Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens „Energetische Sanierung“

31.05.2013

Debattenbeitrag in der Landtagssitzung am 31.05.2013

Tobias Koch [CDU]:
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dreimal hat die CDU-Fraktion in den letzten Monaten die Initiative ergriffen, um mehr Geld für die Sanierung unserer Landesstraßen bereitzustellen. Alle drei Male wurden diese Vorschläge in Bausch und Bogen von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Am cleversten wäre es gewesen, den guten Jahresabschluss 2012 für die Bildung eines Sondervermögens zugunsten der Landesstraßensanierung zu nutzen.

Mit der nahezu erreichten schwarzen Null im Haushalt 2012 lagen wir weit unterhalb der zulässigen Kreditobergrenze von 386 Millionen €. Es hätte also genug Spielraum gegeben, um zum Beispiel ein 100-Millionen-€-schweres Sondervermögen zur Sanierung der Landesstraßen zu bilden. Damit hätte der Investitionsstau vollständig beseitigt werden können. Es hätte ein wirklicher Wachstumsimpuls gesetzt werden können. Die Haushalte der Folgejahre wären strukturell entlastet worden. Das alles wäre im vollen Einklang mit den Regelungen der Schuldenbremse möglich gewesen. Jetzt schlägt der Ministerpräsident vor, die Schuldenbremse aufzuweichen, um solche Investitionen über zusätzliche Kredite finanzieren zu können. Diese Chance hätte er 2012 dank des von uns hinterlassenen Spielraums gehabt, ohne dazu an der Schuldenbremse herumdoktern zu müssen. Diese Chance, haben Sie, Herr Albig, nicht genutzt, Sie haben sie leichtfertig vertan. Wir haben dann mit unseren Anträgen zum Haushalt 2013 erneut versucht, zumindest die Kürzungen bei den Straßenbaumitteln rückgängig zu machen.
Wir haben dazu Umschichtungen innerhalb des Haushaltes vorgeschlagen, mit denen wir die Investitionsquote angehoben hätten. Und auch dieser Antrag wurde von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt. Als dann im Frühjahr der Landesbetrieb selbst öffentlich um Hilfe rief, haben wir erneut die Initiative ergriffen. Wir haben beantragt, zumindest die vom Landesbetrieb genannte Untergrenze für Straßenbaumittel bereitzustellen.
Auch dieser Antrag wurde von SPD, Grünen und SSW abgelehnt.

Fünf Minuten später hat Minister Meyer dankenswerterweise und an der grünen Fraktion vorbei genau das angekündigt, was wir beantragt hatten:
5 Millionen € in seinem eigenen Haushalt umzuschichten.
Eine richtige Entscheidung, die wir auch damals schon gelobt haben, die gleichwohl nur die Kürzungen von SPD, Grünen und SSW wieder rückgängig macht.
Dann - gerade noch rechtzeitig vor der Kommunalwahl - sind endlich auch die Grünen aufgewacht.
Nun auf einmal sind sie sogar bereit, das grüne Lieblingsprojekt PROFI zur energetischen Gebäudesanierung teilweise zu opfern, um zusätzliche Mittel für die Straßensanierung bereitzustellen.

Diese Kehrtwende erstaunt insofern nicht, als sich PROFI zunehmend als totaler Flop erweist. Eine Maßnahme darf aus Mitteln des Sondervermögens PROFI nur finanziert werden, wenn die mit ihr angestrebten Energieeinsparungen den Landeshaushalt nachhaltig entlasten. Bei der Auswahl der Maßnahmen ist der Aspekt der Wirtschaftlichkeit vorrangig zu berücksichtigen. So steht es in dem von SPD, Grünen und SSW beschlossenen Gesetz. Gegen diese gesetzlichen Vorgaben wird mit den ausgewählten Projekten massiv verstoßen. In dem vorgelegten Bericht heißt es lapidar, die Projekte seien wirtschaftlich, wenn sie sich nach 20 oder 30 Jahren amortisieren würden.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wenn!)

Mit anderen Worten: Nach 20 oder 30 Jahren haben wir das eingesetzte Geld gerade einmal wieder zurück. Eine Haushaltsentlastung, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben ist, ist bis dahin in keiner Weise erfolgt, ganz im Gegenteil. Bis dahin werden die Haushalte mit Zins und Zinseszins immer weiter belastet, denn PROFI ist komplett kreditfinanziert.
Bei den Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu dem grünen Lieblingsprojekt werden diese Zinsbelastungen einfach unberücksichtigt gelassen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Vielleicht sollte man es lieber „Dilettanti“ nennen!)

Trotz dieser gesetzeswidrigen Vorgehensweise ist es noch nicht einmal gelungen, genügend Projekte für PROFI zu finden. Auch hiervor hatten wir bei den Haushaltsberatungen bereits gewarnt, denn es macht einfach keinen Sinn,

(Unruhe - Glocke Präsident)

ein Sondervermögen PROFI einzurichten, wenn man noch nicht einmal weiß, welche Projekte sich überhaupt rechnen und ob das Geld dafür am Jahresende tatsächlich übrig ist.
Nun also möchte Frau von Kalben die ungenutzten PROFI-Mittel für die Sanierung der Landesstraßen umwidmen. „Na bravo, Frau Kollegin, warum nicht gleich so?“, könnte man da rufen.

(Christopher Vogt [FDP]: Sie denkt an ihre Bandscheibe!)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, auf Basis des CDU Gesetzentwurfs können Sie jetzt das beschließen, was wir schon immer gefordert haben, nämlich mehr Geld für die Sanierung unserer Landesstraßen. Das ist auch dringend notwendig, denn nur eine gute Verkehrsinfrastruktur schafft Wachstum, schafft Arbeitsplätze und sorgt für zusätzliche Steuereinnahmen.

