Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes

25.02.2010

Redeauszug aus der Landtagssitzung vom Donnerstag, 25. Februar 2010

Tobias Koch [CDU]:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Novellierung des Sparkassengesetzes ist eines der ersten wichtigen Gesetzesvorhaben der Regierungsfraktionen von CDU und FDP, mit dem wir für mehr Wachstum und Beschäftigung in Schleswig-Holstein sorgen.

(Zuruf von der SPD: Schön wär's!)

Indem wir den Sparkassen eine verbesserte Eigenkapitalausstattung ermöglichen, stärken wir ihre Wettbewerbsposition als unverzichtbare dritteSäule unserer Bankenlandschaft.

(Beifall bei CDU und FDP - Widerspruch des Abgeordneten Martin Habersaat [SPD])

Nur starke Sparkassen sind in der Lage, ihren öffentlichen Auftrag zu erfüllen, und können unsere heimische Wirtschaft ausreichend mit Krediten versorgen.

Wer diese Notwendigkeit verkennt und wie die Opposition eine Änderung des Sparkassengesetzes ablehnt, nimmt damit langfristig negative Folgen für Sparkassen und Mittelstand in Schleswig-Holstein billigend in Kauf.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es sollte uns schon zu denken geben, dass selbst der Sparkassen- und Giroverband die Pläne der Koalitionsfraktionen zumindest grundsätzlich begrüßt und trotz rechtlicher Vorbehalte mit der Zielsetzung einer Stärkung der Eigenkapitalausstattung übereinstimmt.

Wir können auch nicht die Augen davor verschließen, dass die beiden größten Sparkassen in unserem Land mittlerweile zu Stützungsfällen geworden sind und der Kapitalbedarf bereits jetzt nicht mehr allein in Schleswig-Holstein aufgebracht werden kann. Gerade diese Stützungsfälle zeigen doch, welche Gefahr in dem bestehenden Instrument der Fusion von Sparkassen liegt. Die regionale Bindung geht bei immer größeren Gebilden zunehmend verloren, und die Schieflage eines einzelnen Fusionspartners reißt anschließend die ganze Großsparkasse mit in den Abgrund. Von der Schieflage zweier Sparkassen ist deshalb jetzt halb Schleswig-Holstein betroffen, nämlich gleich vier Kreise und zwei kreisfreie Städte.

Nun ist die Sparkassengruppe eine starke Organisation, und ich habe überhaupt keine Zweifel daran, dass der Haftungsverbund der Sparkassen diese Belastungen meistern wird. Aber eine Situation, in der unsere Sparkassen am Tropf des überregionalen Stützungsfonds hängen, ist doch wahrlich keine Idealsituation, weder für die Sparkassen noch für Unternehmen mit Kreditbedarf.

Die Möglichkeit von Minderheitsbeteiligungen ist deshalb genau die richtige Antwort auf die erkannten Probleme. Sie verschafft den Sparkassen ein zusätzliches Instrument zur Verbesserung ihrer Eigenkapitalausstattung, und sie ermöglicht eine kapitalunterlegte Zusammenarbeit regional selbstständiger Institute, ohne dass dabei gleich der Weg einer Fusion beschritten werden muss.

Wenn eine solche Regelung bereits in der letzten Wahlperiode getroffen worden wäre, hätte sie zur Vermeidung der aufgetretenen Schieflagen oder zumindest zu deren Abmilderung beitragen können.

Neben der Stärkung des Eigenkapitals und dem Erhalt regional selbstständiger Institute trägt der Gesetzentwurf außerdem dafür Sorge, dass der öffentlich-rechtliche Status unserer Sparkassen gewahrt bleibt. Der kommunale Träger hält auch zukünftig mindestens 74,9 % am Stammkapital. Ob überhaupt Stammkapital gebildet wird, entscheidet der Verwaltungsrat der Sparkasse selbst nach vorheriger Zustimmung der Vertretung des Trägers. Diese schließt auch den öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Einbeziehung von Beteiligten, und sie genehmigt die Richtlinien der Geschäftspolitik. Im Verwaltungsrat verfügt der kommunale Träger auch zukünftig über eine Mehrheit der Sitze, wodurch das Demokratieprinzip mit einer durchgängigen demokratischen Legitimation gewahrt bleibt. Die Ausschüttungen der Sparkasse an ihren Träger sind weiterhin ausschließlich für gemeinnützige Zwecke einzusetzen.

Meine Damen und Herren, all diese Gesetzesinhalte sind nicht zuletzt das Ergebnis intensiver Gespräche und Abstimmungen, die wir mit dem Sparkassen- und Giroverband geführt haben. In dem Bekenntnis zur Beibehaltung der öffentlich-rechtlichen Struktur der Sparkassen sind wir uns dabei mit dem Verband völlig einig.

