
Rede und Debattenbeitrag in den Landtagssitzungen am 20. und 21. Februar 2013
Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern Mittag erreichte uns alle die Meldung aus der Vorabberichterstattung des Wirtschaftsmagazins „Capital“ zu den Bedingungen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zu weiteren Stützungsmaßnahmen bei den schleswig-holsteinischen Sparkassen. Es ist gerade einmal drei Wochen her, dass die Regierungsmehrheit in diesem Haus das Sparkassengesetz geändert, die Beteiligungsmöglichkeit der Hamburger Sparkasse gestrichen und damit unseren Sparkassen die einzige externe Möglichkeit zur Kapitalaufstockung genommen hat. Jetzt werden die möglichen Konsequenzen sichtbar.
Besorgniserregend ist dabei nicht nur die in dem Artikel genannte Summe für mögliche Stützungsmaßnahmen von bis zu 500 Millionen €, sondern darüber hinaus die Tatsache, dass die Forderungen des DSGV eine neue Dimension erreichen. Erstmals richten sie sich nicht allein gegen einzelne
Stützungsmaßnahmen von Sparkassen, sondern sie würden den Schleswig-Holsteinischen Sparkassen-und Giroverband in seiner Gesamtheit treffen und damit die Eigenständigkeit unserer Sparkassen infrage stellen.
Darüber hinaus ist das Land Schleswig-Holstein durch die Forderung, den Sparkassen die Anteile der HSH Nordbank abzunehmen, direkt betroffen.
(Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD]) - Frau Kollegin, die Dringlichkeit begründe ich gerade. (Weitere Zurufe SPD)
- Liebe Kolleginnen und Kollegen, lesen Sie unsere Geschäftsordnung. Der Kollege Rasmus Andresen hat gestern in seiner Pressemitteilung davon gesprochen, dass dies gravierende Folgen für unser Land hätte. Der Kollege Stegner hat mitgeteilt, dass eine Übernahme der HSH-Anteile nicht zu leisten
sei. Insofern stellt sich die Frage: Was passiert und
welche Konsequenzen hat es, wenn eine Stützung
durch den DSGV nicht zustande kommt, weil die Bedingungen nicht akzeptabel sind? - Genau mit diesen Fragen sollte sich der Landtag unverzüglich beschäftigen. Genau dazu sollte die Landesregierung das Parlament schnellstmöglich informieren und dabei Position beziehen und deutlich machen, ob sie die gleichen Positionen vertritt wie es die gestrigen Äußerungen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen verlauten ließen.
Deshalb ist unser Dringlichkeitsantrag notwendig und erforderlich. Er ist genauso notwendig und erforderlich, wie es vor wenigen Wochen der Dringlichkeitsantrag zum drohenden Verkauf der Provinzial- Versicherung gewesen ist. Unser Dringlichkeitsantrag ist genauso notwendig und erforderlich, wie es in der letzten Wahlperiode der Dringlichkeitsantrag der SPD zu den Arbeitsplätzen bei der HSH Nordbank als Konsequenz aus den EU-Auflagen gewesen ist.
(Zurufe SPD)
- Die Dringlichkeit ergibt sich formal aus den gestern bekannt gewordenen Meldungen.
(Zurufe SPD: Ah!)
Sie ergibt sich inhaltlich aus den schwerwiegenden Folgen für unsere Sparkassen, für ihre Finanzierungsfunktion für den schleswig-holsteinischen Mittelstand und damit für das gesamte Land. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag. - Herzlichen Dank.
Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutigen Ausführungen der Landesregierung machen deutlich, wie fahrlässig es im Januar war, die Änderung des Sparkassengesetzes ohne weitere Beratung in diesem Schnellverfahren durch den Landtag zu peitschen.
(Widerspruch SPD)
Die einzige Möglichkeit für eine externe Kapitalbeschaffung wurde gestrichen, ohne dass Sie bis heute die Alternativen und deren Konsequenzen für unsere Sparkassen beurteilen können.
