Tobias Koch [CDU]:
Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident und Frau Finanzministerin, man könnte geneigt sein, der Landesregierung zu diesem Verhandlungserfolg zu gratulieren,
(Lebhafter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
aber nur dann - zu früh geklatscht -, wenn man diesen knallharten Verhandlungsdeal gutheißt; denn diese Regierung hat den Kommunen das absolute Minimum dessen zugestanden, was erforderlich ist,
(Zurufe SPD: Oh!)
und nicht einen einzigen Euro mehr. Das mag zwar gut sein für den Landeshaushalt, Frau Finanzministerin. Für das ganze Land aber - und das ist eben mehr als nur der Landeshaushalt; das sind auch die Gemeinden, Städte und Kreise vor Ort - ist diese Lösung wenig hilfreich.
Stichwort Integrationskosten: 68 Millionen € bekommt das Land im kommenden Jahr zusätzlich vom Bund für die Integration von Flüchtlingen. Wie viel leiten Sie davon an die Kommunen weiter, also dorthin, wo ein Großteil dieser Integrationsleistungen erbracht wird? Die Hälfte? Ist das alles? Nein, das ist gerade mal ein Viertel; Sie leiten nämlich nur 17 Millionen € von diesen 68 Millionen Bundesmittel weiter.
(Zuruf SPD: Nein! - Martin Habersaat [SPD]: Lesen Sie doch einmal nach!)
Und wie ist es mit den Integrationskosten für den Familiennachzug? Dafür müssen die Kommunen ganz allein aufkommen. Denn nichts anderes bedeutet es doch, wenn Sie den Personenkreis auf die Familienangehörigen ausweiten, gleichzeitig aber die Integrationspauschale mehr als halbieren, nämlich von 2.000 € auf jetzt 750 € im Jahre 2018. Wenn dann auch noch die Kommunen zusätzlich auf 8 Millionen € verzichten müssen, die ihnen nach der Vereinbarung von 2015 eigentlich zustehen, dann bedeutet das doch im Ergebnis, dass das Land überhaupt keine finanzielle Verantwortung für den Familiennachzug übernimmt.
(Beifall CDU - Zurufe SPD)
Präsident Klaus Schlie:
Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
(Unruhe SPD)
Wenn es gestattet ist, würde ich jetzt gern das Präsidium leiten. Es wäre schön, wenn Sie mir zuhören würden.
Gestatten Sie, Herr Abgeordneter Koch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Habersaat?
Tobias Koch [CDU]:
Sehr gern, Herr Präsident.
Martin Habersaat [SPD]: Herr Kollege Koch, ich wollte fragen, ob Ihnen aufgefallen ist, dass es jetzt einen Sockelbetrag von 17 Millionen € für Integrationskosten plus eine Pauschale gibt, diese Pauschale also nicht Teil des Sockelbetrages ist?
- Das ist mir aufgefallen, Herr Kollege.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
Lassen Sie mich Ihnen das vorrechnen. Die 17 Millionen € sind das Viertel von den 68 Millionen €, die Sie vom Bund für die Integration der Flüchtlinge bekommen, die schon hier sind. Im nächsten Jahr kommen neue Flüchtlinge sowie Familienangehörige von Flüchtlingen, die schon hier sind. Für den neuen Personenkreis - also für die neuen Flüchtlinge plus die Familienangehörigen von Flüchtlingen - überweisen Sie zukünftig nicht mehr 2.000 € pro Kopf,
(Zuruf SPD: Weil?)
weil Sie die Familienangehörigen einbeziehen. Deswegen kürzen Sie das im Gegenzug auf 750 €. Ich kann das auch noch weiter vorrechnen, Herr Kollege. Das Land rechnet im nächsten Jahr mit 7.800 neuen Flüchtlingen. Bei der alten Integrationspauschale von 2.000 € wären das allein schon 15,6 Millionen € gewesen, die Sie hätten überweisen müssen. Jetzt sind es 20 Millionen €. Auch das bezahlen die Kommunen selber, weil sie auf die 8 Millionen verzichten müssen, auf die sie seit 2015 Anspruch hätten. Rechnen Sie es nach; glauben Sie mir.