Dass die Opposition auf diese Gesetzesinhalte in ihren Presseerklärungen mit keinem einzigen Wort eingeht, erstaunt dabei nicht sonderlich. Bei dem dramatisch verkündeten Ende des öffentlich-rechtlichen Sparkassenwesens bis hin zu dem Vorwurf, wir würden uns hier in einem Privatisierungsrausch befinden,

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

hätte die Erwähnung all dieser Gesetzesinhalte nur unnötig gestört. Mal schauen, ob die Opposition den Gesetzentwurf mittlerweile gelesen hat, bei den bisherigen Stellungnahmen hatte ich jedenfalls nicht den Eindruck.

(Beifall bei CDU und FDP)

Noch viel erschreckender finde ich allerdings, dass bei der rechtlich relevanten Frage einer EU-konformen Gesetzgebung die Argumentation der Opposition trotz jahrelanger Debatten nach wie vor von Unwissenheit geprägt ist.

(Zuruf von der SPD: Was ist denn bei dem Gespräch herausgekommen?)

Meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen, anders ist es nicht zu verstehen, wenn Sie nach wie vor die Frage aufwerfen, ob die Haspa als öffentlich-rechtliches Institut anerkannt wird.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist immer noch nicht geklärt!)
- Selbstverständlich ist es geklärt.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn? - Weitere Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Selbstverständlich. Hören Sie doch erst einmal zu, Frau Kollegin! Selbstverständlich ist es geklärt.
Die Hamburger Sparkasse AG und ihre Trägerin, die Haspa Finanzholding, sind zweifelsfrei keine öffentlich-rechtlichen Institute.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie das aufgeschrieben haben oder warum?)

- Sie sind keine öffentlich-rechtlichen Institute.
(Zurufe)

- Bei Ihnen fehlt es wirklich an Sachverstand.

Bei der Haspa handelt es sich, wenn man die Maßstäbe des geltenden schleswig-holsteinischen Sparkassengesetzes zugrunde legt, vielmehr um eine öffentlicheSparkasse, nicht um eine öffentlich-rechtliche Sparkasse.

(Unruhe bei der SPD)

Die Haspa Finanzholding verfügt zudem als Gesellschaft alten Hamburger Rechts über keine privaten Eigentümer, unterliegt der staatlichen Aufsicht, und Änderungen der öffentlichen Aufgabe beziehungsweise der Gemeinwohlorientierung dürfen nicht ohne Zustimmung der Freien und Hansestadt Hamburg vorgenommen werden. Wenn die Haspa Finanzholding aufgrund dieser Eigenschaften offensichtlich nicht dem privaten Sektor zugerechnet werden kann, dann liegt damit auch keinDiskriminierungstatbestand im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit in der Europäischen Union vor.

(Beifall bei CDU und FDP)

In den anstehenden Ausschussberatungen wird dieser Aspekt sicherlich noch eine gewichtige Rolle spielen. Ich will deshalb deutlich machen, dass wir diese Beratungen und Anhörungen sehr ernst nehmen. Es ist nicht unser vorrangiges Ziel, diesen Gesetzentwurf eins zu eins so zu verabschieden, wie er heute vorliegt. Vielmehr sind wir für alle Anregungen und Formulierungen offen, die an dieser Stelle dazu beitragen, um ein noch höheres Maß an Rechtssicherheit zu erreichen.

Ich weise darauf hin, dass Schleswig-Holstein nicht das erste Bundesland wäre, das sein Sparkassengesetz ändert. Hessen, Rheinland-Pfalz, Bremen und Nordrhein-Westfalen sind diesen Weg bereits in ähnlicher Form gegangen. In allen vier Bundesländern wird Stammkapital beziehungsweise sogenanntes Trägerkapital durch Einlagen und durch Umwandlung von Rücklagen gebildet.

Eine Übertragung von Anteilen am Stammkapital ist in Rheinland-Pfalz auf Sparkassen und Errichtungsträger möglich,

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Wer regiert denn dort?)

in Hessen ferner auf die Landesbank Hessen-Thüringen und auf öffentlich-rechtliche Stiftungen. In Bremen können sogar bis zu 49,9 % des Stammkapitals auf Mitglieder der Sparkassenorganisation übertragen werden - und zu denen gehört auch die Haspa -, ferner auf Bürger der Gemeinde, in der die Sparkasse ihren Sitz hat, oder auf Kunden der Sparkasse. All diese gesetzlichen Regelungen sind schon einige Jahre in Kraft, sie waren keineswegs Einfallstor für eine Privatisierung, und sie haben bislang noch nicht einmal zu juristischen Auseinandersetzungen geführt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Bei der Gesetzesverabschiedung werden wir letztlich abzuwägen haben, zwischen einem theoretischen Restrisiko und dem praktischen Nutzen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis und der Kreditvergabefähigkeit unserer Sparkassen.