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Ist das die Rede vom letzten Monat?)
In der Diskussion wurde damals immer wieder darauf verwiesen, dass auch bei einer Streichung der Beteiligungsmöglichkeit der Hamburger Sparkasse die Sparkassen selber mit ihren Stützungseinrichtungen über genügend Mittel und Wege verfügten, um ihre Kapitalprobleme im Rahmen des Verbundes zu lösen.
Die Presseberichterstattung in dieser Woche führt uns allen vor Augen, dass die Hilfen des DSGV und damit der bundesweiten Sparkassenfamilie nicht bedingungslos erfolgen werden. Die jetzt in der Presse lancierten Folterinstrumente mögen dabei erst einmal nur ein Testballon sein, um die Daumenschrauben im Verhandlungspoker mit dem Schleswig-Holsteinischen Sparkassenverband anzuziehen. Insgesamt verfestigt sich aber doch der Eindruck, dass der DSGV wild entschlossen ist, beim Sorgenkind Schleswig-Holstein endgültig durchzugreifen und dieses Problem ein für alle Mal zu beseitigen. Es zeichnet sich damit ab, dass die gestellten Bedingungen dieses Mal nicht nur die jeweiligen Stützungssparkassen, sondern den Schleswig- Holsteinischen Sparkassen- und Giroverband in seiner Gesamtheit betreffen werden und damit jede einzelne Sparkasse im Land.
Welche Bedingungen letztlich auch immer gestellt werden, klar ist: Sie dürften gravierend sein. Die mögliche Vorgabe umfangreicher Abschreibungen auf Beteiligungen war jetzt Gegenstand der Presseberichterstattung.
Aufgeworfen wurde auch bereits die Frage nach der Struktur der bislang 14 Sparkassen in Schleswig-Holstein. Denkbar wären Vorgaben zur Einschränkung der zukünftigen Geschäftspolitik im Stützungsland Schleswig-Holstein. Letztlich stellt sich auch die Frage nach der Eigenständigkeit des Schleswig-Holsteinischen Sparkassenverbands, wenn dieser nur noch am Tropf des DSGV hängt.
Allesamt Konsequenzen mit gravierenden Folgen für die Sparkassen in Schleswig-Holstein, für ihre Finanzierungsfunktion des Mittelstands und damit für das gesamte Land. Egal welche Bedingungen der DSGV als Gegenleistung für sein millionenschweres Notfallopfer stellt, Fakt ist: Mit der Änderung des Sparkassengesetzes und der gestrichenen Beteiligungsmöglichkeit der Haspa haben unsere Sparkassen jetzt keine andere Alternative mehr, Herr Dr. Stegner. Sie sind damit dem Diktat des DSGV ausgeliefert.
(Beifall CDU und PIRATEN)
Mit Ihrem vorschnellen Handeln haben Sie die Position der schleswig-holsteinischen Sparkassen gegenüber dem DSGV ganz erheblich geschwächt.
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Mit deren Zustimmung!)
Das Mindeste wäre es doch gewesen, diese beiden Elemente im Paket mit dem DSGV zu verhandeln. Wenn die Regierungsfraktionen clever gewesen wären, eine kluge Politik betrieben hätten
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wie Sie! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das werden wir schon sehen, Herr Stegner!)
und nicht einfach dem stegnerschen Aktionismus hinterhergelaufen wären, dann hätten Sie doch die Streichung der Haspa-Beteiligung zumindest als Faustpfand in den Verhandlungen einsetzen können, um im Gegenzug akzeptable Bedingungen für unsere Sparkassen bei den Stützungsmaßnahmen auszuhandeln. Herr Dr. Stegner, vielleicht hätten Sie erst einmal nachdenken sollen, was Sie mit Ihrer vorschnellen Gesetzesänderung bewirken, bevor Sie diese auf den Weg bringen.
(Beifall CDU - Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Alles, was Ihnen jetzt noch bleibt - Dr. Stegner natürlich vorneweg -, ist, lauthals zu tönen, dass die in der Presse genannten Bedingungen unrealistisch seien und dass diese als Notausgang überhaupt nicht infrage kämen.
