Rede in der Landtagssitzung am 16.07.2015
Tobias Koch [CDU]:Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass die HSH Nordbank für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zu einem Milliardenverlust wird. In dieser Situation gibt die Landesregierung nun grünes Licht dafür, dass der neue Risikovorstand neben dem Jahresgehalt von 500.000 € zumindest laut Medienberichten einen einmaligen Bonus,eine Antrittsprämie im mittleren sechsstelligen Bereich, erhält. Da kann man sich wirklich nur wundern, wie schnell hier von der Koalition moralische Grundsätze über Bord geworfen werden. Herr Kollege Kubicki, eine Antrittsprämie hat auch relativ wenig mit einer erfolgsabhängigen Vergütung zu tun.
Aber der Reihe nach: Der Jahresüberschuss 2014 war kein echter Gewinn, sondern geht allein aufden Forderungsverzicht der Länder bei der Zusatzprämie zurück. Im ersten Quartal 2015 lag die Bankzwar im Plus. Das war aber auch in den Jahren2011, 2012 und 2013 der Fall. Am Ende dieser Jahre stand trotzdem ein Verlust, so dass man feststellen muss, das erste Quartal ist in keiner Weise aussagekräftig.Die bilanzielle Auslastung der Garantie hat sich aber mittlerweile von 4 Milliarden €per Ende 2013 auf 5 Milliarden € per Ende 2014 auf mittlerweile 5,7 Milliarden € am Ende des ersten Quartals 2015 erhöht. Das ist ein Anstieg von 700 Millionen € allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres.
Den gleichen Aufwärtstrend erleben wir bei der prognostizierten Inanspruchnahme der Garantie.Ging die Bank im Jahre 2013 noch von 1,3 Milliarden€ aus, lag die Einschätzung im letzten Jahr schon bei 1,6 Milliarden €, und sie hat sich zum Ende dieses Jahres auf 2,1 Milliarden € erhöht. Damit steht nun ausweislich des Berichts der Landesregierung zum ersten Mal fest, dass die Rechnung am Ende nicht mehr aufgeht. Nach Abwicklung der Garantien fehlt dem HSH Finanzfonds ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag. Diese Lücke muss dann von den Ländern Hamburg und Schleswig Holstein und damit von den Steuerzahlern ausgeglichen werden. Dieser Betrag kann sich in den nächsten Jahren sogar weiter erhöhen, nämlich dann,wenn die Prognosen der Bank nicht zutreffen, was Wertaufholung und Wechselkursentwicklung anbelangt.
In dem Bericht der Landesregierung ist darüber hinaus von weiteren stabilisierenden Maßnahmen die Rede. Die Ministerin sprach es gerade an. Mit der Anpassung der Garantiestruktur zur Stärkung der Profitabilität der Bank wird dabei der Wunsch nach einer Absenkung der Garantieprovision umschrieben.Eine Halbierung der Garantieprovision hätte aber beispielsweise zur Folge, dass dem HSH Finanzfonds jährlich Einnahmen von 200 Millionen€ entgehen. Auf der Zeitschiene bis 2025 würde sich damit die Eigenkapitallücke von einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag auf über 2 Milliarden € vergrößern. Auch hierfür müssten dann die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein und damit die Steuerzahler aufkommen.
Als zweite Maßnahme wird dann noch der Abbau von Risikopositionen genannt oder - wie es in den Medien heißt - das Auslagern von Altlasten in eine Bad Bank oder eine Zweckgesellschaft. Selbigesfordert anscheinend auch die EZB, wie gesterndiesbezüglichen Medienberichten zu entnehmenwar. Das ist so lange relativ unproblematisch, wieder Marktwert der abzuspaltenden Kredite demBuchwert in der Bilanz der HSH entspricht. Ist dieses aber nicht der Fall, so führt eine Veräußerung oder eine Abspaltung, die ja nur zum Marktwert erfolgen kann, automatisch zu weiteren Verlusten für die HSH Nordbank. Für diese Verluste müssten dann wiederum die Länder und damit der Steuerzahler aufkommen. Je nach Höhe der Verluste wird der Garantiefall nicht erst im Jahr 2019 eintreten,sondern unter Umständen unmittelbar nach Auslagerung der Altlasten. Der HSH Finanzfonds wäre nämlich bei Überschreiten der von der Bank zu tragenden Erstverlusttranche sofort zahlungspflichtig.Damit aber nicht genug. Neben dem 10-Milliarden-€-Risiko aus der Garantie würden die Länder zukünftig zusätzlich das Risiko von Wertverlusten bis hin zu einem Totalverlust bei der Bad Bank tragen,nämlich dann, wenn sich für die übernommenen Schiffe am Ende nicht der kalkulierte Marktpreis,sondern vielleicht nur noch der Schrottpreis erzielen lässt. Je nach Umfang der Auslagerung in eine Bad Bank könnten somit zu dem 10-Milliarden-€-Risiko aus der Garantie weitere Milliardenrisiken hinzukommen.