(Beifall CDU und FDP)

Sie haben für diese Erkenntnis ein ganzes Jahr nach Ihrem Regierungsantritt gebraucht, und jetzt fällt Ihnen auf, dass auch Schulbusse auf Straßen fahren. Lassen Sie nicht noch mehr Zeit ungenutzt verstreichen, sondern lassen Sie uns diese Gesetzesänderung in der Juli-Tagung beschließen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich melde mich noch einmal zu Wort, weil die heutige Vorgehensweise der Regierungsfraktionen an Dilettantismus wirklich nicht zu überbieten ist.

(Beifall CDU und FDP - Widerspruch SPD)

Da macht die grüne Fraktionsvorsitzende einen Vorschlag per Pressemitteilung, kümmert sich aber anschließend überhaupt nicht darum, wie er umzusetzen ist. Nur dank unseres Gesetzentwurfs sind wir heute überhaupt im Gesetzgebungsverfahren!

(Beifall CDU und FDP)

Was machen die Regierungsfraktionen? - Sie legen heute einen eigenen Gesetzentwurf vor. Aber zu welchem Zeitpunkt? - Nicht etwa als Tischvorlage vor Beginn der Sitzung - schon das kritisierten Sie immer scharf, wenn das zu unseren Regierungszeiten passierte -, sondern mitten in der laufende Debatte! Nach dem Redebeitrag der Opposition wird ein eigener Gesetzentwurf vorgelegt. Es ist, wie gesagt, nicht ein Änderungsentwurf zu unserem Gesetzentwurf, sondern ein eigener Gesetzentwurf mit einem vollkommen anderen Regelungsgegenstand. Dieser könnte heute gar nicht beschlossen werden, er steht heute nicht zur Abstimmung. Nur der Sache wegen werden wir diese dilettantische Verfahrensweise einmal durchgehen lassen; denn die Landesstraßen sind uns wichtig, und wir wollen nicht weitere Verzögerungen wegen Ihres dilettantischen Vorgehens hier in Kauf nehmen.

(Beifall CDU und FDP)

Vizepräsident Bernd Heinemann:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rasmus Andresen?

Tobias Koch [CDU]:
Ja.
Vizepräsident Bernd Heinemann: Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die künstliche Empörung lasse ich einmal weg. - Herr Kollege Koch, ich will Sie gleich direkt fragen, ob Sie zur Kenntnis nehmen, dass ich in den ersten Sätzen meiner Rede gesagt habe, dass ich Ihnen sehr dankbar bin, dass wir hier im Plenum auf Ihren Antrag hin über die PROFI-Thematik debattieren können. Würden Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass es uns als regierungstragender Fraktion freisteht, zum Erreichen des Ziels, etwas für die Landesstraßen zu tun, einen anderen Weg zu wählen als den, den Sie in Ihrem Gesetzentwurf beschreiben?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Tobias Koch [CDU]:
Herr Kollege Andresen, drückt sich Ihre Dankbarkeit darin aus, dass Sie es noch nicht einmal geschafft haben, den Oppositionsfraktionen Ihren Gesetzentwurf rechtzeitig vor der Sitzung zukommen zu lassen? Drückt sich Ihre Dankbarkeit darin aus, dass Sie jetzt darauf angewiesen sind, dass wir Ihrem kruden Verfahren unsere Unterstützung geben, weil ansonsten in diesem Jahr kein Geld mehr für die Landesstraßen fließen würde? War das gemeint mit Ihrer „Dankbarkeit“?

(Beifall CDU und FDP)

Vizepräsident Bernd Heinemann:
War das als Frage gemeint? Dann würde der Abgeordnete
- -
Tobias Koch [CDU]:
Ich lasse jetzt keine weitere Frage des Kollegen Andresen zu.
Vizepräsident Bernd Heinemann:
Okay. Das war jetzt eher belehrend gemeint. Keine weiteren Fragen werden zugelassen. - Danke schön. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Tobias Koch [CDU]:
Vielen Dank, Herr Präsident. - Neben den formalen Verfahrensfragen erstaunt auch der Inhalt dieses Gesetzentwurfs: Von 10 Millionen € war öffentlich die Rede, jetzt sind es nur noch bis zu 8 Millionen €, genauer: „verbleibende Mittel“ von bis zu 8 Millionen € sollen überführt werden. Wann denn, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen?
Soll dann etwas überführt werden, wenn am Ende des Jahres feststeht, dass Geld bei PROFI B übergeblieben ist? Wann soll das geschehen? Es ist, wie gesagt, von „verbleibenden Mitteln“ die Rede. Wann Sie tatsächlich in die Landesstraßen investieren wollen, geht aus Ihrem Gesetzentwurf nicht hervor.
Stattdessen schaffen Sie es, das mittlerweile dritte Sondervermögen außerhalb des Landeshaushalts einzurichten. Wir haben den Vorschlag für ein Sondervermögen selbst gemacht. Aber wenn Sie zunehmend dazu übergehen, den Landeshaushalt durch immer weitere Schattenhaushalte auszuhöhlen und die Transparenz des Landeshaushalts immer weiter zu reduzieren, indem Sie immer öfter Mittel aus dem Landeshaushalt auslagern, dann ist das auch unter dem Gesichtspunkt der Grundsätze von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit in keiner Weise akzeptabel.

(Beifall CDU und FDP)