Redeauszug aus der Landtagssitzung vom Freitag, 09. Juli 2010
Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am letzten Freitag war es endlich soweit: Auch die SPD hat ihr sogenanntes Konsolidierungskonzept vorgelegt.
(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])
Monatelang hatte zuvor ein geheimes SPD-Gremium seine Empfehlungen vorbereitet, alle Beratungen erfolgten am Parlament vorbei.
(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Am Thema vorbei! - Zuruf. Sie
waren auch schon mal besser! - Weitere Zurufe)
Und selbst das Datum der Veröffentlichung fiel mit dem 3. Juli später aus als ursprünglich angekündigt. Dass Sie das ärgert, kann ich verstehen.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])
Überaus spannend wäre es jetzt, die Hintergrundpapiere und Risikoanalysen zu kennen, die diesem SPD-Konzept zugrunde liegen.
(Vereinzelter Beifall bei der FDP - Zurufe)
Allerdings wird uns die SPD diese Schriftstücke wohl kaum zur Verfügung stellen,
(Jürgen Weber [SPD]: Jederzeit! - Peter Eichstädt [SPD]: Wir tauschen!)
denn auf jeder zweiten Seite wäre vermutlich zu lesen: Vorschläge ungenügend, Ergebnis mangelhaft, eigene Kürzungsvorschläge- Fehlanzeige!
(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)
In der Risikoanalyse hieße es: Das Konzept beinhaltet die Gefahr eines verfassungswidrigen Haushalts und riskiert damit die von Bund und Bundes-
ländern zugesagten Konsolidierungshilfen.
Jetzt werden Sie natürlich sagen, man könne das Zustandekommen des SPD-Konzepts nicht mit der Arbeit der Haushaltsstrukturkommission vergleichen.
(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU] - Zuruf von der SPD: Das stimmt!)
Damit haben Sie in gewisser Weise auch recht. Der Unterschied besteht nämlich darin, dass CDU und FDP Regierungsverantwortung tragen und wir es
uns deshalb mit unseren Vorschlägen nicht so leicht machen können. Unser Konzept muss belastbar sein.
(Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es muss den Erfordernissen der Verfassung Rechnung tragen.
(Zurufe)
Normalerweise immer gern, angesichts der Lautstärke, die mir die ganze Zeit schon entgegenschallt, würde ich jetzt davon absehen.
(Zurufe)
Damit Sie weiter protestieren können: Der zweite Unterschied besteht im Übrigen darin, dass es laut Presseberichten innerhalb der SPD-Fraktion zwei
Gegenstimmen und drei Enthaltungen gegeben haben soll - sicherlich kein Nachweis einer stabilen
Regierungsaltemative. Auch hier wäre es spannend, die Hintergründe zu kennen. Auch die werden wir sicherlich nie erfahren.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nun richtet sich der heutige Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Tietze,
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)
nicht an die Fraktionen von CDU und FDP, sondern an die Landesregierung.
(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Für derartige Fälle, Frau Kollegin Heinold, regelt Artikel 23 der Landesverfassung umfassend die Auskunftsrechte der Abgeordneten bis hin zur Aktenvorlage durch die Landesregierung.
Mit unserem vorgelegten Änderungsantrag bringen wir deshalb zum Ausdruck, dass dem Parlament die für die Entscheidung der Landesregierung sowie
die für die Empfehlungen der Haushaltsstrukturkommission maßgeblichen Unterlagen unter Wahrung der relevanten Artikel der Landesverfassung
zur Verfügung gestellt werden sollen. Wie heißt es im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? - Sie - also die Abgeordneten - müssen die Risikoabwä-
gungen kennen, wenn sie über den Haushalt beschließen sollen.
Meine Damen und Herren, über den Haushalt beschließen wir im Dezember. Insofern gehe ich davon aus, dass hier kein zeitliches Problem besteht
und dass das auch nicht der Anlass für den heutigen Antrag war.
(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Angesichts von rund einem halben Jahr Beratungszeit, die vor uns liegt, dürfte es unproblematisch sein, die verbleibende kurze Zeitspanne bis zum
Abschluss der Regierungsberatungen abzuwarten.Was den inhaltlichen Aspekt Ihres Antrags anbelangt, so wird diesem mit unserem Antrag Rech-
nung getragen. Im Fall einer Zustimmung stellen wir damit zugleich das in Absatz 2 des Artikels 23 genannte Quomm sicher, sofern sich also die Sorge
von BÜNDNIS 90/DIE GRLJNEN darauf bezogen haben mag, dass es den Grünen für deren Verlangen nach Aktenvorlage an dem erforderlichen Vier-
tel aller Abgeordneten mangeln würde. Das können wir heute beheben. Das können wir mit einer Zustimmung zu unserem Änderungsantrag sicherstellen.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])
Abschließend bleibt zu hoffen, Herr Kollege Stegriet, dass die bereitgestellten Regierungsunterlagen auch zu einem entsprechenden Erkenntnisgewinn
bei der Opposition führen,
(Beifall bei CDU und FDP)
mit dem es Ihnen gelingt, die Lücken in Ihrem Konzept zu schließen. Wir können im Konsolidierungskonzept der SPD an allen Stellen nachlesen,
was Sie ablehnen und was Sie nicht mittragen. Substanzielle Altematiworschläge, um diese Lücken zu schließen, fehlen allerdings vollständig.
Auch die Reformvorschlägen von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sind - so eng beieinander in manchen Punkten unsere Positionen liegen - in der
Summe nicht ausreichend, um mit dem nächsten Doppelhaushalt die Schuldenbremse einzuhalten.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRiJNEN]: Bei Ihnen aber auch nicht! Sie
sagen es nur nicht!)
- Warten Sie auf die Regierungsvorlage, dann werden Sie sehen:
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geduld!)
Die Zahlen gehen auf. Auf die Vervollständigung ihrer eigenen Konzepte sollte die Opposition deshalb mindestens genauso viel Sorgfalt verwenden
wie auf das Studium der vorgelegten Akten. (Beifall bei CDU und FDP - Dr. Christian
von Boetticher [CDU]: In der Opposition muss man Geduld haben!)
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