat, das als rein technische Entscheidung darzustellen, die die Mitarbeiter in Ihrem Haus getroffen haben. Nein, es ist die politische Entscheidung dieser Parlamentsmehrheit. HerrStegner, das beschließen Sie mit Ihrer Mehrheit.Unsere Kritik ist, dass Sie daran Veränderungenvornehmen.

(Beifall CDU)

Das steht vollkommen im Einklang mit dem gemeinsamen Antrag von PIRATEN und CDU zur Schuldenbremse. Denn dort heißt es - hätten Sie nur richtig zitiert

-„Dies gilt auch für Änderungen des Ausführungsgesetzes,welche die Spielräume zur Neuverschuldung erhöhen.“Der erste Punkt, die zusätzlichen Mittel des Bundes,erhöhen nicht den Spielraum für Neuverschuldung.Sie erhöhen den Spielraum für Ausgaben zugunstenvon Flüchtlingen.

(Beifall PIRATEN und Daniel Günther[CDU])

Die Verrechnung der Erdölförderzinsen schafft Ihnen den Spielraum, die konjunkturellen Mehreinnahmen nicht vollständig zur Schuldenreduzierung einzusetzen. Genau das ist der Punkt. Der Antragmuss überhaupt nicht geändert werden. Dem kannso zugestimmt werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vizepräsident Bernd Heinemann: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.Zunächst wird jetzt über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2015 und die dazu vorliegenden Änderungsanträge abgestimmt.Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/3111 abstimmen.Wer zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.

- Das ist die FDP-Fraktion.(Dr. Heiner Garg [FDP]: Da könnt ihr ruhigzustimmen!)

Gegenstimmen? - Enthaltungen?

- Bei Enthaltung der CDU ist dieser Antrag mit den Stimmen von PIRATEN,BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und SPD abgelehnt.

Ich rufe dann die Änderungsanträge der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/3112 auf.Zunächst Einzelabstimmung über die Nummern 1bis 9 der Änderungsanträge zu den Verpflichtungsermächtigungen. Erstens. Anwärterbezüge - 300.000 € mehr. Werdas so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die CDU-Fraktion. Gegenstimmen?

- Das sind die Fraktionen von PIRATEN,BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und die SPD Fraktion.Stimmenthaltungen?

- Bei Enthaltung der FDP.(Widerspruch PIRATEN)

- Moment! Das muss ich für das Protokoll korrigieren.Gegen den Vorschlag waren zwei PIRATEN,für den Vorschlag sind vier PIRATEN.

(Torge Schmidt [PIRATEN]: Enthaltung!)

- Enthaltung? Dann sind es vier Enthaltungen und keine Befürwortung.Wir kommen jetzt zu Punkt zwei. Globale Minderausgabe- 2.944.000 €. Wer das so beschließenmöchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.

-Das ist die CDU-Fraktion.

(Widerspruch CDU)

- Einzelne Abgeordnete -

-(Tobias Koch [CDU]: Das wurde gar nicht beantragt!)

- Ich stimme jetzt die CDU-Anträge einzeln durch.Ich bin jetzt beim zweiten Spiegelstrich: Globale Minderausgabe im Bereich Schule und Berufsbildung.

(Widerspruch CDU)

- Ich bin bei Ihren Anträgen und gehe die Einzelanträge durch, so wie Sie es gewünscht haben. - Bitteschön!

Tobias Koch [CDU]:Herr Präsident, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass wir Einzelabstimmung nur für die Punkte eins bis neun der Verpflichtungsermächtigung beantragt haben. Den Rest dürfen Sie gern en bloc abstimmen lassen.