Lassen Sie mich abschließend noch auf die Kritik eingehen, mit dem Gesetzentwurf würde den kommunalenTrägern die Möglichkeit eingeräumt, Sparkassenanteile zu verscherbeln, um ihren Haushalt auf Kosten der Sparkassen zu sanieren. Frau Kollegin Heinold, da muss man sich doch schon fragen, was für ein Bild Sie von den kommunalen Trägern haben, wo Sie doch sonst die Fahne der Kommunen hier in diesem Haus immer so hoch halten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Verantwortungslosigkeit, die Sie den kommunalen Mandatsträgern damit unterstellen, ist doch wirklich vollkommen aus der Luft gegriffen. Die jahrzehntelange Erfahrung zeigt, dass sich die kommunalen Träger ihrer Verantwortung gegenüber den Sparkassen immer sehr wohl bewusst waren. Sie haben in den allermeisten Fällen sogar auf die ihnen zustehenden Ausschüttungen verzichtet. Allerdings mag es in bestimmten Situationen durchaus gute Gründe dafür geben, Anteile am Stammkapital zu übertragen, ohne dass dieses mit einer Eigenkapitalzufuhr für die Sparkasse verbunden ist. Verfügt eine Sparkasse nämlich bereits über eine sehr gute Eigenkapitalausstattung - was gerade bei den kleineren Sparkassen im Land durchaus der Fall ist -, kann eine solche Entscheidung durchaus verantwortungsvoll sein, um durch die Einbeziehung eines strategischen Partners eine Risikobegrenzung vorzunehmen.

Völlig unzutreffend ist es allerdings zu behaupten, in einem solchen Fall würde Stammkapital verkauft und dadurch das Eigenkapital der Sparkasse geschwächt. Der Gesetzentwurf sieht die Möglichkeit für eine Übertragung von Anteilen am Stammkapital vor, das heißt diese werden anschließend von dem neuen Beteiligten gehalten, der kommunale Träger erhält hierfür einen finanziellen Ausgleich vom Beteiligten und das Stammkapital der Sparkasse bleibt unverändert bestehen. Da wird kein Geld entzogen, damit wird das Eigenkapital der Sparkasse nicht geschwächt.

Das hatte ich vor, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren, angesichts dieser unberechtigten und stark übertrieben Kritik am vorliegenden Gesetzentwurf will ich hoffen, dass es uns trotzdem gelingt, in einer sachorientierten Debatte die weiteren Beratungen durchzuführen.

Ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfs federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss und den Finanzausschuss.

(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordneten Flemming Meyer [SSW])

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle in dieser Debatte fest, dass wir uns in der Beurteilung der Bedeutung unserer Sparkassen einig sind. Ich stelle auch fest, dass wir in allen Wortbeiträgen die Bereitschaft gehört haben, den Sparkassen zu helfen, zu einer guten Außenwirkung zu kommen. Die Augen zu verschließen und nichts zu tun, ist sicherlich keine Alternative. Tatenlos zuzusehen, wie eine Sparkasse nach der anderen zum Stützungsfall wird, das können wir als Politiker nicht verantworten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Von daher ist doch die entscheidende Frage, die der Abgeordnete Wiegard hier gerade vollkommen zu Recht thematisiert hat: Wie können wir den Sparkassen dazu verhelfen, zu zusätzlichem Eigenkapital zu gelangen? Das ist die entscheidende Frage. Da macht sich die Opposition nun den Vorschlag zu eigen, atypische stille Einlagen wären jetzt die Lösung.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie einmal zu! - Weitere Zurufe)

Ich wollte darauf hinweisen, dass, wenn man dem Modell der atypischen stillen Einlage näher tritt, Frau Kollegin Heinold, Sie aber mit den gleichen Rechtsbedenken sofort feststellen müssten, dass sich der Kreis der Bewerber bei solchen stillen Einlagen EU-rechtlich überhaupt nicht beschränken lässt. Sie machen damit die Tür auf, dass private Banken, dass Finanzinvestoren unseren öffentlich-rechtlichen Sparkassen Geld zur Verfügung stellen, hoch verzinst, und sie daher Ausschüttungen bekommen unabhängig davon, ob die Sparkasse Gewinne macht oder nicht.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich doch genau vorher thematisiert!)

- Da stellt ein Finanzinvestor unserer öffentlich-rechtlichen Sparkasse 50 Millionen € stille Einlagen zu 6 % zur Verfügung und bekommt darauf garantiert 3 Millionen € pro Jahr ausgeschüttet. 3 Millionen auch dann, wenn die Sparkasse gar keinen Gewinn macht.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das schwächt doch unsere öffentlich-rechtlichen Sparkassen, wenn ihnen Geld entzogen wird.
(Beifall bei FDP und CDU)

Wir wollen Beteiligung innerhalb der Sparkassenfamilie untereinander, und Ausschüttungen gibt es dann nur, wenn Gewinne gemacht werden. Denn nur Gewinne können überhaupt ausgeschüttet werden. Es ist doch gerade die Gefahr, wenn sie hoch verzinsliche stille Einlagen privilegieren, dass dann die Sparkasse geschädigt werden, dass dann kein Geld für gemeinnützige Arbeit zur Verfügung steht. Das ist doch das Problem.

Von daher kann ich nicht erkennen, dass überhaupt nur ein einziger realistischer Vorschlag unterbreitet wurde, wie wir unseren Sparkassen helfen können. Es gibt nichts von der Opposition, nur die Kritik und rechtliche Bedenken. So lässt sich aber keine Politik betreiben.

(Beifall bei FDP und CDU)