
Rede in der Landtagssitzung vom 25. Mai 2011
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Steuerschätzer haben uns in ihrer Mai-Steuerschätzung für die Jahre 2011 und 2012 400 Millionen € mehr Steuereinnahmen vorhergesagt, als sie selbst noch im November geschätzt haben. Das ist eine aktuelle Meldung, die aber keine aktuellen Auswirkungen auf unseren Haushalt hat. Insofern habe ich mich gefragt, was für die SPD Anlass war, hier eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Ich muss zugeben: Auch nach dem Debattenbeitrag des Kollegen Stegner bin ich da nicht wirklich schlauer geworden.
(Beifall bei CDU und FDP)
Das war ja noch nicht mal eine aktuelle Rede. Die Rede haben Sie hier schon einmal gehalten. Das ist doch Ihre Haushaltsrede aus dem letzten Jahr.
(Beifall bei CDU und FDP)
Der Unterschied ist, dass wir die Schuldenbremse verstehen, die wir gemeinsam beschlossen haben, Herr Kollege Stegner. Damit haben wir unsere Haushaltskonsolidierung von den konjunkturellen Schwankungen abgekoppelt. Im Mittelpunkt steht unser strukturelles Defizit, losgelöst von konjunkturellen Steuereinnahmen. Wir machen nicht die Fehler, die frühere Landesregierungen, die frühere Finanzminister gemacht haben, die sich immer reich gerechnet und gefreut haben, wenn in guter Konjunkturphase die Steuereinnahmen stiegen, und dann ganz große Augen gemacht haben, wenn es wirtschaftlich wieder nach unten ging,
die Steuereinnahmen wegbrachen, auf einmal die Löcher wieder da waren und nichts, aber auch gar nichts, getan worden ist, um diese Löcher im Vorfeld zu stopfen. Man muss sich schon fragen, was der Kollege Scholz in Hamburg, der jetzt seine Wahlversprechen aus diesen sprudelnden Steuereinnahmen bezahlt, 2017 oder 2020 macht, wenn es wirtschaftlich wieder anders aussieht. Dann muss auch er die Schuldenbremse einhalten.
(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)
Was macht Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen? - Sie schafft es selbst jetzt - bei sprudelnden Steuereinnahmen - noch nicht mal, einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen. Wie will sie denn 2020 die Schuldenbremse einhalten?
(Beifall bei CDU und FDP)
Für unseren Landeshaushalt gibt es nur eine Konsequenz - das hat der Finanzminister bei der Vorlage der regionalen Steuerschätzung deutlich formuliert â: Mit den unerwarteten Einnahmen werden wir die Neuverschuldung weiter senken. Zu verteilen gibt es aufgrund dieser Steuerschätzung nichts, so Rainer Wiegard.
Ich selbst habe für die CDU-Fraktion erklärt: Wir werden jeden Euro, der zusätzlich hereinkommt, zum Abbau der Neuverschuldung einsetzen. Das sind keine bloßen politischen Willenserklärungen. Das ist eine sehr zutreffende juristische Beschreibung unserer Gesetzeslage, unserer Verfassungslage, dessen, was unsere Schuldenbremse vorschreibt. Solange wir noch Kreditaufnahmen für konjunkturell bedingte Mindereinnahmen im Haushalt haben, gibt es keine anderen Möglichkeiten, was wir mit diesen Steuermehreinnahmen, die rein der Konjunktur geschuldet sind, machen können.
Herr Kollege Stegner, wenn heute etwas aktuell gewesen wäre, dann wäre es Ihr Konzept zur Haushaltskonsolidierung gewesen, auf das wir nach wie vor warten. Was wir von Ihnen zu hören bekommen, ist die rote Wundertüte der Versprechungen. Ihr Spitzenkandidat Torsten Albig verspricht den Kommunen, den Eingriff in den kommunalen Finanzhaushalt in Höhe von 120 Millionen € rückgängig zu machen.
(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])
Das ist ein tolles Versprechen. Da freuen sich die Kommunen.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Macht er nicht mehr! - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Hat er wieder zurückgenommen!)
- Macht er nicht mehr? Hat er zurückgenommen? - Mag sein.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
- Ja, hätte aber auch geheißen, dass wir zusätzlich zu den 130 Millionen €, die wir jedes Jahr einsparen müssen, noch einmal 120 Millionen € hinzugeben müssen.
(Zuruf von Minister Rainer Wiegard)
- Das wird der Finanzminister noch mal näher ausführen.
(Glocke des Präsidenten)
Präsident Torsten Geerdts:
Herr Kollege Koch, darf ich Sie einmal unterbrechen? - Zwischenbemerkungen und Diskussionsbeiträge von der Regierungsbank sind grundsätzlich nicht möglich. Der Minister bekommt aber nachher eine Redezeit von fünf Minuten.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])
Tobias Koch [CDU]:
Vielen Dank Herr Präsident, dass Sie meine Redezeit so lange angehalten haben. Das war sehr korrekt.
(Heiterkeit)
Damit nicht genug. Der SPD-Landesparteitag in Husum beschließt das beitragsfreie Kindergartenjahr nicht nur für ein Jahr, sondern für alle drei Jahre - 90 Millionen €. Der SPD-Landesparteitag beschließt, 1.800 Lehrerstellen, für die es aufgrund der demografischen Entwicklung keine Schüler mehr gibt, zu halten - Kosten: 90 Millionnen €. In der Summe sind das 300 Millionen €.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])
Ich habe noch gut Ihre Anträge aus der Haushaltsdebatte in Erinnerung: Kürzung beim Landesblindengeld zurücknehmen, Kürzung bei der Schülerbeförderung zurücknehmen, Kürzung bei dänischen Schulen zurücknehmen. Das ist die rote Wundertüte und kein Konzept, das sind keine Aussagen, auch keine aktuellen Aussagen von Ihnen, wie das alles bezahlt werden soll.
(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Stattdessen zetteln Sie eine Phantomdebatte zu Steuersenkungen an, und weisen Forderungen zurück, die niemand aus diesem Land erhoben hat.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])
- Ja, niemand hat sich für Steuererhöhungen eingesetzt.
(Beifall und Lachen bei der SPD)
- Niemand aus diesem Land hat sich für Steuersenkungen eingesetzt.
(Beifall bei der SPD - Zuruf von der FDP)
Das ist Ihr reines Wunschdenken, damit Sie ein Thema haben. Erklären Sie den Bürgern lieber, was auf sie zukommt, wenn Rot-Grün regiert, welche Einnahmesteigerungen Sie erzielen wollen, welche Steuern Sie erhöhen wollen! Das wären aktuelle Aussagen gewesen, dann hätte diese Aktuelle Stunde ihren Namen verdient gehabt. So war es nur Kaffee von gestern.
(Beifall bei CDU und FDP)
Empfehlen Sie uns!