Ankauf von Schiffskrediten durch die hsh portfoliomanagement AöR

20.07.2016
Rede

 Landtagssitzung 20. Juli 2016

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit ihrem heutigen Bericht hat die Finanzministerin die Daten vorgelegt, die dem Beteiligungsausschuss seit der letzten Woche in vertraulicher Fassung im Tresorverfahren zur Einsichtnahme zur Verfügung standen. Das ist gut so, dass Sie es heute öffentlich gemacht haben. Nun habe ich mich, ehrlich gesagt, schon letzte Woche gefragt, was an diesen Daten nun so sensibel und so schutzwürdig sein soll, dass sie nicht veröffentlicht werden können. Gut, dass das heute geschehen ist.
Weit darüber hinausgehende, detailliertere Angaben der Wirtschaftsprüfer, wie Sie es gerade zitierten, Frau Ministerin, hat auch der Beteiligungsausschuss bisher nicht vorliegen. Im Grunde sind das die Daten, die Sie heute veröffentlicht haben.
Aber auch die heutige Veröffentlichung, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und SSW, ändert nichts daran, dass Sie im letzten Jahr im Dezember der Übernahme der faulen Schiffskredite zugestimmt haben, ohne dass Sie wussten, was Sie damit eigentlich kaufen. Gleichwohl haben Sie grünes Licht für einen Kaufpreis in Milliardenhöhe gegeben. Als Begründung für die fehlenden Informationen hieß es damals im Dezember, es müsse zunächst einmal das Portfolio definiert werden. Als das dann im Frühjahr dieses Jahres geschehen war, hieß es als Begründung für die fehlenden Informationen, dass wir die erst bekommen könnten, wenn uns die Schiffskredite auch wirklich gehören würden, also erst nach dem Kauf der Papiere. Und jetzt, wo sie uns gehören, heißt es: Jetzt gibt es aber die schutzwürdigen Interessen der Kreditnehmer, und das Bankgeheimnis ist höher anzusiedeln als die Informationsrechte des Parlaments.
Mit anderen Worten: Wer die Kreditnehmer sind, welche Schiffe wir tatsächlich erworben haben, ob diese Schiffe einen gültigen Chartervertrag haben oder erwerbslos vor Anker liegen - all diese Informationen bleiben uns auch weiterhin vorenthalten.
Das heißt mit anderen Worten: Wir werden nie genau erfahren, was wir da eigentlich wirklich gekauft haben. Nur eines wissen wir ganz genau, und das ist der Kaufpreis: rund 2,4 Milliarden €. Wir können den sogar auf die letzte Nachkommastelle beziffern. Die ländereigene Abwicklungsanstalt hat gleich einmal Finanzierungskredite über 2,8 Milliarden oder 2,9 Milliarden € aufgenommen, wie man lesen konnte. - Auf ein paar 100 Millionen € kommt es dabei offensichtlich auch nicht mehr an.
2,4 Milliarden € Kaufpreis für notleidende Schiffskredite - trotz aller Gutachten ein wirklich stolzer Kaufpreis, bei dem bezweifelt werden kann, ob der Steuerzahler dieses Geld jemals wiedersehen wird.
Ich zitiere aus der „Welt“ vom 24. Mai dieses Jahres. Dort heißt es in der Überschrift „Fast neue Frachter landen in der Schrottpresse“. In diesem Artikel werden konkrete Beispiele zitiert, die zeigen, dass derzeit mittelgroße Containerschiffe aus Baujahren vom Beginn des letzten Jahrzehnts in die Verschrottung gehen, obwohl sie laut Gutachten einen mittleren zweistelligen Millionenwert aufweisen.
Genau solche Schiffe haben wir jetzt zu Dutzenden erworben. Und warum das Ganze? - Um der HSH Nordbank eine letzte Galgenfrist zu erkaufen, bis sie dann in anderthalb Jahren entweder verkauft oder endgültig abgewickelt wird. Die Übernahme der Schiffskredite war somit der Preis, den die Landesregierung gezahlt hat, um diese Fristverlängerung zu erreichen. Es würde sich dabei um die schonendste Lösung für das Landesvermögen handeln so die Behauptung der Landesregierung im letzten Dezember. Dem lag die Annahme zugrunde, dass die Bewertung der Gutachter zutrifft und aus dem Kaufpreis von 2,4 Milliarden € keine weiteren Verluste resultieren. Ob sich diese Annahme bewahrheitet, wird sich leider erst in einigen Jahren erweisen.
Die zweite entscheidende Annahme der Landesregierung ist dagegen bereits heute widerlegt. Trotz der Wiederaufstockung der Garantie von 7 auf 10 Milliarden € lag allen Berechnungen der Landesregierung im letzten Herbst die Annahme zugrunde, dass die Länder mit maximal 7 Milliarden € aus dieser Garantie in Anspruch genommen würden. Darauf fußte die gesamte Berechnung der Landesregierung, und die war angeblich auch von den Beratern doppelt und dreifach gestresst.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Laut KPMG!)