Könnten es sich unsere Sparkassen am Ende tatsächlich leisten, diese Bedingungen und damit das dringend benötigte Stützungskapital abzulehnen?
Die Antwort lautet: nein. Könnte stattdessen das Land einspringen und unseren Sparkassen finanziell unter die Arme greifen? Die Antwort lautet ebenfalls: nein.
Meine Damen und Herren, deswegen reicht es nicht, wenn die Landesregierung und erst recht die Regierungsfraktionen immer nur sagen, was alles nicht geht. Sie sind jetzt aufgefordert, Lösungen zu entwickeln, um unseren Sparkassen einen Ausweg aus ihrer misslichen Lage aufzuzeigen, in die Sie sie selbst hineingebracht haben. Das ist Ihr Job und Ihre Verantwortung als Landesregierung. Nur die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, bedeutet noch kein zusätzliches, frisches Kapital; das muss von außen kommen.
Mit Ihrer alleinigen Streichung der Haspa-Beteiligung haben Sie Ihre Aufgaben noch nicht geleistet. Wir warten jetzt einmal, was da von Ihnen in den nächsten Monaten kommt. Das zusätzliche Kapital brauchen unsere Sparkassen dringend. Ich bin gespannt, woher Herr Dr. Stegner dies jetzt nehmen wird. - Herzlichen Dank.
(Beifall CDU)
Vizepräsident Bernd Heinemann: Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Tobias Koch das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag.
Tobias Koch [CDU]:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heimliche Ministerpräsident unseres Landes hat mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband gesprochen. Er hat von Herrn Fahrenschon die Zusage bekommen: Das regeln wir im Verband. Von Bedingungen ist Herrn Dr. Stegner nichts bekannt. Er geht auch davon aus: Bedingungen gehören nicht zum Geschäftsgebaren der öffentlich-rechtlichen Sparkassen.
Pech ist nur, dass es beim Stützungsfall der Nord-Ostsee-Sparkasse bereits genau solche Bedingungen gegeben hat. Damals war die Auflage und Bedingung des DSGV, dass die Stadt Flensburg als Träger zunächst einmal ihr Kapital in zweistelliger Millionenhöhe wieder einbringt. Zu glauben, dass die bundesweiten Sparkassen einen dreistelligen Millionenbetrag nach Schleswig-Holstein überweisen, ohne dafür eine einzige Bedingung oder Auflage zu stellen; wie blauäugig und naiv kann man nur sein!
All das hätten wir erst einmal im Rahmen von normalen Gesetzesberatungen erörtern müssen. Dafür reicht es nicht, am Rande von Anne Will ein kurzes Gespräch mit Georg Fahrenschon zu führen.
(Martin Habersaat [SPD]: Was geht Sie der Rand von Anne Will an? - Heiterkeit SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bei Herrn Dr. Stegner war offensichtlich die Angst vor der großen Privatisierungschimäre so groß, dass der Blick vernebelt war. Daher kommt wohl der Name Küstennebelkoalition.
(Zurufe SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
Er hätte stattdessen sorgfältig die Konsequenzen abwägen müssen. Statt ein normales Gesetzgebungsverfahren durchlaufen zu lassen, galt Ihnen Schnelligkeit vor Sorgfalt. Das schadet unserem Land. Das müssen die Sparkassen jetzt ausbügeln, weil Ihnen keine Alternativen bleiben. Niemand in diesem Haus hat gesagt, dass die Hamburger Sparkasse die einzig seligmachende Alternative gewesen wäre. Wir haben bereits im Dezember eine Gesetzesänderung eingebracht, die das beinhaltet, was der Minister vorhin hier präsentiert hat, nämlich eine Beteiligungsmöglichkeit des Verbandes selbst. Alternativen zu streichen, ohne die Konsequenzen der anderen Alternativen zu kennen, war fahrlässig, und das haben Sie zu verantworten.
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