
Rede in der Landtagssitzung am 10. Oktober 2014
Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie auch mich mit einigen Vorbemerkungen beginnen, bevor ich zu meiner eigentlichen Rede komme. Herr Kubicki, ich bin erstaunt gewesen zu vernehmen, dass der Anlass für den Antrag das Schreiben von Herrn Dr. Marnette gewesen ist. Ich hätte gar nicht erwartet, dass die FDP-Fraktion bei der Analyse der Halbjahreszahlen Nachhilfe von Herrn Dr. Marnette nötig hat. Denn das, was er dort über einen Halbjahresgewinn geschrieben hat, resultiert aus der Auflösung von Rückstellungen für die zu zahlende Zusatzprämie an Hamburg und Schleswig-Holstein im Falle der Garantieinanspruchnahme. Das war aus den Veröffentlichungen durchaus klar und eindeutig zu entnehmen. Ich hätte vermutet, dass die FDP das auch allein hätte analysieren können.
Zweite Vorbemerkung zu den Steuergeschäften der HSH Nordbank mit den Kieler Stadtwerken. Dazu sagte ich gestern bereits in meiner Rede, dass sich da aus meiner Sicht Abgründe auftun, und zwar nicht nur, Frau Ministerin, weil es öffentlichrechtliche Unternehmen gewesen wären; denn das waren zu diesem Zeitpunkt beide nicht. Auch für öffentliche Unternehmen mit öffentlichen Anteilseignern halte ich solche Geschäfte auf keinen Fall für vertretbar.
Lassen Sie mich ausnahmsweise aus meiner eigenen Pressemitteilung vom 10. April dieses Jahres zitieren. Ich beschränke mich auf die Überschrift.
Ich hatte damals in der Überschrift formuliert, dieses Jahr sei das Jahr der Entscheidung für die HSH Nordbank. Gemeint war schon damals die im Herbst dieses Jahres anstehende Prüfung der EZB, nämlich sowohl der Asset Quality Review als auch der anschließende Stresstest. Hinzu kommt noch die ausstehende Entscheidung der EZB zur beantragten Garantieaufstockung. Jetzt steht die Veröffentlichung des AQR und des Stresstests unmittelbar bevor. Spätestens in zwei Wochen dürfte hierüber Klarheit herrschen.
Wenn man nun im Vorfeld dieser wichtigen Entscheidungen mit Bankenvertretern spricht, dann hört man überall ähnliche Aussagen: Man sei gut gerüstet und verfüge über eine ausreichende Kapitalbasis.
Betont wird aber gleichermaßen auch die Unsicherheit mit dem jetzt von der EZB vorgegebenen Verfahren und dessen Ausgang. Wie wird mit Immobilienkrediten umgegangen, für die keine externen, sondern ausschließlich bankinterne Ratings vorliegen, wie es in Deutschland üblich ist? Welches ist der richtige Ansatz bei der Bewertung von Schiffen? Wie wird bei der HSH Nordbank die vorläufig genehmigte Garantieaufstockung berücksichtigt?
Das sind nur einige Beispiele.
Bis in die letzten Tage hinein konnte man zudem verfolgen, wie die genauen Modalitäten des Stresstests zwischen Regierung, Bankenaufsicht und EZB Gegenstand von Verhandlungen gewesen sind. Zum heutigen Zeitpunkt Aussagen zum Ergebnis des EZB Stresstests bei der HSH Nordbank zu machen, wäre deshalb nichts anderes als Kaffeesatzleserei.
Genauso wenig wäre es ohne nähere Kenntnisse über den Ausgang des Stresstests angebracht, darüber zu spekulieren, ob die HSH Nordbank ihn besteht oder nicht. Die CDU-Fraktion wird sich jedenfalls an solchen Spekulationen nicht beteiligen.