(Beifall CDU - Lachen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
Stichwort: Schulbegleitung. Mit gerade einmal 1,5 Millionen € lösen Sie jetzt das Schnittstellenproblem zwischen Schulbegleitung und Schulassistenz, also ein Problem, das Sie selbst erst geschaffen haben, indem Sie diese Parallelstrukturen eingerichtet haben. Das sind gerade einmal 100.000 € pro Kreis. Dafür kann gerade einmal eine knappe Handvoll von zusätzlichen Schulbegleitern eingestellt werden. Wenn sich das Problem aber mit dieser vergleichsweise geringen Summe lösen lässt, dann hätte die Landesregierung das Geld auch schon vor einem halben Jahr auf den Tisch legen können, nämlich zum Schuljahresbeginn. Dadurch hätten Sie vielen Eltern unnötige Verunsicherung bis hin zu vielen Klagen ersparen können.
(Beifall CDU - Zurufe SPD)
Stichwort: Konnexität. Mit gerade einmal 1 Million € holen Sie jetzt das nach, was Sie bei einem halben Dutzend von Gesetzen in der Vergangenheit versäumt haben. Das macht jetzt pro Kreis auch nur 11.000 € aus. Dass Sie aber außer für den Bereich, in dem wirklich zusätzliche Personalkosten anfallen, nämlich im Bereich der Gleichstellungsbeauftragten, diese Konnexität nicht anerkennen, das müssen Sie erst einmal jemandem erklären.
Stichwort: Krankenhausfinanzierung. Wenn der gesamte Sanierungsstau bei den Krankenhäusern über das IMPULS-Programm abgewickelt wird, dann kommen auf die Kommunen in den nächsten Jahren Belastungen durch Kofinanzierungsmittel in Höhe von 277 Millionen € zu. Das gleichen Sie dadurch aus, dass in den nächsten Jahren jeweils 5 Millionen € und ab 2023 nur noch 3 Millionen € pro Jahr zur Verfügung gestellt werden. Ganz abgesehen davon, dass Sie da wieder Zusagen gemacht haben, die weit über Ihre Regierungszeit hinausgehen - nur so kommen Sie auf den öffentlichkeitswirksamen Betrag von 100 Millionen €, indem Sie die nächsten 15 Jahre aufaddiert haben -, sind das in Summe gerade einmal 54 Millionen € für die Kommunen bis 2030, bei Belastungen durch Kofinanzierungsmittel in Höhe von 277 Millionen €. Damit ist das Problem maximal verschoben, aber nicht gelöst.
Dem Ganzen setzt die Krone auf, dass Sie selbst bei den Hilfen für die Kommunen, die vom Bund kommen, den Daumen draufhalten wollen. Das haben Sie schon beim kommunalen Investitionsförderungsfonds so gemacht, als Sie den Kommunen vorgeschrieben haben, dass die Bundesmittel ausschließlich für die energetische Sanierung von Schulen und Kitas genutzt werden können, und das machen Sie jetzt wieder so. Die 34 Millionen €, die ab 2018 vom Bund zusätzlich als Hilfe für die Kommunen fließen, werden in ein Infrastrukturprogramm überführt, heißt es in der Vereinbarung.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nicht mal lesen können Sie!)
- Die werden in ein Infrastrukturprogramm überführt, Kollege Dr. Stegner. Das heißt doch nichts anderes, als dass Sie wieder bestimmen wollen, was die Kommunen mit dem Geld des Bundes machen dürfen.
(Vereinzelter Beifall CDU)
Die Bevormundung der Kommunen ist doch die Maxime ihrer Politik, die sie in diesem Land betreiben.
