Berichtsantrag zur HSH Nordbank

13.12.2012

Debattenbeitrag in der Landtagssitzung am 13.12.2012

Tobias Koch [CDU]:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir drei Anmerkungen zum heutigen Bericht zur Lage der HSH Nordbank nach dem dritten Quartal 2012.

Erste Anmerkung. Nach den Halbjahreszahlen haben wir uns darüber Sorgen gemacht, dass die Sicherungswirkung unserer Garantien damals nahezu 2 Milliarden € erreicht hatte und die Ziehungswahrscheinlichkeit auf 41,4 % gestiegen war. Jetzt, drei Monate später, können wir aus den veröffentlichten Zahlen ableiten, dass die Sicherungswirkung unserer Garantien mittlerweile bei über 3 Milliarden € liegt und die Ziehungswahrscheinlichkeit die 50-%-Marke innerhalb dieser drei Monate überschritten hat. Deshalb wäre es meines Erachtens leichtfertig, sich darauf zu verlassen, dass es bei den 1,3 Milliarden € ab 2019 bleibt, die die Bank jetzt prognostiziert hat. Das ist nur eine Prognose der Bank, nicht mehr und nicht weniger. Wir wären, glaube ich, gut beraten, wenn wir uns auf andere Szenarien vorbereiten würden.

Deswegen, Herr Kollege Rother, ist von unserer Forderung nach finanzieller Vorsorge kein Stück zurückzunehmen. Sie werden in den Protokollen nachlesen können, dass diese Forderung auch nicht auf das Haushaltsjahr 2013 begrenzt war. Eine Möglichkeit dazu hätten wir heute Nachmittag gehabt, als wir über die finanziellen Spielräume des Jahresabschlusses 2012 diskutiert haben. Diese Möglichkeit ist nicht genutzt worden. Eine andere Möglichkeit der finanziellen Vorsorge würde darin bestehen, dass man die Kreditobergrenze im Haushalt 2013 nicht bis an den Anschlag ausnutzt. Eine dritte Möglichkeit der finanziellen Vorsorge würde darin bestehen, dass man versucht, das strukturelle Defizit schneller als bis 2020 auf null abzusenken. Auf jeden Fall kann niemand, wenn die Risiken in ein paar Jahren tatsächlich eintreten, sich darauf zurückziehen, dass dies dann eine Naturkatastrophe oder eine außergewöhnliche Notsituation ist, die unabhängig von der Schuldenbremse per Kredit zu finanzieren ist. Wenn man Risiken mit langjährigem Vorlauf erkennt, dann sind wir aufgefordert, uns darauf einzustellen und entsprechende Vorsorge zu treffen.
Zweite Anmerkung. Die HSH Nordbank schreibt rote Zahlen. Im zweiten Quartal waren es 60 Millionen €, im dritten Quartal jetzt 95 Millionen € Verluste aus dem operativen Geschäft, und das trotz - trotz! - der Risikoabschirmung aus unserer Garantie. Da muss man sich fragen: Ist die Bank in den kommenden Jahren tatsächlich in der Lage, die Garantieprovision von jetzt 280 Millionen €, zukünftig dann vielleicht wieder 400 Millionen €, tatsächlich zu verdienen? Trägt das Geschäftsmodell? Ermöglicht es das Geschäftsmodell, diese Überschüsse zu erzielen?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Heute nicht!)

Sie, Frau Ministerin, haben schon 2009 an dem Geschäftsmodell gezweifelt. Dann kamen aber 2011 noch einmal erhebliche Auflagen vonseiten der EU-Kommission hinzu. Wenn man jetzt feststellt, dass auf Basis des jetzigen Geschäftsmodells keine Überschüsse, sondern Verluste erzielt werden, dann sollten wir uns nicht der Hoffnung hingeben, alle unsere Risiken sind dadurch abgedeckt, dass die Bank in den nächsten Jahren schöne hohe Garantieprovisionen zahlt.

Deswegen unsere Empfehlung an Sie: Wenn Sie jetzt sowieso mit der EU-Kommission verhandeln, dann versuchen Sie - so illusorisch es und so gering die Wahrscheinlichkeit vielleicht auch sein mag - Befreiungen von den damaligen EU-Auflagen zu erlangen, die das Geschäftsmodell betreffen. Sie belasten die Bank und schränken die Möglichkeiten der Bank ein. Das mag genauso illusorisch sein wie die Suche nach einem Weißen Ritter. Aber in der Situation, in der wir uns befinden, dürfen wir, glaube ich, keine Möglichkeit ungenutzt lassen. Das wäre unsere Bitte und unsere Empfehlung an Sie für die Gespräche in Brüssel. Dritte Anmerkung. Wer sich bereits heute, wie Herr Dr. Stegner, verbindlich auf eine Aufstockung des Garantierahmens festlegt und sagt, die kommt mit Sicherheit, der muss, glaube ich, schon aufpassen, dass er damit nicht das Sterbeglöckchen für die HSH Nordbank selber läutet. Lassen Sie mich diesen Gedanken noch kurz ausführen, Herr Dr. Stegner, bevor Sie aufstehen.