Seit Juni dieses Jahres - die letzten Berechnungen liegen gerade ein halbes Jahr zurück - wissen wir aus dem Geschäftsbericht der HSH Nordbank, dass die Bank mittlerweile selbst von 7,5 Milliarden € Inanspruchnahme der Garantie ausgeht, also 500 Millionen € mehr, als die Landesregierung noch im letzten Dezember im schlimmsten Fall unterstellt hat. Und auch diese Zahl muss nicht die letzte sein, sondern mittlerweile stehen selbst die vollen 10 Milliarden € als Inanspruchnahme der Garantie im Raum - je nachdem, wie sich Schifffahrtsmärkte und Wechselkurse weiterentwickeln.
Meine Damen und Herren, wenn sich die beiden Annahmen der Landesregierung als falsch erweisen sollten, die übernommenen faulen Schiffskredite am Ende also nur noch Schrottwert haben und die Garantie nicht mit 7, sondern mit 10 Milliarden € in Anspruch genommen wird, dann wird die Abwicklung der HSH Nordbank im Jahr 2018 teurer für den Steuerzahler werden, als dies im vergangenen Jahr oder in diesem Frühjahr der Fall gewesen wäre.

(Beate Raudies [SPD]: Was ist die Alternative?)

- Statt im letzten Dezember, Frau Kollegin, einen Blankoscheck des Landtags auszustellen, wäre es deshalb richtiger gewesen, die Vorlage der Bewertungsgutachten im April abzuwarten und erst dann über die Annahme der EU-Vereinbarung zu entscheiden - so wie es die CDU-Fraktion damals vorgeschlagen hat.

(Beate Raudies [SPD]: Das tun Sie doch die ganze Zeit!)

- Sie haben ja noch nicht einmal abgewartet, dass diese Gutachten vorliegen, um sich ein eigenes Bild davon machen zu können und zu einer eigenen Einschätzung zu gelangen. Die Landesregierung hat uns dazu im Dezember 2015 gesagt, es würde zeitlich nicht gehen, das bis April 2016 zu verschieben. Stattdessen mussten wir dann erleben, dass diese Landesregierung im März 2016 auf Basis der dann vorliegenden Gutachten mit der EU-Kommission weitere Verhandlungen geführt hat. Es wurde sogar die Zusammensetzung des Schiffsportfolios verändert,

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Treiben Sie es nicht auf die Spitze, Herr Koch!)

nur damit es für die HSH Nordbank auch passt. Nicht zuletzt war es auch möglich, die Bilanzpressekonferenz der HSH Nordbank von April auf Juni 2016 zu verschieben. Nur der Landtag musste bereits im Dezember 2016 zustimmen, ohne auch nur ansatzweise über die relevanten Informationen zu verfügen, die für eine Entscheidung dieser Tragweite erforderlich gewesen wären. Deswegen sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Das Drama um die HSH Nordbank ist damit um ein weiteres Kapitel reicher.
Die fahrlässige und voreilige Entscheidung des Landtags im letzten Dezember kann die Steuerzahler am Ende mehrere Milliarden Euro zusätzlich kosten, mehr als es bei einer Abwicklung im letzten Jahr oder in diesem Frühjahr der Fall gewesen wäre. Die Verantwortung dafür trägt diese Landesregierung. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)