(Beifall CDU - Zurufe SPD)
Dann, Herr Kollege Dr. Stegner, haben Sie die Kita-Finanzierung angesprochen. Die findet sich ja gar nicht im Kommunalpaket III, für das Sie heute hier eine Aussprache beantragt haben. Sie findet sich darin aus gutem Grund nicht; denn es ist doch logisch, dass Sie sich darauf nicht mit den Kommunen einigen konnten. Stattdessen legen Sie einen Betrag von 10 Millionen € vor, der, nachdem Sie diesen Betrag sechs Jahre lang gedeckelt haben, noch nicht einmal ansatzweise die seitdem eingetretenen Kostensteigerungen ausgleicht. Seit 2011 haben Sie den Betrag nicht erhöht.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Seit wann regieren wir denn hier?)
- Herr Kollege Dr. Stegner, wir haben es 2011 erhöht; das werden Sie noch gut erinnern. Sie haben es sechs Jahre lang gedeckelt. Jetzt sind es 10 Millionen €, die noch nicht einmal die Kostensteigerungen ausgleichen.
(Serpil Midyatli [SPD]: Und wie viel waren es damals?)
Kein Wunder, dass Sie sich darauf mit den Kommunen nicht verständigen konnten und deswegen diesen ganzen Bereich aus dem Kommunalpaket III ausklammern mussten.
Präsident Klaus Schlie:
Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Erdmann?
Tobias Koch [CDU]:
Auch das sehr gern; da kann ich ein bisschen Luft holen.
Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr geehrter Kollege Koch, da Sie gesagt haben, dass Sie über Kita eigentlich nicht reden wollen, es aber jetzt dennoch tun, wollte ich Sie fragen: Was glauben Sie glauben scheint da ja Ihr Credo zu sein -, was im nächsten Haushalt für den Ü-3-Bereich veranschlagt ist, und zwar sowohl was die Frage Qualitätsmittel als auch was den Bereich KFA angeht? Was glauben Sie, wie hoch die Summe ist?
- Frau Kollegin Erdmann, für den Betriebskostenzuschuss des Landes erhöht sich die Summe jetzt von 70 auf 80 Millionen €. Das ist das, worüber wir gerade gesprochen haben. Um diese Frage drehte es sich bei den Verhandlungen.
(Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])
Dazu kommen die Mittel zur Sprachförderung et cetera. Aber es geht um den Betriebskostenzuschuss, und da sind Sie noch weit von dem angestrebten Drittel entfernt. Das erreichen Sie auch nicht, indem Sie nach sechs Jahren endlich 10 Millionen € obendrauf packen. Ich denke, die Frage ist damit beantwortet.
Präsident Klaus Schlie:
Herr Abgeordneter Koch, Frau Abgeordnete Erdmann möchte Ihnen eine zweite Frage stellen.
Tobias Koch [CDU]:
Ich glaube, die Frage ist beantwortet.
(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist sie nicht, sie war falsch beantwortet!)
Meine Damen und Herren, wenn man sich das ganze Kommunalpaket III anschaut, dann kann man sich doch nur fragen: Weshalb haben eigentlich die kommunalen Vertreter dieser Vereinbarung am Ende zugestimmt? Das will ich Ihnen am Ende auch noch verraten. Das hat nämlich nur einen Grund: Die Kommunalvertreter wissen, dass sie von dieser rot-grün-blauen Landesregierung, von Ministerpräsident Albig nichts, aber auch gar nichts zu erwarten haben. Allein deswegen sind sie mit dem wenigen zufrieden, was Sie ihnen zugestanden haben.
(Widerspruch SPD)
Nur so ist diese Erklärung zu verstehen. - Herzlichen Dank.
(Beifall CDU - Sandra Redmann [SPD]: Ich hoffe, Sie helfen Ihren Kindern nie bei den Mathehausaufgaben! - Heiterkeit und Beifall SPD)
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