(Wortmeldung Dr. Ralf Stegner [SPD])

Es ist bereits von den Vorrednern ausgeführt worden. Sie haben bislang die Erwartungshaltung, dass eine Garantieaufstockung mit einem erneuten EUBeihilfeverfahren verbunden sein wird. Ein solches Beihilfeverfahren könnte dann mit der Auflage verbunden sein, wie wir es bei der WestLB erlebt haben, dass die HSH Nordbank anschließend abzuwickeln ist. Deswegen sollten wir sehr, sehr sorgfältig prüfen, ob wir diesen Schritt gehen. Herr Kollege Callsen hat es angesprochen. Wir brauchen eine fundierte Berechungsgrundlage, welche Konsequenzen mit einer solchen Garantieaufstockung verbunden sind. Zum jetzigen Zeitpunkt einen Freifahrtschein auszustellen, ohne zu wissen, welche Konsequenzen damit verbunden sind, Herr Dr. Stegner, damit gefährden Sie die Bank in ihrer Existenz, damit gefährden Sie die Vermögensposition des Landes Schleswig-Holstein, und damit gefährden Sie letztendlich auch die Arbeitsplätze bei der HSH Nordbank.

(Beifall CDU und FDP)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Kollegen Stegner?

Tobias Koch [CDU]:
Das tue ich gern.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:
Herr Stegner, bitte.
Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr geehrter Herr Kollege Koch, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass das, was ich dazu gesagt habe, sich darauf bezog, dass die Maßnahme, die mit der größten Wahrscheinlichkeit - so hat es die Finanzministerin dargelegt - kommen wird, ein Signal aus dem parlamentarischen Raum sein soll, diesen Kurs der Finanzministerin zu unterstützen? Inhaltlich habe ich zu dieser Frage keine andere Auffassung als die, die der Kollege Callsen bezogen auf dieses Thema dargelegt hat. Er hat nämlich in der Abwägung, wenn ich Sie, Kollege Callsen, richtig verstanden habe, den gleichen Schluß gezogen. Insofern sollten Sie nicht aus der Aufmachung der Zeitung, die ein großes Bild verwendet hat, schließen, ich hätte da Freifahrtscheine erteilt oder Ähnliches mehr. Vielmehr habe ich mich positiv geäußert in Richtung dessen, was die Finanzministerin mit großer Seriosität und Professionalität hier vorgetragen hat.

Tobias Koch [CDU]:

- Herr Kollege Dr. Stegner, Ihre Klarstellung nehme ich selbstverständlich heute zur Kenntnis. Ich habe aus der Presse entnommen, dass Sie die Formulierung verwendet haben: „Die kommt mit Sicherheit, die Garantieaufstockung.” Ich meine, es wäre eine Zitat gewesen. Das würde ich für voreilig halten.

Das waren meine drei Anmerkungen. Abschließend. Wenn man sich diese Faktenlage anschaut, dann wären, glaube ich, Landesregierung und Landtagsmehrheit gut beraten, hier über den wirklich exzellenten Informationsfluss hinaus - dafür ein ausdrückliches Dankesschön - sich auch darum zu bemühen, die Zukunftsfragen der HSH Nordbank nicht nur mit Ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit zu lösen, sondern einen möglichst breiten politischen Konsens herzustellen. Meine Erwartungshaltung an unser gemeinsames Gespräch am 8. Januar 2013 geht deshalb über ein Informationsgespräch hinaus. Ich hoffe und würde es mir wünschen, dass es uns gelingt, eine gemeinsame Position zu formulieren, wie wir mit den absehbaren Risiken umgehen, wie wir uns aber auch darauf einstellen, welche Vorsorge wir dafür treffen, dass wir das gemeinsam vereinbaren und dann mit großer Mehrheit in diesem Parlament auch die entsprechenden Entscheidungen treffen. Auch wir reichen Ihnen die Hand. Wir nehmen unsere Verantwortung als Opposition war, anders als es andere Fraktionen in ihrer Oppositionszeit getan haben.

(Beifall CDU und FDP)

Wir sind bereit. Ich hoffe sehr, dass die Regierungsfraktionen das ernst meinen, was sie oft genug gesagt haben, auf die Oppositionsfraktionen zugehen und gute Vorschläge auch von der Opposition übernehmen.
Die Frage der HSH Nordbank ist für uns, für unser Land, existenziell. Wir können es uns deshalb nicht leisten, hier politische Spielchen zu betreiben. Das werden wir nicht tun, das haben wir in der Vergangenheit auch nicht getan, auch im Unterschied zu manch anderen Fraktionen in diesem Hause. Unser Angebot steht. Machen Sie etwas daraus!

(Beifall CDU und FDP)