(Beifall CDU)
Fakt ist allerdings, dass die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein noch bis Mitte des nächsten Jahres mit Bürgschaften von über 20 Milliarden € für die HSH Nordbank geradestehen. Hinzu kommt dann das Garantievolumen von 7 Milliarden respektive 10 Milliarden €. Der Ausgang des Stresstests ist damit nicht nur für die HSH Nordbank, sondern auch für den Landeshaushalt von herausragender, wenn nicht sogar von existenzentscheidender Bedeutung. Sollte der Fall der Fälle eintreten, dann ist akutes Krisenmanagement gefordert, um diese Bedrohung für den Landeshaushalt abzuwenden. Keine andere Frage ist für die Zukunft Schleswig-Holsteins so entscheidend wie diese. Das bringt mich schon zu der Frage, was die Landesregierung in einer solchen Situation macht. Sie wechselt wenige Wochen vor diesem alles entscheidenden Datum den zuständigen Finanzstaatssekretär aus.
(Lachen Martin Habersaat [SPD])
- Darüber mögen Sie jetzt lachen. Aber wenn man sich den Lebenslauf von Thomas Losse-Müller anschaut, dann wird klar: Er wurde beim Regierungswechsel nach Kiel geholt, um gerade mit seiner beruflichen Erfahrung im Bankenbereich dieses kritische Thema HSH Nordbank abzudecken und der Finanzministerin den Rücken freizuhalten.
(Zuruf Lars Harms [SSW])
Er ist es, der die Landesregierung im Aufsichtsrat vertritt. Er war für die Garantieaufstockung federführend verantwortlich.
(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch albern!)
- Jetzt beruhigen Sie sich doch wieder.
(Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Er hat bis zum Wechsel in die Staatskanzlei auch die jetzt anstehenden Prozesse gemanagt.
Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Habersaat?
Tobias Koch [CDU]:
Eine Zwischenfrage des Bildungspolitikers zum Thema HSH Nordbank lasse ich selbstverständlich gern zu.
Martin Habersaat [SPD]: Vielen Dank, Kollege Koch. - Mich als Bildungspolitiker interessiert, wie Sie den aus meiner Sicht brillanten Schachzug der Regierung beurteilen, die Zahl der Bankenexperten zu verdoppeln.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
- Vielen Dank, Herr Kollege Habersaat. Dann kann ich den weiteren Text meiner Rede jetzt in die Antwort auf Ihre Frage einkleiden. Denn erinnern wir uns einmal an den HSH Untersuchungsausschuss in der letzten Wahlperiode zurück.
(Zuruf Martin Habersaat [SPD])
- Das ist Ihr Pech. Dafür kann ich nichts. Erinnern wir uns aber noch einmal gemeinsam an den HSH-Untersuchungsausschuss in der vergangenen Wahlperiode zurück. Er hat unter anderem das Ergebnis gehabt, dass Mitursache für die Krise der HSH Nordbank der häufige Wechsel in den Vorstandsressorts und die dadurch entstehenden Vakanzen, Mehrfachzuständigkeiten und ungeklärten Kompetenzen gewesen sind. Eine solche Situation schafft die Landesregierung mit ihrer Personalrochade jetzt selber. Der Posten des Finanzstaatssekretärs ist seit zwei Wochen unbesetzt.
(Zuruf des Abgeordneten Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Anschließend haben wir einen Chef der Staatskanzlei, der sich gerade in die neue Aufgabe der Koordination der Regierungspolitik einarbeitet. Wir haben einen neuen Finanzstaatssekretär, der am 20. Oktober 2014 und damit vier Tage vor dem alles entscheidenden Datum seinen Job antritt und der erst einmal dabei ist, sein Büro einzurichten. Diese beiden Staatssekretäre sollen sich dann, wenn am Freitag, den 24. Oktober 2014, das EZB-Stresstestergebnis verkündet wird, miteinander koordinieren.
Sie haben also eine weitere unnötige Schnittstelle
geschaffen.
(Zurufe SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, es mag ja sein, dass Sie diese Regierungsumbildung super, toll und spitze finden. Gleichwohl bleibt festzustellen: Bei der Reise nach Jerusalem im Kabinett blieb erst einmal ein Platz unbesetzt.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Man merkt, dass Sie keine Regierungserfahrung haben! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)
Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass Sie sich die Blöße gegeben hätten, die Nachbesetzung vor dem heutigen Tage nicht zu benennen. Das ändert aber nichts an dem Sachverhalt, den Sie geschaffen haben. Die Konsequenz Ihrer Regierungsumbildung ist, dass wir im Bereich der HSH Nordbank nicht optimal in diese alles entscheidende Phase hineingehen.
