Entwurf zur Neuregelung der Wahl der Mitglieder des Landesrechnungshofs

23.02.2017
Rede

Landtagssitzung am 23. Februar 2017

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Wahl der Mitglieder des Landesrechnungshofs

Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem vorliegenden Gesetzentwurf der PIRATEN geht es vordergründig um die Regularien zur Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein. Tatsächlich geht es dabei aber weniger um die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen als vielmehr um das Demokratieverständnis der PIRATEN selbst.

Aus den Gesetzesbegründungen und den begleitenden Pressemitteilungen von Ihnen, Herr Dr. Breyer, zu diesem Gesetzentwurf spricht ein abgrundtiefes Misstrauen gegenüber der Parteiendemokratie auf Basis unseres Grundgesetzes.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt SPD)

Da ist von herrschender Politik die Rede, von etablierten Parteien, von Postenschieberei, von Parteienproporz sowie von Parteien, die die zu vergebenden Ämter als Beute unter sich aufteilen würden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: AfD!)

Meine Damen und Herren, wer eine derartige Verachtung gegenüber den Parteien als festem Bestandteil unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung empfindet, der muss sich fragen lassen, ob er selbst auf dem Boden unserer Verfassung steht.

(Beifall CDU, FDP, vereinzelt SPD und SSW - Zuruf Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Ich komme darauf am Ende meiner Rede noch einmal zurück. Deklinieren wir aber zunächst den Vorschlag der PIRATEN gedanklich durch: Zunächst soll es eine öffentliche Ausschreibung geben, auf die sich Bewerber für den vakanten Posten melden können. Anschließend sollen alle oder ausgewählte Bewerberinnen und Bewerber in öffentlicher Sitzung angehört werden. Schon an dieser Stelle führt sich der Gesetzentwurf der PIRATEN selbst ad absurdum, denn eine Vorauswahl von Bewerbern für eine öffentliche Anhörung ist nicht ohne Einflussnahme dieser herrschenden Politik möglich, denn wer sonst sollte diese Auswahl vornehmen als die Vertreter der Fraktionen des Landtags.

(Zuruf Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Herr Dr. Breyer, noch deutlicher wird dies, wenn man einen Schritt weitergeht, denn der Ausschuss soll nach Ansicht der PIRATEN im Anschluss an die öffentliche Anhörung einen Vorschlag unterbreiten. Egal ob ein solcher Vorschlag im Ausschuss mit einfacher oder mit Zweidrittelmehrheit entschieden werden soll, das lässt der Entwurf der PIRATEN ja offen, immer wäre dafür eine Einigung zwischen verschiedenen Parteien und Fraktionen erforderlich.

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Das soll auch so bleiben!)

Aber möglicherweise sind die verschiedenen Fraktionen zu ganz unterschiedlichen Einschätzungen bezüglich der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der verschiedenen Kandidaten gelangt. Es würde deshalb genau das passieren, was die PIRATEN doch eigentlich mit ihrem Gesetzentwurf unbedingt vermeiden wollen: Die Parteien würden nämlich in Gespräche eintreten und mit Verhandlungen beginnen, um zu einer mehrheitlichen Ausschussempfehlung zu kommen. Möglicherweise würden sich die Parteien dabei auf einen Kompromissvorschlag verständigen, oder es würde ein Personalpaket geschnürt werden, welches neben dem Landesrechnungshof weitere zu besetzende Ämter umfasst.
An dieser Stelle könnte dann der Herr Abgeordnete Dr. Breyer mit ganzer Inbrunst gegen Postenschiebereien und Parteiproporz loswettern. Es zeigt sich also: Der Gesetzentwurf ist im harmlosesten Fall einfach untauglich, um die von den PIRATEN gesetzten Ziele zu erreichen.
In der Gesetzesbegründung behaupten die PIRATEN aber dennoch, dass durch dieses Verfahren jeglicher Anschein einer parteipolitischen Einflussnahme ausgeschlossen sei. Das würde allerdings nur dann zutreffen, wenn der Ausschuss bei seiner Empfehlung über keinerlei Ermessensspielraum verfügen würde, sondern dass er verpflichtet wäre, den nach sachlich nachvollziehbaren Bewertungskriterien, wie zum Beispiel Abschlussnoten oder Leistungsbeurteilungen, am besten qualifizierten Bewerber vorzuschlagen. Konsequenterweise müsste dieser dann anschließend auch vom Landtag gewählt werden. Dann wären es aber nicht mehr die demokratisch gewählten Volksvertreter, die diesen Vorschlag und die Wahl zu vertreten hätten, sondern es wären vielmehr die früheren Vorgesetzten und Universitätsprofessoren der Bewerber, die mit ihren Noten und Beurteilungen alleine über seine Eignung entscheiden würden.

(Beifall SPD und SSW)

Damit sind wir wieder am Anfang meiner Rede angelangt, nämlich dem Demokratieverständnis der PIRATEN selbst. Wollen wir die Besetzung der höchsten Ämter in unserem Staat, deren Rechte durch die Verfassung besonders geschützt sind, ausschließlich Technokraten überlassen, oder wollen wir diese Entscheidung in die Hände von gewählten Volksvertretern legen, meine Damen und Herren?

(Beifall CDU, FDP und SSW)

Wer hier wie die PIRATEN eine Vorgehensweise torpediert, bei der die Abgeordneten des Landtages nur noch abzusegnen haben, was durch externe Determinanten vorbestimmt ist, der stellt die demokratische Legitimation der zu wählenden Ämter infrage.
Glücklicherweise steht aber in naher Zukunft ein weiteres Stellenbesetzungsverfahren an. Und bei dem ist unstrittig, dass es einer demokratischen Legitimation bedarf, nämlich die Wahl der Abgeordneten dieses Landtages. Auch das ist im demokratischen Sinne eine Bestenauslese par excellence. Ich bin wirklich gespannt, ob die PIRATEN diese Auswahl bestehen und mit ihren Ideen weiterhin diesem Hause angehören werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, FDP, SPD und SSW)