Meine Damen und Herren, wenn wir also der Tatsache ins Auge sehen müssen, dass am Ende der Steuerzahler für Milliardenverluste der HSH Nordbank aufkommen muss, dann ist die seit Langem erhobene Forderung der CDU-Fraktion nach finanzieller Vorsorge dringender denn je. Bei einer Inanspruchnahmeaus der Garantie in Milliardenhöhe istes natürlich unrealistisch, dass dieses aus dem Landeshaushaltdirekt beglichen wird. Aber zumindest muss man in der Lage sein, die daraus resultierenden zusätzlichen Zinslasten zu tragen, ohne dass dadurch die Vorgaben der Schuldenbremse gerissen werden.Mit einer Ausgabenpolitik, wie sie die Koalition betreibt, nämlich alle Spielräume auszuschöpfen,ohne auch nur an irgendeiner Stelle für Einsparungen zu sorgen, wird dieses nicht gelingen. In dieser bedrohlichen Situation, bei der wir unter Umständen in kürzester Zeit schwerwiegende Beschlüsse im Landtag zu fassen haben, müssen wir jetzt miterleben,wie sich die Landesregierung über die Beschlüsse des Landtages zur Begrenzung der Vorstandsgehälter hinwegsetzt.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN]: Das stimmt ja nicht, was Sie sagen!)
Meine Damen und Herren von SPD, Grünen und SSW, dafür mag es gute Gründe geben; das ist richtig.Es war nicht zuletzt die CDU-Fraktion, die beiEinführung des Gehaltsdeckels vor genau diesenFolgen bei der Suche nach qualifiziertem Personalgewarnt hat. Wenn Sie jetzt genau diese Erfahrungmachen, dann müssen Sie aber auch politisch dazustehen und dafür die Verantwortung übernehmen,indem Sie eine veränderte Beschlussfassung hier imLandtag herbeiführen. Alles andere wäre eine politischeDoppelmoral, bei der öffentlich das Gegenteilvon dem verkündet wird, was dann im stillenKämmerlein beschlossen wird.
(Beifall CDU - Rasmus Andresen [BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN]: Die Hälfte Ihrer Redeist nicht wahr!)
Vizepräsident Bernd Heinemann:Herr Abgeordneter, schauen Sie einmal auf die Uhr.
Tobias Koch [CDU]:Herr Präsident, ich hatte in Erinnerung, dass dieMinisterin 7 Minuten gesprochen hat, und dachte,uns würde die gleiche Zeit zustehen.
Vizepräsident Bernd Heinemann:Sie hat nicht ganz 7 Minuten gesprochen, und ich wollte nur darum bitten, dass Sie einmal zur Uhr schauen.
Tobias Koch [CDU]:Vielen Dank, Herr Präsident; das habe ich getan.Ich komme auch zum Ende.Frau Ministerin, einfach zu behaupten, das Transparenzgesetz zur Veröffentlichung von Vorstandsgehältern würde für die HSH Nordbank nicht greifen, ist schon aberwitzig. Das Gesetz gilt für Minderheitsbeteiligungen von mehr als 25 %,und genau das ist bei der HSH Nordbank der Fall.Sie haben das Transparenzgesetz damit begründet,dass die Bürgerinnen und Bürger einen berechtigten Anspruch darauf hätten, die Vergütung von Vorständen öffentlicher Unternehmen zu erfahren, weil die öffentliche Hand mit Mitteln der Allgemeinheit die Existenz dieser Unternehmen sichern würde. Im Unterschied zu Stadtwerken und Sparkassen ist genau das jetzt bei der HSH Nordbank der Fall. Hier werden die Steuerzahler in absehbarer Zeit zur Kasse gebeten. Ich erwarte deshalb, dass Sie der Hinwirkungspflicht Ihres eigenen Gesetzes nachkommen.Wenn das nicht zum Erfolg führen sollte,dann müssen Sie dem Parlament und der Öffentlichkeit auch erklären, warum das am rot-grünen Senat in Hamburg gescheitert ist. Auch in Hamburg gibt es ein Transparenzgesetz, und beide Länder haben in der Eigentümerversammlung zusammen eine Mehrheit von 85 % der Stimmen. Es müsste also möglich sein, eine solche Veröffentlichung der Vorstandgehälter durchzusetzen. - HerzlichenDank.
(Beifall CDU)
Empfehlen Sie uns!