Vizepräsident Bernd Heinemann:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage beziehungsweise -bemerkung des Abgeordneten Dr. Klug?
Tobias Koch [CDU]:
Ebenfalls sehr gern.
Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Herr Kollege Koch, könnten Sie die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion daran erinnern, dass der Ministerpräsident Torsten Albig einmal Pressesprecher der Dresdner Bank gewesen ist und dass die Landesregierung insofern eine Verdreifachung ihrer Bankenkompetenz aufweisen kann?
(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
- Herr Kollege Dr. Klug, ich habe die Zurufe von der Seite der Regierungsfraktionen so verstanden, dass die Kollegen aus den Regierungsfraktionen, wenn von einer Verdoppelung der Bankexperten gesprochen wurde, Herrn Albig nicht als Bankexperten ansehen und deshalb keine Verdreifachung gesehen haben.
(Zurufe SPD)
Frau Finanzministerin, lassen Sie mich Ihnen gleichwohl ausdrücklich zu der Wahl Ihres neuen Staatssekretärs gratulieren. Dass es Ihnen gelungen ist, einen grünen Staatssekretär mit Bankexpertise zu finden, ist positiv. Man staunt ja, wie viele grüne Banker es dann doch gibt.
(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit dem neuen Staatssekretär an Ihrer Seite. Das ändert nichts an der von mir gerade beschriebenen Situation. Jetzt müssen Sie sich noch einmal anhören, was die Finanzministerin dazu im Ausschuss gesagt hat. Sie hat gesagt, es sei ihr nicht leichtgefallen, ihren Finanzstaatssekretär abzugeben. Aber sie habe aufgrund übergeordneter Überlegungen schließlich zugestimmt. Mit anderen Worten, es waren parteipolitische Gründe, noch deutlicher: Es war der Machterhalt der rot-grünblauen Koalition, der bei dieser Personalie über die Sacharbeit und über die Interessen des Landes Schleswig-Holstein gestellt wurde.
(Vereinzelter Beifall CDU - Martin Habersaat [SPD]: Aus Gründen der Staatsraison!)
Vizepräsident Bernd Heinemann: Herr Abgeordneter Koch, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Dr. Stegner?
Tobias Koch [CDU]:
Auch das immer gern.
Dr. Ralf Stegner [SPD]: Lieber Herr Kollege Koch, ich hätte nicht gedacht, dass dieser Morgen für uns so erkenntnisreich sein würde.
Ich bin wirklich begeistert. Vor allen Dingen habe ich jetzt gelernt - das wusste ich noch gar nicht, Herr Kollege Günther -, was für Sie übergeordnete Gründe sind. Für einen Unionspolitiker sind übergeordnete Gründe parteipolitische Gründe. Das haben wir jetzt gelernt. Für uns ist das anders, lieber Kollege.
Aber es ist nett, dass Sie uns das enthüllt haben. Ich bedauere die CDU-Fraktion ein bisschen, dass sie ganz allein auf Sie angewiesen ist in ihrer Expertise. Aber es kann ja noch etwas werden.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
- Herr Kollege Dr. Stegner, Ihr Hohn und Spott ist an dieser Stelle fehl am Platz.
(Beifall CDU - Lachen SPD)
Wir sprechen hier wahrlich über keine Kleinigkeiten.
(Beate Raudies [SPD]: Dann reden Sie einmal für die HSH Nordbank! - Martin Habersaat
[SPD]: Dann fangen Sie nicht auf so einem
Niveau an! - Weitere Zurufe)
In wenigen Tagen stehen wir vor der 30-Milliarden-€-Frage. Da kann man doch wohl erwarten, dass eine Landesregierung dieser Frage oberste Priorität beimisst und alles dafür tut, um mit bestmöglicher personeller Aufstellung in die entscheidende Runde hineinzugehen.
(Beifall CDU)
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